Unter dem Begriff Bioverfügbarkeit verstehen Fachleute eine Messgröße, die bei Stoffen verwendet wird, um deren unterschiedliche Effektivität im Körper nach der Verabreichung festzustellen. Die ermittelte Bioverfügbarkeit gibt Pharmakologen eine Antwort auf die Frage, in welcher Menge ein bestimmter Wirkstoff vom Körper aufgenommen wird und wann er zu seinem Wirkort gelangt.

Die Bioverfügbarkeit spielt auf vielen Gebieten eine Rolle

Der Messwert wird aber nicht nur in der Pharmazie für Wirkstoffe in Arzneimitteln erhoben, sondern spielt auch im Lebensmittelbereich eine Rolle. Im Lebensmittelbereich geht es dabei oft um die Bioverfügbarkeit für Nährstoffe in Nahrungsmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln. Zu den zu bewertenden Nährstoffen zählen beispielsweise Vitamine, Mineralstoffe oder auch Antioxidantien, die im Körper vor zellschädigenden Freien Radikalen schützen.

Auch in Verbindung mit unerwünschten Stoffen im Körper, zu denen insbesondere Umweltgifte zählen, stellen Fachleute die Bioverfügbarkeit fest. Ermittelt wird bei diesen neben der Geschwindigkeit oft auch die Konzentration, in der ein Schadstoff, Wirkstoff oder Nährstoff in den Blutkreislauf gelangt und am Wirkort letztlich seine Funktion entfaltet.

Ausschlaggebend sind für die Höhe einer Bioverfügbarkeit hauptsächlich die festgestellten Blutwerte im Plasma oder Serum, bei manchen Substanzen erfassen Experten die Messgröße auch über die ausgeschiedene Stoffmenge im Urin.

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Bedeutung der Bioverfügbarkeit in der Pharmazie

Eine direkte Messung der Konzentration von Stoffen am Wirkort können Pharmakologen nur bei wenigen Arzneimitteln ermitteln, so dass eine Substanz gewöhnlich nach seiner Bioverfügbarkeit bewertet wird. Für Pharmakologen ist nicht die direkte Wirkung eines Stoffes von Bedeutung, sondern seine Geschwindigkeit und das Ausmaß der Aufnahme (Resorption), nachdem er in den Körper gelangt.

Von der amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) wird der Begriff wie folgt definiert:

„Bioverfügbarkeit ist die Rate und das Ausmaß, mit welcher eine Substanz aufgenommen wird und am Wirkort verfügbar ist.“

Pharmakologen verfolgen bei der Ermittlung der Bioverfügbarkeit insbesondere das Ziel, ausreichend hohe Geschwindigkeiten bei der Wirkstoffaufnahme sicher zu stellen und zu langsame Aufnahmen von Arzneistoffkonzentrationen zu vermeiden.

Arzneimittel lassen sich auch in Bezug auf die ermittelten Werte vergleichen. Experten unterscheiden insofern zwischen absoluter und relativer Bioverfügbarkeit, die sie jeweils nach einer eigenen Formel in Prozent berechnen. Während die absolute Bioverfügbarkeit eines Präparates als Referenzgröße für die Bewertung dient, dient die relative Bioverfügbarkeit der vergleichenden Präparate-Bewertung. Die relative Bioverfügbarkeit wird berechnet, indem das zu bewertende Prüfpräparat über die gleiche Art der Verabreichung (Applikationsweg), der beispielsweise oral oder intravenös sein kann, in einem entsprechenden zeitlichen Abstand nach dem Vergleichspräparat gegeben wird.

Untersuchungen zur Bioverfügbarkeit von Präparaten führen Pharmakologen ausschließlich beim Menschen durch.

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Bedeutung der Bioverfügbarkeit im Bereich Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel

Auch zur Bewertung von Nährstoffen in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungen spielt die Bioverfügbarkeit eine große Rolle. Im Bereich Humanernährung beschäftigt sich neben dem Max-Rubner-Institut auch das Institut für Physiologie und Biochemie bei der Frage nach gesundheitsfördernden Eigenschaften der Lebensmittelinhaltsstoffe mit den Bioverfügbarkeiten.

Für die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ist der Wert der Bioverfügbarkeit insbesondere für die Risikobewertung von Bedeutung, wenn es um die Zulassung von Lebensmittelzusatzstoffen geht.

Definitionen verschiedener Forscher zur Bioverfügbarkeit im Bereich Lebensmittel und Nahrungsergänzung

Anders als bei der einzelnen klaren Definition, die Pharmakologen anwenden, können im Bereich der Humanernährung verschiedene Definitionen für die Bioverfügbarkeit zur Anwendung kommen.

Die Definitionen zur Bioverfügbarkeit in der Humanernährung befassen sich dabei auf mehr oder weniger umfangreiche Weise mit dem Anteil eines Nährstoffs, der verwendet oder gespeichert wurde oder für die Verwendung oder Speicherung verfügbar ist:

Forbes & Erdmann, Ann. Rev. Nutr. 1983, 3, 213

„Bioverfügbarkeit ist der Anteil eines Nährstoffs, der über normale Wege verdaut/absorbiert und verstoffwechselt wird.“

Lowe & Wiseman, J. Nutr. 1998, 128, 2809S

„Bioverfügbarkeit ist der Anteil der Nahrungsaufnahme, der vom oder durch den Darm aufgenommen und entweder für die Verwendung von Stoffwechselvorgängen oder für die Lagerung verfügbar gemacht werden kann.“

Schümann & Eisenhans, J. Trace Elem. Biol. 2002, 16/3, 139

„In der Ernährungswissenschaft wird die Bioverfügbarkeit eines Metalls durch seine Verwertung im Stoffwechsel bestimmt. Zu diesem Zweck definiert der Begriff der Gesamtverwertung den Anteil der Nährstoffe, die nach ihrer Verdauung, Aufnahme und Verteilung letztendlich im Stoffwechsel verwendet werden.“

Aggett, Am J. Clin. Nutr. 2010, 91(S), 1433S

„Bioverfügbarkeit ist definiert als Effizienz, mit der eine Nahrungskomponente systematisch über normale Stoffwechselwege verwendet wird. Sie wird als Prozentsatz der Aufnahme ausgedrückt und wird bekanntermaßen durch Ernährungs- und Wirtsfaktoren beeinflusst.“

Erst alle Definitionen zusammengenommen, bilden die zahlreichen Facetten ab, unter denen sich die Effektivität von Nährstoffen im menschlichen Körper messen lassen kann.

Einige weitere, hier nicht aufgeführte Definitionen zum Thema, befassen sich dagegen nicht wie die obigen mit der Effektivität eines Nährstoffs, sondern vielmehr mit der Bioverfügbarkeit als Messgröße in Verbindung mit der Geschwindigkeit, in der ein Nährstoffmangelzustand behoben werden kann, beispielweise bei Mineralstoffmängeln wie Eisenmangel. So gibt es auch für Metalle, die teilweise zur Gruppe der lebensnotwendigen Mineralstoffe und Spurenelemente zählen, spezielle Definitionen zur Messgröße Bioverfügbarkeit.

Darüber nutzen Forscher weitere Definitionen zur Bioverfügbarkeit, die sich beispielsweise nur auf Antioxidantien beziehen. Hierbei gilt die antioxidative Wirkung als sogenannte Bioaktivität.

Nährstoffe unterliegen vielen Einflüssen

Weil viele äußere Einflüsse auf Nährstoffe in Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln einwirken und die Bioverfügbarkeit sowohl steigern wie auch reduzieren können, kann die Ermittlung eines Messergebnisses dadurch erschwert werden. Forscher müssen Messverfahren aufwändig standardisieren, damit es bei Messungen zu möglichst geringen Abweichungen durch eben solche Einflüsse kommt.

Häufige äußere Einflüsse auf die Bioverfügbarkeit von Nährstoffen in der Humanernährung

Einfluss auf die Bioverfügbarkeit nimmt nicht nur die Form der Verarbeitung und Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln, sondern auch die Dauer der Lagerung. Der Grad der mechanischen Zerkleinerung bei rohen Lebensmitteln, wie etwa bei Möhren, kann die Bioverfügbarkeit der enthaltenen Carotinoide stark erhöhen.

Zu beachten ist auch, dass Hitzeeinwirkung einige Lebensmitteln leichter bioverfügbar macht. Dagegen können hitzeempfindliche Lebensmitteln schlechter bioverfügbar sein.

Die Aufnahmefähigkeit hängt von der speziellen chemischen Verbindung ab. Zum Beispiel ist bei Mineralstoffen die organische Formen wie etwa die Kieselsäure oft besser aufnehmbar als vergleichsweise die anorganische Form Kieselerde.

Einfluss auf die Bioverfügbarkeit nehmen auch andere Nährstoffe. In manchen Fällen ist die Bioverfügbarkeit von der Anwesenheit anderer Nährstoffe abhängig, zum Beispiel ist das fettlösliche Vitamin A sowie seine Vorstufe Betacarotin auf Öle und Fette bei der Aufnahme angewiesen, um verfügbar und aktiv werden können. Die Bioverfügbarkeit von aufgenommenen Vitaminvorstufen wie etwa dem pflanzlichen Betacarotin, ist grundsätzlich geringer als die von Vitamin A aus tierischen Produkten oder Vitamin-A-haltigen Nahrungsergänzungsmitteln.

Auch chemische Interaktionen zwischen einzelnen Nährstoffen oder Nahrungsmitteln können hemmend oder fördernd wirken. Zum Beispiel fördert begleitend aufgenommenes Vitamin C die Eisenaufnahme, während unter anderem Kaffee, Milch, schwarzer Tee die Eisenaufnahme hemmen.

Die Art der Verabreichung beeinflusst die Bioverfügbarkeit

Grundsätzliche Unterschiede ergeben sich bei verabreichten oder verzehrten Stoffen durch die Form der Verabreichung. Während sich ein Wirkstoff beispielsweise durch intravenöse Injektion sofort in den Blutkreislauf und somit ziemlich schnell in unmittelbare Nähe seines Wirkorts bringen lässt, ist die Bioverfügbarkeit von zu schluckenden (oral verabreichten) Präparaten oder Nährstoffen, die innerhalb von Lebensmitteln eingebunden sind, durch verschiedene Faktoren wie den First-Pass-Effekt erschwert.

Der First-Pass-Effekt beschreibt die Verminderungen, bzw. die zeitverzögernden biochemischen Veränderungen der oral eingenommenen Wirkstoffmenge oder Nährstoffmenge, die durch umwandelnde Stoffwechselprozesse bei der Darmwandpassage und in der Leber verursacht werden, bevor ein Wirkstoff in den Blutkreislauf gelangen kann.

In oral zu verabreichenden Präparaten aus dem Bereich der Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmitteln befinden sich die Wirkstoffe häufig in festen Formen wie Kapseln, Tabletten oder Softgels, die dem First-Pass-Effekt unterliegen.

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Flüssige Wirkstoffe und Nährstoffe sind schneller bioverfügbar

Oral einzunehmende Präparate können auch flüssig sein und Wirkstoffe und Nährstoffe in Form von Tropfen und Säften oder in Flüssigkeit aufzulösenden Pulvern, Granulaten oder Mundsprays transportieren.

Flüssige Wirkstoffpräparate sind allgemein besser bioverfügbar, denn sie können teilweise deutlich schneller ohne einen langwierigen, zerlegenden Verdauungsprozess zum Wirkort gelangen.

Den Grund dafür liefert die Mundschleimhaut der Wangen und unterhalb der Zunge, die fähig ist, einen Großteil der Wirkstoffe, beziehungsweise Nährstoffe auf direktem Wege über die verbundenen Blutgefäße in den Blutkreislauf einzuschleusen. Die eingeschleusten Substanzen werden von der Schleimhaut aus in die Hohlvene abgegeben, die direkt zum Herzen führt. Durch Herunterschlucken gelangen letztlich die übrigen, nicht über die Mundschleimhaut aufgenommenen Substanzen in den Magen- Darmtrakt und unterliegen dort dem üblichen First-Past-Effekt und möglicherweise anderen begleitenden Faktoren, bevor sie bioverfügbar sind.

Bei einigen Präparaten, den sogenannten sublingualen Darreichungsformen, machen sich Hersteller diese Eigenschaft der Mundschleimhaut gezielt zunutze, indem sie beispielsweise schnell bioverfügbare Mundsprays, Tropfen, Pastillen, Globulis, Tabletten oder andere Formen produzieren, die flüssig sind oder sich leicht verflüssigen lassen.

Körperliche Faktoren für eine geringere und höhere Bioverfügbarkeit von Wirkstoffen und Nährstoffen

Mit einer geringen Bioverfügbarkeit bringen Experten einerseits orale Präparate, Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel in Verbindung, die schwer wasserlöslich sind oder ungünstige biochemische Eigenschaften besitzen und deshalb schlecht vom Körper aufgenommen werden können. Andererseits können aber auch körperliche Faktoren die Aufnahmefähigkeit von Wirkstoffen aus oralen Präparaten, Nährstoffen aus Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmitteln positiv oder negativ beeinflussen.

Zahlreiche persönliche, chemische und stoffwechselabhängige Faktoren können die Bioverfügbarkeit nach der oralen Aufnahme herabsetzen oder auch fördern.

Zu den möglichen einflussnehmenden, körperlich bedingten Faktoren zählen insbesondere:

  • Geschlecht
  • Alter
  • Genetische Anlagen
  • Stress
  • Aktivität
  • Dosis
  • Funktionsfähigkeit der beteiligten Organe
  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Zustand der Darmflora
  • Mangel an Magensäure
  • Chronische Erkrankungen in Verbindung mit Aufnahmestörungen wie etwa Morbus Chron, Colitis ulcerosa
  • Individueller Ernährungsstatus des Menschen. Bei Defiziten werden mehr Nährstoffe aufgenommen als bei gut Versorgten.
  • Interaktionen einiger Wirkstoffe und Nährstoffe mit Medikamenten wie beispielsweise Antibiotika, Herzglykosiden, Betarezeptoren-Stimulatoren

Bedeutung der Bioverfügbarkeit in der Umweltmedizin

Die Bioverfügbarkeit ist bei der Gesetzgebung in Verbindung mit dem einheitlichen Höchstgehalt von unerwünschten Stoffen wie Schwermetallen, Pflanzenschutzmitteln und anderen Toxinen von Bedeutung.

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Es geht um die toxische Wirkung von Umweltschadstoffen, wenn diese bioverfügbar sind. Dazu müssen die Schadstoffe im Körper biologische Grenzflächen überwinden und an ihren Zielort gelangen. Das Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen steigt, wenn Schadstoffe oral oder über die Atemwege aufgenommen werden.

Nach Angaben des Umweltbundesamtes wird beim Menschen allgemein nur ein Teil der partikelgebundenen aufgenommenen Schadstoffe nach der Aufnahme bioverfügbar, die aus kontaminierten Materialien wie Böden, Lebensmitteln, Wasser oder anderen Materialien, zum Bespiel kontaminiertem Hausstaub stammen. Der andere Teil wird ausgeschieden.

Oral aufgenommene Schadstoffe werden je nach Art in unterschiedlich hohem Maße durch die Verdauungssäfte im Magen-Darmtrakt mobilisiert und resorbiert. Dabei spielen die Salzsäure des Magensafts und die Gallenflüssigkeit eine bedeutende Rolle. Ein Teil der Schadstoffe ist danach bioverfügbar und kann in Reaktion mit den biologischen Systemen treten.

Fetthaltige Lebensmittel wie Sahne oder Öl erhöhen die Mobilitätsrate von Schadstoffen und stärken die Bioverfügbarkeit.

Experten unterscheiden für die Ermittlung auch in der Umweltmedizin zwischen absoluter und relativer Bioverfügbarkeit.

Zwei weitere Parameter, die Experten in Verbindung mit Umweltgiften einsetzen, sind die ökotoxikologische und die toxikologische Bioverfügbarkeit. Während die sogenannte ökotoxikologische Bioverfügbarkeit die Verfügbarkeit aus der Umwelt wiedergibt, zeigt die toxikologische Bioverfügbarkeit die Verfügbarkeit eines Fremdstoffs im Organismus. Entscheidend ist dabei die toxische Reaktion am Zielort.

Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 16.04.2023
Bildquelle: © Gerd Altmann@pixabay.com

Quellen und weiterführende Informationen:

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