In Deutschland gibt es etwa 4 Millionen Apfelallergiker und roh verzehrt führt ein Apfel bei ihnen zu den typischen allergischen Symptomen einer Apfelallergie. In neueren Studien konnten Forscher nun die Hauptursachen für die allergischen Reaktionen ermitteln und geben damit vielen Apfelallergikern Anlass zur Hoffnung. Die Wissenschaftler konnten tatsächlich zahlreiche verträglichere Apfelsorten mit deutlich weniger allergieauslösendem Potential identifizieren. Oft sind es besonders die alten Apfelzüchtungen, die bei einer bestehenden Apfelallergie von vielen Betroffenen deutlich besser vertragen werden und deren Verzehr ihnen keine Probleme bereitet.
Symptome einer Apfelallergie
Die Symptome, die beim Apfelallergiker nach dem Verzehr von Äpfeln typischerweise auftreten, können verschieden ausgeprägt sein. Häufige Symptome sind neben lokalem Kribbeln im Mundbereich auch Anzeichen wie Juckreiz, Brennen und Schwellungen im Bereich von Mund und/oder Rachen sowie Augenjucken. Bei manchen Allergikern entwickeln sich Entzündungen im Bereich von Mund und Rachen.
Andere Apfelallergiker berichten dagegen über Atemwegsbeschwerden oder die Entwicklung einer Kombination der Apfelallergie mit einer Birkenpollenallergie. Im schlimmsten Fall kann es nach dem Genuss eines Apfels zum allergischen Schock kommen.
Symptome treten beim Apfelallergiker für gewöhnlich 5 bis 10 Minuten nach dem Verzehr auf und klingen nach ungefähr 20 Minuten wieder ab.
Die allergischen Symptome können in anderen Fällen aber auch einige Stunden oder sogar mehrere Tage lang anhalten.
Bei manchen Betroffenen stellt sich die Apfelallergie erst nach mehreren Jahren ein. Bislang gibt es für Apfelallergiker keine Behandlungsmöglichkeiten.
Studien: Polyphenole aus Äpfeln verringern Symptome der Apfelallergie
Viele Faktoren nehmen Einfluss auf eine Apfelallergie. In verschiedenen Studien und Untersuchungen berichteten Apfelallergiker, dass sie auf verschiedene Apfelsorten reagierten, während sie andere aber gut vertragen haben. Bei der Untersuchung der Verträglichkeit sind Forscher zu dem Ergebnis gekommen, dass ganz spezielle Faktoren für das Allergiepotential eines Apfels verantwortlich sind.
Besonderen Einfluss nehmen dabei offensichtlich Reifegrad, Apfelsorte und Verarbeitungsstufe eines Apfels.
Neue Apfelsorten haben oft ein hohes Allergiepotential
An der Hochschule Ostwestfalen-Lippe hat Prof. Dr. Jürgen Zapp vom Institut für Lebensmitteltechnologie NRW im Rahmen einer Bachelor-Arbeit Hinweise darauf gefunden, dass der Gehalt an Polyphenolen im Apfel eng mit der Verträglichkeit in Verbindung steht.
Polyphenole zählen zur Familie der gesundheitsfördernden bioaktiven Pflanzenstoffe, die neben den Vitaminen auch wichtige Funktionen als Radikalfänger im menschlichen Körper übernehmen. Große Mengen dieser bioaktiven Substanzen sind meist in der Fruchtschale und den Kernen enthalten, sie beeinflussen auch Farbe und den Geschmack von pflanzlichen Lebensmitteln. Polyphenole zählen zu den Antioxidantien und bringen den säuerlichen Geschmack in Obst und Gemüse.
Untersuchungsergebnisse zeigten, dass die traditionellen alten Apfelsorten wesentlich mehr Polyphenole enthielten und insgesamt bei Apfelallergie besser verträglich waren als viele moderne Apfelzüchtungen.
Moderne Apfelsorten setzen auf Optik und verzichten auf gesunde Säure
Moderne Apfelzüchtungen weisen den Untersuchungsergebnissen zufolge nur noch einen geringen Gehalt an Polyphenolen auf. Dabei haben sich diese gesundheitsfördernden Pflanzenstoffe längst bewährt und ihren Nutzen unter Beweis gestellt. Sie senken beispielsweise auch das Risiko für Krebs und Herz- Kreislauferkrankungen, um nur einige ihrer besonderen Eigenschaften zu nennen.
Eine Pflanze benötigt sekundäre Pflanzenstoffe für ihre Abwehrkraft und zum Schutz vor verschiedenen Schädlingen.
Die moderne Züchtung ist allerdings dazu übergegangen, Polyphenole aus einigen alten traditionellen Apfelsorten heraus zu züchten. Und das nicht nur, um eine schönere Optik zu erhalten und das schnellere Bräunen nach dem Anschneiden zu verhindern, sondern auch, um die Säure zu entfernen, die nach Einschätzung vieler Züchter und Vertreiber geschmacklich nicht mehr vom Verbraucher gewünscht wird.
Gerade deshalb schmecken moderne allergene Apfelsorten heute oft süß und säurearm. Dennoch enthalten viele Apfelsorten immer noch ausreichend gesundheitsfördernde Wirkstoffe gegen chronische Krankheiten, wie verschiedene Studien zeigten.
Alte Apfelsorten sind allergenarm und enthalten mehr Antioxidantien
Die heute oftmals herausgezüchteten Polyphenole sind fähig, das Apfelallergen zu deaktivieren und so verhindern sie, dass die Allergene überhaupt erst vom Körper aufgenommen werden und eine Apfelallergie auslösen können. Neben dieser besonderen Fähigkeit der alten Apfelsorten weist Prof. Dr. Jürgen Zapp gleichzeitig auch auf ihren hohen Anteil gesundheitsfördernder Antioxidantien hin, der offensichtlich speziell in den Traditionssorten nach wie vor noch in vollem Umfang enthalten ist. Antioxidantien sind für das menschliche Immunsystem äußerst wichtig, wenn es um die Bekämpfung von Freien Radikalen im Körper geht.
Apfel-Neuzüchtungen lösen deutlich mehr Allergien aus
In neuen Apfelsorten befinden sich immer weniger gesundheitsfördernde Polyphenole. Polyphenole aus Äpfeln wirken jedoch gegen die Apfelallergie. Wie Forscher feststellten, mildern oral eingenommene Polyphenole aus Äpfeln den Schnupfen, der als Symptom der allergischen Rhinitis (Entzündung der Nasenschleimhaut) auftritt.
Allergenarme Apfelsorten verringern die Beschwerden beim Apfelallergiker
Bei einer Beobachtungsstudie am Allergie-Centrum-Charité in Berlin fanden Forscher 2016 heraus, dass sich durch das regelmäßige Essen allergenarmer Apfelsorten die Beschwerden bei Apfelallergikern deutlich verringern.
Nach Angaben des Studienleiters Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann kann die Apfelallergie zwar nicht komplett beseitigt werden, dennoch lohnt es sich für Apfelallergiker nach alten Apfelsorten wie Eifeler Rambur, Alkmene, Goldparmäne Gravensteiner, Boskoop und auch Jonathan zu suchen.
Alternative Apfelsorten bei Apfelallergie im Praxistest
Der BUND LEMGO bietet Verträglichkeitslisten für Apfelallergiker und ist aktiv unterwegs, wenn es um alte Apfelsorten und Streuobstwiesen geht. Er stellt Apfelallergikern eine Liste alter und neuer Apfelsorten zur Verfügung, in der sie die Verträglichkeit nach einem Selbstversuch bewerten können.
Die Ergebnisse dieser Verträglichkeitsliste werden auch von den Forschungsergebnissen von Prof. Dr. Jürgen Zapp gestützt und geben eindeutige Hinweise darauf, welche Sorten bei einer bestehenden Apfelallergie die geringsten allergenen Potentiale bergen.
Demnach stellten sich vorwiegend moderne Sorten als nicht gut oder weniger gut verträglich heraus. Auffällig ist, dass diese Sorten einen vergleichsweise geringeren Gehalt an Polyphenolen verzeichnen. Eine Ausnahme unter den modernen Züchtungen bildeten bislang allerdings die beiden Apfelsorten Rubinette und Santana, die sich auch bei Apfelallergikern allgemein gut verträglich zeigten.
Apfelsortenliste für Menschen mit Apfelallergie
Die Verträglichkeit von Apfelsorten ist im Test probiert worden. Zur Orientierung haben wir im Folgenden auszugsweise aus der Verträglichkeitsliste des BUND Lemgo einige Bewertungen aufgeführt, die von Apfelallergikern im praktischen Test ermittelt wurden und in besser verträglichere und schlechter verträglichere Sorten aufgeteilt wurden:
Verträglichere Apfelsorten für Diabetiker
- Alkmene
- Champagner Renette
- Gehers Rambur
- Gelber Edelapfel
- Idared
- Johannes Böttner
- Lanes Prinz Albert
- Ontario
- Ulhorns Augustkalvill u.a.
Gut verträglichere Traditionszüchtung
- Adams Parmäne
- Alkmene
- Altländer Pfannenkuchenapfel
- Ananasrenette
- Biesterfelder Renette
- Champagnerrenette
- Danziger Kantapfel
- Eifeler Rambur
- Finkenwerder Herbstprinz
- Goldparmäne
- Goldrenette aus Blenheim
- Goldrenette Freiherr von Berleppsch
- Gravensteiner
- Holsteiner Cox
- Kaiser Wilhelm
- Madame Lesans Kalvill
- Ontario
- Pilot
- Prinz Albrecht von Preußen
- Roter Boskoop
- Schöner Boskoop
- Weigelts Zinszahler
- Weißer Klarapfel
- Weißer Winterglockenapfel
- Wöbers Rambur
Schlechter verträglichere Neuzüchtung
- Braeburn
- Elstar
- Jonagold
- Gala
- Golden Delicious
- Granny Smith
- Pink Lady
- Roter Delicious
- Topas
Besser verträglichere Neuzüchtung
- Rubinette
- Santana
Gut verträglichere Neuzüchtung
- Grassie
Ausführliche Informationen mit aktuellen Zahlen aus Oktober 2023 zur Verträglichkeit und Unverträglichkeit erhalten Sie für viele Apfelsorten im PDF des BUND Lemgo.
Als Apfelallergiker neue Versuche wagen?
Die Apfelallergie zählt zu den Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Unter den Apfelallergikern befindet sich aber auch eine Vielzahl von Heuschnupfenpatienten, die in Form einer Kreuzallergie gleichzeitig allergisch auf Äpfel reagieren. Grund dafür ist, dass die Allergene in Baumpollen von Birke, Hasel oder Erle den Proteinstrukturen von Äpfeln ähnlich sind und deshalb zu Symptomen führen können.
Viele Menschen verzichten teilweise seit Jahrzehnten schon auf das leckere und gesunde Obst und leiden still unter der Unverträglichkeit. Ob man es als Allergiker versuchen soll, sich mit dem Probieren alter Apfelsorten ein Stück Lebensqualität zurück zu erobern, bedarf einer gut überlegten Entscheidung. Denn jeder Genuss bleibt schließlich immer mit einem gewissen Risiko verbunden.
Nach Angaben des BUND teilten aber bislang schon einige Apfelallergiker mit, dass sie nach regelmäßigem Konsum verträglicher Apfelsorten eine Desensibilisierung erreichen konnten.
Hochgradig von Apfelallergie betroffenen Personen raten Mediziner dazu, nur mit Zustimmung und unter Betreuung ihres Facharztes einen Versuch zu wagen, denn es können nach dem Verzehr starke Symptome auftreten, bis hin zum anaphylaktischen Schock.
Tipps für Apfelallergiker
Apfelallergiker sollten auf Reifezeit und Lagerung achten. Dazu raten Experten, denn es gibt Hinweise darauf, dass sich ein allergenes Potential in Äpfeln während der Lagerung aufbauen kann. Einige Apfelallergiker können daher bestimmte Apfelsorten frisch vom Baum gut vertragen, reagieren aber auf dieselbe Apfelsorte allergisch, wenn sie länger gelagert war.
Verarbeitete Äpfel sind für Apfelallergiker meistens unproblematisch
Nach Ausführungen von Prof. Hans Steinhardt von der Universität Hamburg ist eine ganz bestimmte Anordnung von Aminosäuren in einem Lebensmittel für eine Allergie verantwortlich. Sobald jedoch das Lebensmittel während der Produktion oder auch in der Küche verändert wird, verliert es dieses allergene Potential. Beim Kochvorgang ändert sich beispielsweise die Anordnung der Aminosäure derart, dass der Apfel nach dem Erhitzen auch für Allergiker gut verträglich ist.
Ernährungswissenschaftler raten Allergikern regelmäßig dazu, den Apfel vor dem Genuss zu schälen, kleinzuschneiden und ihn für kurze Zeit an der Luft stehen zu lassen. Äpfel in Form von Kompott, Saft, Bratapfel, Gelee oder im Obstkuchen verbacken, sind für Allergiker meistens kein Problem.
Auch Pestizide können Allergien auslösen
Der BUND LEMGO weist unter Bezug auf diverse Publikationen darauf hin, dass auch Pestizide, die wir unwissentlich mit dem Obst zu uns nehmen, zu weiteren Belastungen des inneren Milieus führen können. Die Wirkungen der körperfremden Chemikalien und ihr Zusammenspiel im Körper seien zwar noch größtenteils ungeklärt, dennoch können auch Pestizide als Allergieauslöser in Frage kommen. Der BUND LEMGO empfiehlt daher den Kauf von Äpfeln aus ökologischen Anbau.
Projektteilnahme für Apfelallergiker
Der BUND LEMGO bietet eine Projekt-Teilnahme für Apfelallergiker. Wenn Sie unter einer Apfelallergie leiden und eigene Testerfahrungen zu verträglichen und/oder unverträglichen Apfelsorten gesammelt haben, sind Sie herzlich eingeladen, am Projekt Apfelallergie teilzunehmen, dass der BUND LEMGO ausrichtet.
Die Teilnahme ist unkompliziert. Senden Sie ihre Erfahrungen formlos per E-Mail an den BUND LEMGO oder nutzen Sie die Download-Meldeliste, die Sie per Post oder per E-Mail an den Bund für Naturschutz und Landwirtschaft in Lemgo senden. Schon wird Ihr Ergebnis in die aktuelle Liste aufgenommen und Sie haben einen wertvollen Beitrag für betroffene Allergiker geleistet – denn jede Stimme hilft!
Teilnahmebedingung: Es muss sich bei den getesteten Apfelsorten um unbehandelte Apfelsorten handeln, damit eine Reaktion aufgrund von Spritzmitteln ausgeschlossenen werden kann:
Download Formular Projekt Apfelallergie vom BUND LEMGO
Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 02/2017 | aktualisiert 12.10.2023
Bildquelle: © Bild von Fumiaki Hayashi auf Pixabay.com
Quellen und weiterführende Informationen:
Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung. Informationssystem genetische Sorten: Sortenabgängigkeit der Apfelallergie
Hochschule OWL untersucht alte Apfelsorten
Brandt Eckhardt, Brandt Judith. Natürlich Obst. Sorten Rezepte und Wissenswertes aus Norddeutschland. 2011. Verlag Wachtholz
Robert-Koch-Institut. Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland. DEGS1. 2008-2011
ECARF Studie. Alte Apfelsorten lindern Allergie
Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen
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