Die chronische Verstopfung (Obstipation) betrifft in Deutschland zwischen 5 und 15 Prozent aller Erwachsenen. Bei Frauen tritt die chronische Verstopfung jedoch zweimal häufiger auf als bei Männern, erst im Alter gleichen sich die Zahlen zwischen den Geschlechtern an. Statistischen Auswertungen zufolge, wird sie mit zunehmendem Alter öfter diagnostiziert. Viele Frauen leiden aber auch zyklusabhängig unter Veränderungen des Stuhls.
Eine chronische Verstopfung wird von verschiedenen Symptomen begleitet
Eine Verstopfung wird erst nach mehreren Monaten chronisch. Von einer chronischen Verstopfung sprechen Experten nach der Definition der deutschen Fachgesellschaften erst dann, wenn über unbefriedigende Stuhlentleerungen berichtet wird, die seit mindestens 3 Monaten bestehen und mindestens zwei der festgelegten Leitsymptome vorliegen.
Zu den typischen Leitsymptomen zählt neben starkem Pressen auch der klumpige harte Stuhl. Weitere Symptome bilden das subjektive Empfinden beim Betroffenen, dass er sich nur unvollständig entleeren konnte oder auch das subjektive Empfinden, dass eine vollständige Verstopfung besteht.
Auch wenn manuelle Manöver zur Erleichterung der Stuhlentleerung vorgenommen werden oder Betroffene weniger als 3 Stühle pro Woche verzeichnen, sind typische Leitsymptome erfüllt.
Normale Stuhleigenschaften zum Vergleich
Bei allgemein empfohlener ballaststoffhaltiger Vollwert-Ernährung von bis zu 1000 g/Tag erwarten Mediziner eine tägliche Stuhlmenge von 100 bis 500 g täglich.
Die Häufigkeit kann zwischen 3 mal täglich bis zu 3 bis 4 mal wöchentlich variieren. Der normale Stuhl ist von hellbrauner bis dunkelbrauner Farbe. Er ist nicht besonders übelriechend und weist eine homogene Masse auf, die weich bis fest sein kann. Nach der Bristol-Stuhlformen-Skala ist ein wurstartiger Stuhl mit rissiger oder glatter Oberfläche ideal.
Störungen innerhalb des Transportweges
Der Nahrungsbrei wird bei der Verdauung auf seinem Weg durch den Darmkanal wellenförmig durch die Darmmuskulatur weiterbefördert. Das erfordert ein laufendes Zusammenspiel von Kontraktion und Entspannung der Darmmuskulatur. Mehr als einhundert Millionen Nervenzellen sind daran beteiligt, diese Bewegungen der Muskelzellen und die Ausschüttung der Verdauungssäfte genau zu organisieren. Wenn jedoch diese wellenförmigen Bewegungen gestört werden, kann der Nahrungsbrei nicht zügig genug den Dickdarm passieren und es kommt zum vermehrten Wasserentzug durch die Darmschleimhaut. In der Folge kann der Stuhl fester werden und so den Transport und die Ausscheidung erschweren.
Daneben kann ein gestörter Entleerungsreflex im Enddarm und Analbereich ebenfalls zu Transportverzögerungen führen. Die normale Sensibilität des Entleerungsreflexes kann beeinträchtigt werden, wenn der Stuhlgang häufiger unterdrückt wird. Der Entleerungsreflex sollte so kurz wie möglich unterdrückt werden.
Weitere Symptome bei chronischer Verstopfung
Eine chronische Verstopfung zeigt bei einigen Betroffenen weitere Symptome. In manchen Fällen sind auch verschiedene Begleiterscheinungen mit einer chronischen Verstopfung verbunden. Es kann neben einem Völlegefühl auch zu Unwohlsein kommen. Zudem treten bei einigen Betroffen auch Blähungen oder Bauchkrämpfe auf. Manche berichten über Schmerzen beim Stuhlgang.
Folgen der unbehandelten Verstopfung
Unbehandelte chronische Verstopfungen können mitunter nicht nur das Befinden stark beeinträchtigen, sie können auch zur Entstehung von Analfissuren, Hämorrhoiden oder Ausstülpungen der Darmwand (Divertikulose) beitragen.
Mögliche Ursachen der Obstipation
Bei einer Verstopfung können innere und äußere Einflüsse ursächlich sein. Zwar steuern die Nervenzellen des Darms die Vorgänge während der Verdauung eigenständig, dennoch unterliegen die inneren Vorgänge aber auch einigen äußeren Einflüssen, die sich negativ auswirken können.
Zu den äußeren begünstigenden Einflüssen zählt neben Stress und einem ungesunden Lebensstil häufig die ballaststoffarme Ernährung. Weitere begünstigende Faktoren bilden eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr sowie mangelnde Bewegung.
Weitere Ursachen die zur Obstipation führen können, sind Erkrankungen wie Diabetes mellitus, das Reizdarmsyndrom oder auch Depressionen.
Doch auch durch chirurgische Eingriffe kann ebenso eine chronische Verstopfung entstehen wie durch verschiedene Arzneimittel. Zu diesen Arzneimitteln gehören zum Beispiel Schmerzmittel, Antidepressiva oder Blutdruck-Medikamente.
Aber auch eine Schwangerschaft kann mit der chronischen Verstopfung einhergehen.
Diagnose bei chronischer Verstopfung
Es können verschiedene diagnostische Maßnahmen zum Einsatz kommen. Zu den Punkten, die regelmäßig im Rahmen einer Diagnose zuerst abgeklärt werden zählen neben dem Lebensstil auch möglicherweise bestehende Vorerkrankungen.
Eine wichtige Rolle spielen außerdem Erfassungen der Stuhlbeschaffenheit, zum Bespiel anhand der Bristol Stool Form Scale. Abzuklären ist ebenfalls, ob es zu in Verbindung mit der chronischen Verstopfung zu Nebenwirkungen aus einer Arzneimitteleinnahme gekommen sein.
Von Bedeutung ist ebenso die körperliche Untersuchung des Bauchraums durch Abklopfen oder Abhören. Gegebenenfalls kommt auch eine Ultraschalluntersuchung zum Einsatz.
In vielen Fällen liefern die abgeklärten Punkte dem Arzt bereits ausreichende Informationen für den Therapiebeginn. Bei Unklarheiten oder der Möglichkeit, dass die chronische Verstopfung in Zusammenhang mit anderen Beschwerden wie etwa dem Reizdarmsyndrom auftritt, können sich darüber hinaus weitere Untersuchungen anschließen.
Oft wird ein Bluttest und eine Stuhlanalyse vorgenommen, um einen Hinweis auf bestehende Entzündungen oder sonstige Auffälligkeiten zu erhalten. Daneben stehen auch bildgebende Diagnoseverfahren wie Röntgen, Sonographie oder auch eine Computertomographie (CT) zur Option. Es kann unter anderem auch eine Darmspiegelung (Endoskopie) zum Einsatz kommen.
Auch eine gynäkologische Untersuchung kommt in manchen Fällen in Betracht.
Mögliche Maßnahmen bei chronischer Verstopfung
Es gilt in erster Linie, die Ernährungsfehler zu beseitigen., denn Ernährungswissenschaftler sehen in vielen Fällen die Ursache für die chronische Verstopfung in Ernährungsfehlern begründet. Oft steht eine unausgewogene Ernährung in Zusammenhang mit einem ungesunden Lebensstil, der durch zu wenig gesunde Bewegung und zu viel Stress gekennzeichnet ist. Die Therapie erfolgt im Anschluss an die Basisdiagnose nach einem Stufenschema. Nur bei unzureichender Wirksamkeit einer Stufe sollen die Therapieformen der nächsten Stufe eingesetzt werden.
Die Stufen beinhalten Therapieoptionen, in deren Zentrum die Anpassung des Lebensstils stehen. Einerseits kann der Lebensstil durch eine ballaststoffreiche Ernährung mit Probiotika und Sauermilchprodukten und eine ausreichende Trinkmenge gefördert werden, andererseits durch regelmäßige Bewegung.
Erst wenn die Therapieform wirkungslos bleibt, kann die Einnahme von Ballaststoffpräparaten wie Weizenkleie und Flohsamenschalen angezeigt sein. Bleibt auch bei diesen Therapiemaßnahmen der Erfolg aus, kommen weitere Untersuchungen in Betracht, die körperliche Ursachen wie etwa eine Beckenbodensenkung ausschließen.
Wenn nach Untersuchungen körperliche Ursachen ausgeschlossen werden können, kommt es zum Einsatz medikamentöser Therapien. Beispielsweise kommen nicht verschreibungspflichtige Abführmittel (Laxanzien) oder osmotisch wirkende Zucker wie Lactose, Sorbit oder Anthrachinone, bei denen es sich um pflanzliche Inhaltsstoffe handelt, zur Anwendung. eingesetzt.
Erst nach unzureichendem Erfolg verordnet der Arzt bei Bedarf verschreibungspflichtige Abführmittel. Je nach Entwicklung können im Verlauf der chronischen Obstipation auch chirurgische Maßnahmen erforderlich sein.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. empfiehlt, die Ernährungsumstellung von einer geeigneten Fachkraft begleiten zu lassen.
Medikamentöse Ursachen beseitigen
Falls bei einem Betroffenen die Beschwerden durch die Nebenwirkungen eines regelmäßig einzunehmenden Medikamentes entstanden sein können, geht es darum, eine besser verträgliche Alternative zu suchen.
Funktionen der Ballaststoffe nutzen
Ballaststoffe sind pflanzliche Nahrungsfasern, die bedeutenden Einfluss auf die Verdauung ausüben und viele gesundheitsfördernde Funktionen haben. Oft ist eine ballaststoffarme Ernährung die Hauptursache für die chronische Verstopfung.
Ernährungswissenschaftlich gilt eine erhöhte Ballaststoffzufuhr nicht nur als erste Maßnahme bei Verstopfungen, sondern auch als die wichtigste Maßnahme zur Vorbeugung. Ballaststoffe unterscheiden Experten in in lösliche und unlösliche Ballaststoffe.
Lösliche Ballaststoffe, auch Gelbildner genannt, befinden sich Obst, Gemüse, Hafer oder Flohsamenschalen (Psyllium) und sorgen durch ihre Fähigkeit Wasser zu binden, für einen weichen, gleitfähigen Stuhl. Unlösliche Ballaststoffe, wie sie dagegen in Getreide, Nüssen, Samen, Hülsenfrüchten, Wurzelgemüse oder Blattgemüse vorkommen, erhöhen das Volumen des Speisebreis und das Gewicht des Stuhls. Sie wirken verdauungsfördernd und werden weitgehend unverdaut ausgeschieden.
Die Verträglichkeit ist bei Ballaststoffen individuell unterschiedlich. Es können anfangs Nebenwirkungen wie Blähungen, Druckgefühl oder Völlegefühl auftreten, die nach der Umgewöhnungszeit oft nachlassen. Geeignet ist für Menschen mit einem niedrigem Ballaststoffverzehr die schrittweise Gewöhnung, um den Darm zu schonen.
Eine gleichzeitige Aufnahme von geeigneten Probiotika und Sauermilch kann sich zusätzlich positiv auswirken und sollte mit dem Arzt, beziehungsweise der Ernährungsfachkraft abgesprochen werden. Der Verzehr von Weizenkleie kann bei bestimmten Erkrankungen kontraproduktiv sein und sollte nur nach ärztlicher Rücksprache erfolgen.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) empfiehlt eine tägliche Ballaststoffzufuhr von 30 Gramm als Richtwert. Erreicht werden soll die Ballaststoffmenge durch vermehrten Verzehr von pflanzlichen Produkten wie Vollkornprodukte, Obst, Gemüse sowie Kartoffeln.
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Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 03/2016 | aktualisiert 04.02.2024
Quellen und weiterführende Informationen:
Hick, C. Intensivkurs Physiologie. 5. Auflage 2006. Verlag Urban & Fischer
DGE-Infothek. Essen und Trinken bei chronischer Verstopfung. 9. vollständig überarbeitete Auflage 2014
DGE. Was tun bei chronischer Verstopfung (PDF)
S2k-Leitlinie Chronische Obstipation. (DGVS) et al. Stand 04/2022
Lewis SJ, Heaton KW. Stool form scale as a usefull guide to intestinal transit time. Scandinavian Journal Gastroenterol. 32, Nr.9, 1997, S. 920-4
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