Die Fähigkeit zu Fasten ist eine der außerordentlichen Anpassungen, die der menschliche Stoffwechsel im Laufe der Evolution entwickelt hat. Fasten muss der Körper naturgemäß in Zeiten, in denen die Nahrung knapp wird oder ausbleibt. Das menschliche Überleben beruht allein auf der Fähigkeit in guten Zeiten Vorratsdepots anzulegen und diese in Notzeiten, nämlich während des Fastens, zu aktivieren. Diese Fähigkeit des menschlichen Körpers, eine Zeit lang auf Nahrung verzichten zu können, wird bei einer Fastenkur oder Fastentherapie gezielt genutzt und sie liegt in unseren Genen.
Eine Vielzahl von Fastenprogrammen eignet sich für Patienten mit bestimmten Erkrankungen und für Gesunde gleichermaßen. Bei Gesunden dienen die Fastenprogramme zur Vorsorge und in Verbindung mit einer anschließenden geeigneten Ernährungsumstellung auch zur dauerhaften Gewichtsreduktion.
Definition Fasten
Im Zentrum steht beim Fasten, den Nährstoffbedarf aus körpereigenen Reserven zu decken.
Fasten wird als die Fähigkeit bezeichnet, eine begrenzte Zeit den Nährstoffbedarf bei ausbleibender oder minimaler Nahrungsaufnahme über den Verdauungstrakt aus körpereigenen Reserven zu decken ohne dadurch gesundheitliche Nachteile auszulösen.
Im Vergleich zum Hungern, bei dem nicht freiwillig auf Nahrung verzichtet wird, setzt das Fasten einen freiwilligen Verzicht auf Nahrung voraus. Eine Entscheidung zum Fasten kann aber nicht erzwungen werden, weshalb sich eine Fastentherapie auch nicht gegen den Willen eines Betroffenen verordnen lässt.
Die Vorbereitung und die Nachbereitung beim Fasten
Das Fasten erfordert einige Vorbereitungszeit, denn vor dem Fasten empfehlen Experten eine Beratung sowie eine ärztliche Voruntersuchung. Bei einer Fastentherapie empfiehlt sich außerdem professionelle Begleitung, denn im Verlauf können verschiedene Nebenwirkungen auftreten, die in einigen Fällen den Abbruch der Fastenkur erfordern. Bei angeleiteter richtiger Durchführung entsteht kein Hungergefühl und eine gute Leistungsfähigkeit bleibt erhalten.
Fasten zur Gewichtsabnahme nur mit Nachbereitung
Fasten kann auch mit dem Ziel einer starken Gewichtsabnahme verbunden sein. Oft ist eine Gewichtsabnahme zum Beispiel bei Adipositas erwünscht. Doch Experten raten in solchen Fällen, in denen das Fasten allein zur Gewichtsreduktion dient, im Anschluss zu einer Nachbereitung in Form einer dauerhaften Ernährungsumstellung.
Nur mit anschließender Ernährungsumstellung ist ein langfristiger Abnehmerfolg verbunden. Ohne Ernährungsumstellung besteht dagegen nach dem Fasten sogar die Gefahr eines Jojo-Effekts, der in der Folge für weitere Gewichtszunahmen verantwortlich sein kann.
Eine Fastenkur beeinflusst den Menschen gesamtheitlich, das bedeutetet, Fasten nimmt Einfluss auf Körper, Seele und Geist. Aus der Praxis wird berichtet, dass Fasten als Erfahrung nicht nur Kranken, sondern auch Übergewichtigen und Gesunden, wertvolle Ansatzpunkte für eine Veränderung des Lebensstils inklusive einer Ernährungsumstellung bieten kann.
Die Fastentherapie
Eine Fastentherapie beinhaltet regelmäßige ärztliche Untersuchungen. Auf welche Weise das Fasten im Rahmen einer Fastentherapie empfohlen wird, hängt von den individuellen Umständen und im Krankheitsfall von den Untersuchungsergebnissen oder einer vorliegenden Diagnose ab.
Vor und während der Fastentherapie erfolgen regelmäßig spezielle ärztliche Untersuchungen. Kontrolluntersuchungen werden nach Bedarf wöchentlich vorgenommen.
Zu den notwendigen Untersuchungen bei einer Fastentherapie zählen:
- Ganzkörperstatus
- Orientierender neurologischer und psychologischer Status
- Grosses Blutbild, Elektrolyte, Leber- und Nierenparameter, Harnsäure, TSH basal
- Blutdruck
- Puls
- EKG
- Belastungs-EKG und weitere Untersuchungen nach Bedarf
Heilfasten nach Buchinger
Das Heilfasten nach Buchinger wird oft von Gesunden als vorbeugende Maßnahme zur Stärkung der Abwehrkräfte angewendet und dient darüber hinaus zur Therapie bei einer Vielzahl von chronischen Erkrankungen. Unter dem Heilfasten nach Dr.med. Otto Buchinger (1878-1966) fassen Experten das ärztlich betreute, stationäre und multidisziplinäre Fasten zusammen. Diese Fastenmethode berücksichtigt den Menschen sowohl medizinisch, als auch psychosozial und spirituell und strebt in allen Bereichen eine Stärkung an.
Eine Fastentherapie wird in der Regel nach individuellem Bedarf aus verschiedenen Elementen zusammengestellt.
Wesentlicher Bestandteil beim Heilfasten nach Buchinger sind die psychischen Veränderungen und die entstehende Gruppendynamik beim gemeinsamen Fasten. Das Buchinger Heilfasten umfasst außer der medizinischen und psychosozialen Ebene auch eine spirituelle Ebene mit einem natürlichen Zugang zu höheren Bewusstseinsebenen.
Die drei Dimensionen wirken bei dieser Form der Fastentherapie synergetisch.
Wie wird das Heilfasten nach Buchinger angewendet?
Beginn
Am ersten Tag beginnt das Heilfasten mit Abführmaßnahmen, z.B. durch eine Glaubersalzlösung. Beim Heilfasten nach Buchinger ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr notwendig. Die Teilnehmer trinken dazu täglich mindestens 2,5 Liter kalorienfreie Flüssigkeit wie Mineralwasser und ungesüßten Tee. Zudem erhalten sie eine Kalorienzufuhr von maximal 500 kcal über Obstsäfte und Gemüsesäfte, Honig oder Gemüsebrühe. Buttermilch ermöglicht längere Fastenzeiten. Verwendet werden für das Heilfasten nach Buchinger ausschließlich frische und naturbelassene Lebensmittel.
Fastenbrechen
Am letzten Fastentag beginnt beim Heilfasten nach Buchinger das sogenannte Fastenbrechen. Die Fastenden beginnen mit dem Fastenbrechen langsam wieder Essen aufzunehmen. Zunächst in Form pflanzlicher Kost, zum Beispiel Apfelkompott und später Kartoffelsuppe.
Aufbautag
An das Fastenbrechen schließt sich beim Heilfasten nach Buchinger die Aufbauzeit an, in der die Kalorienaufnahme zu Beginn etwa 800 kcal beträgt. Die Kalorienzahl wird täglich gesteigert, bis am 4. Tag ca. 1600 kcal erreicht sind. Bestimmt wird die Ernährung in dieser Zeit von faserreicher, ovo-lacto-vegetarischer Kost (bestehend aus Eiern, Milch und Pflanzen). Eine spontane Darmentleerung ist beim Heilfasten am 3. bis 4. Aufbautag vorgesehen.
Zusätzliche Nährstoffe erhält der Fastende nach individuellem Bedarf.
Begleitende Therapiemaßnahmen beim Buchinger Heilfasten
Das Heilfasten nach Buchinger wird neben der medizinischen Grundversorgung auch von verschiedenen Therapiemaßnahmen unterstützt. Zum Programm gehören in der Regel verschiedene Gruppenangebote, z.B. im Bereich
- Darmhygiene
- Körperliche Bewegung, z.B. Gymnastik, Tanzen, Wandern, Schwimmen
- Entspannungsübungen, z.B. Progressive Muskelentspannung (PME), Yoga, Autogenes Training
- Körperliche Behandlungen, z.B. Massagen, Leberwickel und Packungen
- Ernährungswissen inklusive Zubereitungstraining
- Spirituelle und inspirative Übungen, z.B. Kreativkurse, Meditationen
Weitere unterstützende Therapiemaßnahmen beim Buchinger-Heilfasten sind beispielsweise
- Sauna
- Kneipp-Anwendungen
- Individuelle Krankengymnastik
- Sonne und frische Luft
- Röder-Therapie
- Massagen
- Geistig-spirituelle Aktivitäten wie Stille oder Schweigen
Häufig lassen sich beim Buchinger Heilfasten nach Bedarf verschiedene Therapiemaßnahmen wie Spezialmassagen, verschiedene Packungen oder spezielle physiotherapeutische Behandlungen zusätzlich buchen.
Auch die inneren Prozesse werden beim Buchinger Heilfasten professionell begleitet. Bei möglicherweise auftretenden Krisen, die auch Heilkrisen sein können, findet eine fachgerechte Aufarbeitung statt.
Therapiedauer beim Buchinger-Fasten
Das therapeutische Buchinger-Fasten dauert zwischen 2 und 4 Wochen. Die Dauer hängt individuell von der Ausgangssituation und dem Verlauf der Fastentherapie ab.
Einsatzgebiete und Gegenanzeigen
Fasten nimmt Einfluss auf eine Vielzahl von Erkrankungen. Häufig wird es bei folgenden Erkrankungen eingesetzt:
- Erkrankungen des Herz- Kreislaufsystems
- Chronisch-entzündliche Erkrankungen
- Metabolische Erkrankungen, z.B. Diabetes Mellitus Typ 2, Adipositas
- Chronisches Schmerzsyndrom
- Atopische Erkrankungen
- Psychosomatische Störungen
Gegenanzeigen
Wer darf nicht fasten? Menschen, mit bestimmten Erkrankungen oder in bestimmten Lebensumständen kann keine Fastentherapie empfohlen werden.
Dazu zählen etwa:
- Schwangere
- Stillende
- Personen mit Kachexie (Körperliche Auszehrung)
- Magersucht
- Demenz
- Leber- oder Niereninsuffizienz
Auch für Menschen, die auf bestimmte Medikamente angewiesen sind, ist individuell abzuklären, ob und in welchem Umfang eine Fastentherapie möglich ist, da das Fasten die Wirkungsweise von Medikamenten ungünstig beeinflussen kann.
Zu diesen Medikamentengruppen zählen:
- Antidiabetika
- Antihypertonika
- Nicht-steroidale Antirheumatika
- Systemische Kortikoide
- Antiepileptika
- Psychopharmaka
- Kontrazeptiva
- Antikoagulantien
Wer sollte nur unter ärztlicher Aufsicht fasten?
Nur unter fachärztlicher Begleitung wird Menschen mit folgenden Erkrankungen die Fastentherapie empfohlen:
- Suchterkrankungen
- Psychosen
- Diabetes Mellitus Typ 1
- Bösartige Erkrankungen
- Fortgeschrittene Gefäßerkrankungen
- Netzhautablösung
- Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüre
Fasten für Gesunde
Das Kurzfasten
Das Fasten für Gesunde bezeichnet ein Kurzfasten, das gleichermaßen durch Ärzte und ausgebildete Fastenleiter betreut werden kann. Das Kurzfasten kann man auch zuhause praktizieren. Fasten für Gesunde dauert in der Regel nicht länger als 7 Tage.
Fastenformen und Fastenorte
Das Fasten findet in der Regel nach individueller Voraussetzung und Situation statt. Nach Art der Betreuung ist das Fasten insgesamt an folgenden Örtlichkeiten möglich:
- Stationärer Klinikaufenthalt mit ärztlicher Begleitung
- Ambulantes Fasten mit ärztlicher Begleitung durch niedergelassene Ärzte
- Zuhause Fasten mit Begleitung durch fachlich geschulte Fastenleiter/innen
Neben den üblichen Fastenformen wird auch das Fastenwandern oder die Fastenkur angeboten. Fastenkuren und Fastenwandern werden häufig auch von Fastenhotels angeboten, in denen man gleichzeitig den Urlaub verbringen kann.
Krankenkassen übernehmen Kosten für die Fastentherapie nach Verordnung
Die Kostenübernahme bei Heilfastentherapie ist an bestimmte Voraussetzungen gebunden. Die Kosten für eine stationäre Heilfastentherapie werden nach entsprechender ärztlicher Verordnung und bei Feststellung der medizinischen Notwendigkeit von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Auskünfte geben Ärzte, Krankenversicherungen und der zuständige Kostenträger.
Übernommen werden von gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für eine Fastentherapie allerdings nur, wenn sie von zertifizierten Ärzten und Therapeuten durchgeführt wird.
Allgemeine Informationen zu Kostenübernahme und Zahlungen bei Reha und Alternativen Heilbehandlungen erhalten Sie in unserem Bericht: Kostenübernahme und Eigenteil bei Reha und Naturheilverfahren
Weitere naturheilkundliche Fastenmethoden
Verwandte naturheilkundliche Methoden zum Fasten sind:
- F.X. Mayr-Therapie: Dreistufige Darmsanierungskur des österreichischen Arztes Dr. F.X. Mayr bestehend aus Tee-Wasser-Fasten, Milch-Semmel-Diät und Ableitungsdiät.
- Schrothkur: Vegetarische kohlenhydratbetonte Kostform des Fuhrmanns Johann Schroth, nach der Trockentage im Wechsel mit kleinen und großen Trinktagen eingesetzt werden. Dazu kommen verschiedene Ausscheidungsverfahren wie z.B. die Dunstwickeln.
- Molkekur: Proteinmodifiziertes Fasten
- Schleimfasten: Fastenkur mit Hafer oder Buchweizen
- Teefasten
- Wasserfasten
- Basenfasten
Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 11/2016 | aktualisiert 01.02.2023
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Quellen und weiterführende Informationen:
- F. Wilhelmi de Toledo, A. Buchinger, H. Burggrabe et al. Leitlinien zur Fastentherapie
- Ärztegesellschaft. Leitlinie zur Fastentherapie
- Ärztegesellschaft Heilfasten und Ernährung e. V. Fasting therapy – an expert panel update of the 2002 consensus guidelines. Forsch Komplementmed. 2013;20(6): 434-43. doi: 10.1159/000357602. Epub 2013 Dec 16
- Buchinger A, Lindner BN. Original Buchinger Heilfasten. Stuttgart, Hüthig, 2000
- Buchinger O. Das Heilfasten und seine Hilfsmethoden als biologischer Weg. 23. Aufl. Stuttgart, Hippokrates. 1999
- Biesalski, H.K. Ernährungsmedizin. Georg Thieme Verlag. New York 1995
Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen
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