Bei der Enzymtherapie handelt es sich um eine wissenschaftlich anerkannte naturheilkundliche Behandlungsmethode. Verabreicht werden Enzyme dabei entweder intravenös oder oral. Enzyme in therapeutischen Dosierungen mobilisieren die Selbstheilungskräfte des Körpers. Zur Anwendung können bei der Enzymtherapie neben verschiedenen pflanzlichen und tierischen Enzymen auch Enzyme aus Pilzen und speziellen Bakterien kommen.
Hohe therapeutisch nutzbare Enzymkonzentrationen sind in Ananas, Feigen und Papaya enthalten.
Enzyme sind kleinste spezialisierte Eiweißstoffe, die streng nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip funktionieren. Diese Eiweißstoffe steuern alle komplexen Stoffwechselprozesse im menschlichen Körper. Unter anderem sind sie auch für ein intaktes Immunsystem verantwortlich, das vor schädlichen Keimen und Allergenen schützt und schmerzhafte Entzündungen, degenerative und bösartige Erkrankungen abwehren kann.
Auf welchen Wirkungen beruht die Enzymtherapie?
Die Wirkungen der Enzyme betreffen wichtige Körperbestandteile und Körperfunktionen.
Oral sowie intravenös verabreicht, entfalten Enzympräparate ihre Wirkung im Blut und in den Körpergeweben. Enzyme gelangen unverändert durch die Darmschleimhaut (Mukosa) und entfalten ihre Wirkung in den Geweben sowie im Blut.
Eine Enzymtherapie nimmt daher nicht nur Einfluss auf den Zustand des Blutes, sondern ebenso auf Immunvorgänge und die Tumorabwehr.
Außerdem wirkt sie entzündungshemmend und führt durch ihre antibakteriellen und antiviralen Wirkungen zu einer besseren Abwehr von Keimen.
Anwendung der Enzymtherapie
Zum Einsatz kommen in der Enzymtherapie sogenannte proteolytische Enzyme. Verwendet werden in der Praxis hierfür zumeist Hydrolasen in Form von Proteasen. Dies sind Enzyme, die Eiweiße (Proteine) in Aminosäuren aufspalten, indem sie ihre Peptidbindungen lösen. Sie spalten chemische Bindungen unter Beteiligung von Wasser auf zerlegen sie in ihre Bausteine. So sind sie Teil verschiedener biochemischer Reaktionen. Hydrolasen zerlegen im Verdauungstrakt neben Proteinen, auch Fette, Kohlenhydrate und Nucleinsäuren.
Die Behandlungsdauer hängt von der Schwere der Erkrankung ab und beträgt zumeist zwischen 3 bis 4 Wochen. Behandelt wird für gewöhnlich bis zum Abklingen der Symptome. Bestehen die Beschwerden weiter, kann die Behandlung nach einer dosisfreien Woche wiederholt werden.
Angewendet wird die Enzymtherapie insbesondere von ganzheitlich orientierten Ärzten und Heilpraktikern. Der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e.V. (BDI) empfiehlt die Enzymtherapie als begleitende Behandlung.
Häufige Anwendungsgebiete
Häufig angewendet wird die Enzymtherapie bei Alterserkrankungen, Atemwegserkrankungen und Augenerkrankungen. Zum Einsatz kommt sie außerdem bei Gefäßerkrankungen, gynäkologischen Erkrankungen und Hauterkrankungen sowie Magen- Darmerkrankungen.
Neben Malignomen und bei operativen Eingriffen wird die Enzymtherapie zudem bei Urogenitalerkrankungen eingesetzt.
Die Enzymtherapie bei Krebserkrankungen
Eine Enzymtherapie gilt als wirksamkeitsgeprüfte komplementärmedizinische Maßnahme in der Krebstherapie.
Experimentell und klinisch belegt ist die Wirkung der Monoenzyme Papain aus der Papaya und Bromelain aus der Ananas.
Ebenfalls wirksam zeigten sich auch pflanzliche Enzymgemische aus Bromelain und Papain sowie Gemische aus den pflanzlichen Enzymen Papain und Bromelain mit tierischen Enzymen wie Trypsin und Chymotrypsin.
Für die proteolytischen Enzyme und Enzymgemische ergaben sich in Experimenten und klinischen Anwendungsstudien nach Information der Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V. auch antitumorale und antimetastatisch Aktivitäten. Untersucht wurde die Wirksamkeit bislang in Studien mit Brustkrebspatienten, Darmkrebspatienten und bei Patienten mit Plasmozytom.
Anwendungsgebiete einzelner Enzyme
Einsatzbereich von ∂-Amylase
Das Enzym ∂-Amylase gehört zu den Amylasen und ist in der Lage Kohlenhydrate zu spalten. Dazu zählen nicht nur Einfachzucker (Monosaccharide) wie der Traubenzucker, sondern auch Doppelzucker wie Maltose sowie langkettige Mehrfachzucker (Polysaccharide). Die ∂-Amylase ist auch Bestandteil des Speichels und kommt therapeutisch zum Einsatz bei der Wundheilung und zur Verdauungsförderung. Außerdem kommt das Enzym als unterstützender Bestandteil in einigen Arzneimitteln zur Anwendung.
Einsatzbereich von Bromelain
Bromelain ist ein Gemisch aus Enzymen, das natürlich in der Ananas vorkommt.
Das abschwellend wirkende Bromelain kommt nicht nur bei Verletzungen und chirurgischen Eingriffen im Nasenbereich zur Anwendung, sondern auch bei Nasennebenhöhlenentzündungen. Auch bei schmerzhafter Regelblutung sowie bei Störungen der Blutgerinnung wird es eingesetzt.
Einsatzbereich von Chymotrypsin
Chymotrypsin zählt zu den Verdauungsenzymen und wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet. Neben bösartigen Tumoren kommt es zur örtlichen Wundbehandlung sowie bei Zahnextraktionen und Operationen bei Grauen Star zur Anwendung. Weitere Bereiche, in denen Chymotrypsin angewendet wird sind neben Spulwurminfektionen auch Dammschnitte. Eine positive Wirkung kann es auch bei erhöhter Blutungsneigung entfalten.
Einsatzbereich von Lysozym
Lysozyme wird nicht nur als Enzym, sondern auch als Konservierungsstoff und Lebensmittelzusatzstoff verwendet. Das Enzym Lysozym befindet sich als Teil des Immunsystems hauptsächlich im Sekret der Schleimhäute im Bereich der Nase und des Rachens. Ansonsten kommt es auch Zellen von Tieren, Pflanzen, Bakterien vor.
Zum Einsatz kommt es therapeutisch bei bakteriellen und viralen Infektionen sowie bei Herpes zoster. Angewendet wird Lysozym außerdem bei Therapien mit dem Antibiotikum Chloramphenicol und dem Chemotherapeutikum Nitrofurantoin.
Einsatzbereich von Pankreatin
Pankreatin stammt aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen und kommt neben Störungen der Bauchspeicheldrüse und postoperativer Bauchspeicheldrüsenschwäche auch beim Fettstuhl, der Malabsorption und bei Mukoviszidose zur Anwendung.
Einsatzbereich von Papain
Papain wird aus der Papaya gewonnen. Das Enzym wird zur Entwurmung eingesetzt sowie bei einer Narbenbildung der Hornhaut im Auge. Auch bei Autoimmunerkrankungen kann Papain in Verbindung mit anderen Enzymen zur Verordnung kommen.
Einsatzbereich von Streptokinase und Streptodornase
Streptokinase und Streptodornase sind Proteine, die außerhalb der Zellen vorkommen. Produziert werden sie von Streptokokken. Zur Anwendung gelangen sie nicht nur bei Blutergüssen, Quetschungen und traumatischen Ödemen, sondern auch bei Geschwüren. Die als pharmazeutischer Arzneistoff eingesetzte Streptokinase und Streptodornase kommen zudem bei einer Blutansammlung in der Brusthöhle sowie bei Eiteransammlungen im Gewebe und auch bei Gelenkentzündung zum Einsatz.
Einsatzbereich von Trypsin
Das Verdauungsenzym Trypsin wird in der Bauchspeicheldrüse gebildet. In Therapeutika enthaltenes Trypsin stammt häufig aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen. Therapeutischen Einsatz findet es in der Wundtherapie, bei Abszessen und Fisteln und auch bei Blutergüsse.
Außerdem kann es zur Behandlung von Sehnenscheidenentzündungen und Eiteransammlungen sowie nach nach chirurgischen Eingriffen verabreicht werden. Bei Sportverletzungen wird es auch mit Chymotrypsin kombiniert.
Gegenanzeigen
Nicht angewendet, beziehungsweise nur unter ärztlicher Kontrolle angewendet werden darf eine Enzymtherapie bei Gerinnungsstörungen und gemeinsam bei einer Therapie mit Gerinnungshemmern (Antikoagulanzien), die der Entstehung von Thrombosen entgegenwirken. Wegen der verstärkten Blutungsneigung dürfen Enzympräparate nicht eingenommen werden, wenn gleichzeitig Thrombozytenaggregationshemmer zur Anwendung kommen.
Zu den weiteren Gegenanzeigen zählen eine eingeschränkte Nierenfunktion sowie fortgeschrittene Funktionsstörungen der Leber und Nieren.
Nebenwirkungen zeigen sich bei der Enzymtherapie zumeist in Verbindung mit falscher Einnahme und sind nicht in den meisten Fällen nicht behandlungsbedürftig. Es handelt sich bei den Nebenwirkungen um Symptome wie Bauchschmerzen, Durchfall, oder Blähungen. Seltener tritt Übelkeit auf. Experten raten bei schweren Nebenwirkungen zum Abbruch der Enzymtherapie.
Enzympräparate
In therapeutischen Enzympräparaten werden tierische und pflanzliche Enzyme oft kombiniert, weil sie in unterschiedlichen pH-Wertbereichen wirken und somit ein breiteres Spektrum abdecken können.
Während pflanzliche Enzyme im sauren Milieu mit einem pH-Wertbereich unterhalb von 6 aktiv werden, entfalten tierische Enzyme ihre Aktivitäten im basischen Milieu ab einem pH-Wert von 8. Es kommt durch die Kombination aber nicht nur zu einem vergrößertem Anwendungsgebiet, sondern auch zu einer verstärkten Wirkung.
Die Enzyme Bromelain und Trypsin besitzen eine Zulassung als Arzneimittel.
Erhältlich sind pflanzliche Enzyme, darunter Bromelain aus der Ananas und Papain aus der Papaya. Erhältliche tierische Enzyme sind Trypsin, Pankreatin und Chymotripsin, ein verfügbares Enzym aus dem Eiklar vom Huhn bildet das Lysozym. Zu den verfügbaren Enzymen, die aus Pilzen gewonnen werden, zählen dagegen Amylase und Lipase.
Weitere Enzyme stammen aus Kokken und Bakterien. Aus Kokken werden Streptokinase und Streptodornase gewonnen, während sich die ∂-Amylase aus dem Bacillus subtilis herstellen lässt.
Dosierung
Anwender nehmen Enzympräparate in der Regel drei mal täglich auf nüchternem Magen, beziehungsweise eine halbe Stunde bis eine Stunde vor den Mahlzeiten ein. Hohe Dosierungen kommen schnellstmöglich bei akuten Prozessen zum Einsatz, sie können nach Abklingen der Symptome verringert werden. Eine Stoßtherapie mit hohen Dosierungen empfehlen Experten beispielsweise bei schweren Sporttraumen oder bei schwerer rheumatoider Arthritis. Leichtere Erkrankungen wie etwa eine leichte Bronchitis werden mit leichteren Dosierungen behandelt.
Mögliche Nebenwirkungen bei Präparaten zur Enzymtherapie
Enzympräparate zeigen selbst bei hohen Dosierungen nur sehr selten Nebenwirkungen.
Möglich sind beispielsweise bei einer entsprechenden allergischen Veranlagung allergische Reaktionen. Bei einer Allergie gegen Ananas kann es etwa zur Reaktion gegen das Ananasenzym Bromelain kommen. In dem Fall wird das Präparat gewöhnlich abgesetzt. Weitere Nebenwirkungen bei der Anwendung hoher Dosen können Blähungen und Völlegefühl sein. Vereinzelt tritt Übelkeit auf. Erbrechen wird als weitere mögliche Nebenwirkung genannt.
Auch zu Stuhlveränderungen in der Farbe und Konsistenz kann es kommen.
Besteht eine Therapie mit Acetylsalicylsäure, ist zudem eine vermehrte Blutungsneigung möglich. Darüber hinaus wird von Wechselwirkungen mit Chemotherapeutika und Antibiotika berichtet.
Einsatz von Enzymen im Lebensmittelbereich
Doch auch außerhalb des menschlichen Körpers sorgen Enzyme für wesentliche Prozesse. In der Lebensmittel- und Genussmittelproduktion leiten Enzyme beispielweise die notwendigen Gärungsprozesse ein.
In der Hefe bewirken sie, das der Brotteig aufgeht oder sie sorgen dafür, dass aus der Milch letztlich Käse oder Joghurt entstehen kann. Auch das aus Weißkohl Sauerkraut entsteht oder aus Zucker zu Alkohol vergärt, bewirken Enzyme.
Bei der Weinproduktion bewirken sie dagegen den Gärprozess der Trauben.
Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 16.05.2023 | aktualisiert 22.10.2024
Bildquelle: © Bild von Gerd Altmann auf Pixabay.com
Quellen und weiterführende Informationen:
M. Augustin, V. Schmiedel. Praxis Leitfaden Naturheilkunde. 2. neu bearbeitete Auflage. Jungjohann Verlagsgesellschaft. 1994
Enzymtherapie. Krebsgesellschaft Nordrhein-Westfalen e.V.
Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen
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