Im Zentrum der Essstörung Biggerexie (Muskeldysmorphie) steht das Erreichen eines Schönheitsideals. Von Biggerexie sind vorwiegend Männer betroffen. Psychologen und Ärzte verzeichnen zunehmend mehr junge Männer, die sich durch diese Form der Essstörung schweren körperlichen Gefahren aussetzen. Für das angesagte Schönheitsideal nehmen sie unter hohen Risiken den Kampf gegen den eigenen Körper auf.

Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ist nahezu jede zwölfte Person mit Essstörungen männlich. Aktuell leiden etwa 90.000 Jungen und junge Männer in Deutschland unter verschiedenen Essstörungen.

LESETIPP

Magersucht (Anorexia nervosa): Ursachen, Symptome & Therapie

Magersucht (Anorexia nervosa): Ursachen, Symptome & Therapie

Definition Biggerexie

Biggerexie gilt als eine besondere Form der Essstörung. Es handelt sich bei Biggerexie um eine typisch männliche Essstörung, die auch als Adoniskomplex oder krankhafte Muskelsucht bezeichnet wird. Betroffene leiden dabei unter der Vorstellung, nicht muskulös und athletisch genug zu sein. Die Krankheit führt zu einer Körperwahrnehmungsstörung, die einer Magersucht ähnelt.

Abgrenzung zwischen Biggerexie und anderen Essstörungen

Im Gegensatz zur Bulimie oder Magersucht steht bei Biggerexie nicht der Gewichtsverlust im Vordergrund. Es geht bei der krankhaft ausgeprägten Muskelsucht vielmehr um das ideale Verhältnis zwischen Fettgewebe und Muskelmasse. Dieses Verhältnis wird mit exzessivem Training, Diäten, Medikamenten, Nahrungsergänzungsmitteln und Hormonen herbeigeführt.

Der Unterschied zwischen Biggerexie und Bodybuilding

Fettgewebe und Muskelmasse sollen beim Biggerexie ein bestimmtes, ideales Gleichgewicht weder über- noch unterschreiten. Die Betroffenen möchten aber nicht Bodybuildern gleichen, denn auch ein Zuviel an Muskeln ist für sie unerwünscht.

Mögliche Anzeichen von Biggerexie

Das Aussehen wird bei der krankhaft ausgeprägten Muskelsucht zum lebensbestimmenden Inhalt. Bei manchen Betroffenen gehen bestimmte Formen von Essstörungen ineinander über oder Anzeichen sind verändert, so dass ein Krankheitsbild individuell abweichend erscheint. Die Gedanken kreisen beim Adoniskomplex nur noch um den eigenen Körper. In der krankhaft übersteigerten Sorge um Aussehen und Körpergewicht versuchen Betroffene zwanghaft, ihre Figur zu verändern.

Dazu bedienen sie sich aller möglichen zweckdienlichen Mittel.

Häufig genutzte Mittel zur Erreichung der Ziele

Als Mittel dienen neben exzessivem Sport auch Diäten oder Nahrungsergänzungsmittel. Eine weitere Option liegt in der Einnahme leistungssteigernder Substanzen, bewusst auch bei in Deutschland nicht zugelassenen Präparaten. Auch möglich ist die Einnahme von Dopingmitteln wie zum Beispiel Anabolika sowie die Verwendung von Diuretika (Entwässerungsmedikamente).

Oft besteht absolute Geheimhaltung

Ein weiteres Merkmal der Essstörung Biggerexie ist, dass sich die Betroffenen kaum jemandem mitteilen. Es wird nicht als männlich empfunden, Probleme zu haben, sich jemandem anzuvertrauen oder um Hilfe zu bitten. Ebenso verstecken Betroffene ihren Körper möglichst vor den Blicken anderer.

Mögliche Ursachen von Biggerexie

Um an Biggerexie zu erkranken, müssen in der Regel mehrere Faktoren zusammen treffen. Nicht jeder ist gleichermaßen gefährdet. Gefährdeter sind regelmäßig solche Personen, bei denen verschiedene ungünstige Umstände zusammen kommen.

Häufige auslösende Faktoren der krankhaften Muskelsucht

Typische Auslöser der krankhaften Muskelsucht können neben einem geringen Selbstwertgefühl, Selbstzweifel oder Spannungen innerhalb der Familie sein. Auch die Kritik von Freunden über den Körper oder Trennungserlebnisse sowie Druck unter Gleichaltrigen können zu dieser Essstörung führen.

Weitere Auslöser können darin liegen, die eigene Wirkung auf Mädchen verstärken zu wollen oder auch ein falsches Schönheitsideal zu haben.

Mögliche Folgen von Biggerexie

Die Folgen können individuell unterschiedlich sein und resultieren aus den übermäßigen Maßnahmen, die jeweils für das Muskelwachstum im Verlauf der Erkrankung getroffen wurden. Verantwortlich für die übermäßigen Maßnahmen ist eine gestörte Körperwahrnehmung, wodurch sich die Betroffenen trotz des sichtbaren Muskelwachstums weiterhin als zu schmächtig empfinden.

Die Folgen treten oft erst langfristig auf. Es kann sich dabei um schwere körperliche und psychische Schäden handeln, besonders wenn auch schädliche Substanzen wie Anabolika ins Spiel gekommen sind.

Langfristig mögliche Folgen

Auf lange Sicht kann es durch Biggerexie zu Krebserkrankungen, Impotenz oder auch Herzerkrankungen kommen. Neben starken Stimmungsschwankungen kann sich möglicherweise auch ein Brustwachstum einstellen. Auch die Suchtgefahr kann erhöht sen.

Gefahr des Übertrainingssyndroms

Das übermäßige Training steht mit einer ganzen Reihe von Gefahren in Zusammenhang. Beispielsweise kann es zur Leistungsstagnation kommen, die bis hin zum Leistungsabfall reicht. Neben einem veränderten Blutdruck können sich Schwindel, Übelkeit und ein Kollaps einstellen.

Weitere Gefahren birgt das Übertrainingssyndrom bei Biggerexie durch Gewichtsverlust und eine erhöhte Infektanfälligkeit sowie Schlafstörungen und Antriebslosigkeit.

Darüber hinaus sind Verletzungen des Bewegungsapparates möglich.

Therapie bei Biggerexie

Häufig sind langwierige Therapiemaßnahmen erforderlich. Der erste Schritt beginnt mit der Einsicht des Betroffenen, etwas verändern zu wollen und Hilfe zu suchen. Die Heilungschancen bei Biggerexie sind umso größer, je früher eine geeignete Therapie begonnen wird.

Art der Therapiemaßnahmen

Das komplexe Krankheitsbild erfordert eine Vielzahl von therapeutischen Maßnahmen, auf die sich einige Kliniken spezialisiert haben. Neben der körpermedizinischen Behandlung kommt bei Biggerexie oft auch eine psychotherapeutische oder tiefenpsychologische Behandlung zur Anwendung.

Neben Therapien zur Selbsthilfe können auch kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlungen eingesetzt werden.

Der Hausarzt oder die Beratungsstelle entscheiden nach Einzelfall, ob eine ambulante Therapie oder ein Klinikaufenthalt notwendig ist.

Kombinierte Therapien

Essstörungen werden häufig auch mit einer Kombination aus ambulanter Therapie am Wohnort und phasenweiser stationärer Therapie behandelt.

Bildquelle: © Bild von Alex Hunt auf Pixabay.com
Text: Katja Schulte (Redaktion)
Datum: 10/2017 | aktualisiert 02.01.2023

Quellen und weiterführende Informationen:

BZGA. Essstörungen

Jugendschutz Niedersachsen. Dr. Hofmann: Muskelsucht Hungerwahn 13.10.11

Stangl Lexikon Biggerexie

Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen

Suche