Unter Angststörungen leiden in Deutschland viele Erwachsene, jedoch sind deutlich mehr Frauen als Männer davon betroffen. Während 21 von 100 Frauen in der Altersgruppe zwischen 18 und 79 Jahren unter Angstneurosen leiden, sind es bei den Männern nur ungefähr 9 von 100.

Zu Angststörungen kommt es, wenn mit oder ohne bestimmten Anlass zunehmend Ängste auftreten, die typische Symptome beim Betroffenen auslösen. Bei einer Angststörung übt die Angst nicht mehr die übliche und vollkommen natürliche Warn- und Schutzfunktion im Körper aus, die den Menschen in Gefahrensituationen mit Schutzhandlungen wie Flucht oder Angriff reagieren lässt. Stattdessen treten Ängste selbst in ungefährlichen Situationen immer wieder auf. Oft ist eine Angst auch gesteigert, so dass sie nicht mehr in einem normalen Verhältnis zur tatsächlich bestehenden Bedrohungslage steht.

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Trotzdem viele Betroffene wohl erkennen, dass ihre Angst grundlos oder übersteigert ist, sind sie nicht fähig, die immer wieder auftretenden Ängste zu kontrollieren oder zu unterbinden. Sie erleben die Angst dabei nicht nur körperlich, sondern auch seelisch besonders intensiv.

Angststörungen können dazu führen, dass spezielle Orte oder Situationen gemieden werden, die mit den auftretenden Ängsten in Verbindung stehen. Doch Ängste können auch unabhängig von bestimmten Auslösern aufkommen. In den schlimmsten Fällen sind Angststörungen dafür verantwortlich, dass Betroffene sich vollständig von der Außenwelt abkapseln und nicht mehr in der Lage sind, einer Arbeit nachzugehen.

Welche Formen von Angststörungen gibt es?

Experten unterscheiden zwischen verschiedenen Formen der Angststörung. Die Form ist abhängig davon, ob ein erkennbarer, beziehungsweise konkreter Auslöser zugrunde liegt oder ob kein erkennbarer Auslöser für die Störung verantwortlich ist.

Angststörungen durch konkrete Auslöser

Immer dann, wenn ein konkreter Auslöser vorliegt, sprechen Experten von einer Phobie. Der Auslöser einer Phobie kann zum Beispiel eine spezifische Situation, ein Ort oder auch ein Objekt sein.

Häufig auftretende Phobien

Zu den häufig auftretenden Phobien zählt die Platzangst (Agoraphobie), bei der Betroffene Angst vor großen Plätzen haben sowie die Höhenangst (Akrophobie), die ausgelöst werden kann, wenn Betroffene sich in Höhen begeben.

Auch die Angst in geschlossenen Räumen (Klaustrophobie) zu sein, tritt häufiger auf. Eine weitere häufig auftretende  Phobie ist die Spinnenangst (Arachnophobie). Die Schlangenangst (Ophidiophobie) kommt hierzulande weniger häufig vor. Manche Betroffene entwickeln aber auch eine Phobie im Zusammenhang mit Naturgewalten (Ceraunophobie) oder mit Wasser (Hydrophobie).

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Soziale Phobie

Der sozialen Phobie liegt ebenfalls ein erkennbarer, beziehungsweise konkreter Auslöser zugrunde. Unter einer sozialen Phobie leiden Menschen, die Angst vor leistungsbezogenen oder gesellschaftlichen Situationen haben, in denen sie im Blickpunkt stehen. Ihr Leben kann dadurch unterschiedlich stark beeinträchtigt sein. Oft meiden sie solche Situationen und soziale Kontakte. Dieses Verhalten kann im schlimmsten Fall entweder bis hin zur vollständigen Isolation führen oder Betroffene können entsprechende Situationen beispielsweise nur unter Medikamenteneinfluss bewältigen.

Ohne Psychotherapie entwickelt sich eine soziale Phobie bei vielen Betroffenen chronisch. In der Folge kann die Sozialphobie zu Depressionen, Medikamentenmissbrauch und weiteren Angsterkrankungen führen.

Die Angst kann darin begründet sein, dass sich Betroffene nicht blamieren oder keine Fehler machen wollen. Es kann außerdem zur Angst davor kommen, von anderen beobachtet oder beurteilt zu werden. Soziale Phobien können darüber hinaus mit vielen weiteren Situationen im Hinblick auf das menschliche Miteinander verbunden sein und viele unterschiedliche Facetten haben.

Eine soziale Phobie geht mit verschiedenen Anzeichen einher. Häufig ist es beispielsweise die Angst vor Autoritätspersonen oder auch die Angst, an öffentlichen Orten zu essen.

Ein weiteres Anzeichen einer sozialen Phobie kann auch die Angst sein, vor einem Publikum zu sprechen sowie die Angst, Blickkontakt mit anderen Menschen aufzunehmen. Aber auch die Angst, Fremde anzusprechen sowie Schamgefühle zählen zu den Symptomen einer Sozialphobie.

Angststörungen ohne konkreten Auslöser

Unter Angststörungen ohne erkennbaren Auslöser fassen Experten die generalisierte Angststörung und die Panikstörung zusammen.

Während die Panikstörung sich auf Menschen bezieht, die plötzlich und ohne nachvollziehbare Ursache immer wieder in Panik geraten und dabei die typischen Symptome zeigen, treten bei der generalisierten Angststörung ohne erkennbaren Anlass Ängste bei Betroffenen auf.

Sie fürchten beispielsweise, dass sie eine schwere Krankheit bekommen oder, dass ein Unglück geschieht. Solche Ängste können sich ebenso auf Dritte beziehen.

Häufige Symptome bei Angststörungen

Typische Symptome, die mit einer Angststörung einhergehen, zeigen sich neben der Kurzatmigkeit auch in Form von Herzrasen oder Zittern. Es kann außerdem zu Erstickungsgefühlen, Todesangst und Entfremdungsgefühlen kommen. Benommenheit, weiche Knie sowie ein Engegefühl in der Brust zählen zu den weiteren typischen Anzeichen.

Angststörungen gehen außerdem oft mit Schwindel, Schweißausbrüchen und einer Hyperventilation oder Atemnot einher. Zu den weiteren möglichen Anzeichen zählen neben Übelkeit und Bauchschmerzen oder Muskelverspannungen und Durchfall.

Wann wird die Angst behandlungsbedürftig?

Die Leitlinien empfehlen, einen Arzt oder psychologischen Psychotherapeuten aufzusuchen, wenn einer oder mehrere der folgenden Anhaltspunkte zutreffen.

Eine Behandlungsbedürftigkeit kann beispielsweise bei Personen vorliegen, die aufgrund ihrer Ängste immer depressiver werden. Behandlungsbedürftig können  darüber hinaus Betroffene sein, wenn sie ihre Ängste häufig mit Drogen, Beruhigungstabletten oder Alkohol bekämpfen.

Zum Aufsuchen eines Experten wird außerdem geraten, wenn die auftretenden Ängste zu Problemen im Beruf führen oder sie bereits der Grund für eine Arbeitslosigkeit  geworden sind. Auch solchen Personen, die länger als den halben Tag über ihre Ängste nachdenken oder deren bestehende Partnerschaft wegen dieser Ängste in Gefahr ist, wird empfohlen, sich an einen Arzt oder psychologischen Psychotherapeuten zu wenden.

Behandlungsbedürftig können die Ängste aber auch sein, wenn man sich deshalb in der eigenen Bewegungsfreiheit und Lebensqualität eingeschränkt fühlt. Insbesondere besteht eine Behandlungsbedürftigkeit, wenn es wegen der Ängste schon zu Selbstmordgedanken gekommen ist.

Behandlung von Angstattacken und Panikattacken

Experten empfehlen Betroffenen, Angststörungen so schnell wie möglich behandeln zu lassen, weil sie sonst leicht chronisch werden können. Mit einer Behandlung bestehen höhere Chancen, eine Ausweitung der Ängste auf weitere Lebensbereiche zu verhindern.

Bei Angststörungen wie Panikattacken oder Phobien, kommen häufig eine Psychotherapie oder eine medikamentöse Therapie mit Antidepressiva zur Verordnung. Aber auch eine Kombination aus beiden Therapieformen kann abhängig vom Fall angezeigt sein. Werden nur leichte Ängste festgestellt, reicht es in möglicherweise aus, Entspannungsmethoden wie die progressive Muskelentspannung anzuwenden, die bei der Bewältigung unterstützen.

Im Rahmen der Psychotherapie bestehen verschiedene Behandlungsoptionen

Eine Behandlungsoption bietet etwa die kognitive Verhaltenstherapie, bei der es um das Einüben von neuen Verhaltens- und Denkmustern geht. Zur Anwendung kann dagegen auch eine tiefenpsychologische Behandlung kommen, bei der der Fokus auf dem Erkennen und Verarbeiten unbewusster psychischer Konflikte liegt.

Weitere Behandlungsoptionen bei Angststörungen sind das Watchful Waiting, bei dem es um ein beobachtendes Abwarten nach Absprache mit Experten geht sowie die Expositionstherapie, die eine Unterform der kognitiven Verhaltenstherapie bildet. Bei dieser Therapiemaßnahme werden Patienten unter therapeutischer Begleitung gezielt den angstauslösenden Situationen ausgesetzt.

Behandlungsziele

Die Behandlungsziele bei Angststörungen können unterschiedlicher Natur sein und richten sich nach der vorhandenen Beeinträchtigung. Je nach Situation des Patienten kann das Behandlungsziel etwa darin liegen, die Arbeitsfähigkeit zurückzugewinnen oder andere bestimmte Tätigkeiten wieder wahrzunehmen, die den Alltag beeinträchtigen. Das Ziel kann aber auch darin liegen, die Symptome der Angstattacken abzumildern oder ein bestimmtes Vermeidungsverhalten abzulegen, so dass sich eine bestehende Isolation verringern kann.

Online Therapieprogramme bei Angststörungen

Online-Psychotherapieprogramme stehen insbesondere den Betroffenen zur Verfügung, die unter Panikstörungen und Agoraphobien leiden. Diese Programme basieren in der Regel auf der kognitiven Verhaltenstherapie und bestehen aus verschiedenen Modulen mit entsprechenden Lerneinheiten. Onlinetherapien bei Angststörungen bieten eine wertvolle Möglichkeit, ohne lange Wartezeiten Unterstützung zu bekommen. Ansonsten sind sie auch begleitend zu anderen Therapien einsetzbar.

Verfügbar sind Online-Psychotherapieprogramme in Form von kostenpflichtigen reinen Selbsthilfeprogrammmodulen, die ohne Therapeuten online durchführbar sind. Daneben gibt es begleitete Selbsthilfeprogramme im Angebot einiger Onlineanbieter, die von Ärzten oder Therapeuten per E-Mail oder per Telefon unterstützt werden.

Während für fachmännisch begleitete Online-Programme zur kognitiven Verhaltenstherapie wissenschaftlich gesicherte Ergebnisse bei der Panikstörung vorliegen, fehlen bei vielen anderen Therapien Ergebnisse zur Wirksamkeit oder sie sind oft nicht umfangreich untersucht worden.

Ursachen der Angststörung sind noch nicht vollständig geklärt

Forscher vermuten, dass bei der Entstehung einer Angststörung verschiedene Ursachen eine Rolle spielen können. Neben der genetischen Veranlagung und körperlichen Ursachen gehen Experten davon aus, dass auch einschneidende Erlebnisse in der Vergangenheit sowie falsch erlernte Verhaltensmuster ursächlich sein können.

Doch auch Belastungen und Stress mit Kollegen sowie Belastungen und Stress mit Personen im Lebensumfeld sehen Forscher als mögliche Auslöser.

Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 28.06.2024
Bildquelle:

Titelbild: © Bild von octavio lopez galindo auf Pixabay | Bildquellen zu Vorschaubildern unter „Lesetipp“ finden Sie im zugehörigen Bericht

Quellen und weiterführende Informationen:

Arolt, Dilling, Reimer. Basiswissen Psychiatrie und Psychotherapie. 5. Auflage. Verlag Springer. 2004. Berlin, Heidelberg, New York

Prof. Dr. Anke Steckelberg. Stiftung Gesundheitswissen 09.10.2019

AWMF. Patientenleitlinie Behandlung von Angststörungen. 2022-7 (PDF)

Andrea Blank-Koppenleitner. Angst: Therapie und Selbsthilfe. Apotheken Umschau. 06.12.2017

Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen

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