In zahlreichen Haushalten findet sich das Raumgift Formaldehyd (CH20), das Experten zufolge als durchaus gesundheitsschädlich einzuordnen ist, wenn Bewohner ihm über einen gewissen Zeitraum in höheren Konzentrationen ohne ausreichende Gegenmaßnahmen ausgesetzt sind.

Bereits 2004 stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Reizgas Formaldehyd als gesundheitsschädlich ein und empfiehlt einen Richtwert – in Deutschland gilt er seit 2016. Obwohl die Verarbeitung bis zu einer Menge vom 100 Mikrogramm pro Kubikmeter der Gefahrstoff zulässig ist, löst das Raumgift bei einigen Menschen schon weit unterhalb dieses Wertes körperliche Reaktionen aus.

Welche Beschwerden verursacht das Raumgift Formaldehyd?

Das in vielen Möbeln, Bodenbelägen und weiteren Raumausstattungsprodukten enthaltene farblose Formaldehyd gast bei Zimmertemperatur aus und wirkt beim Einatmen nicht nur reizend auf die Schleimhäute der Atemwege und Augen.

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Neben einer verstopften Nase oder einem wässrigen Schnupfen, kann sich Formaldehyd in der Atemluft von Innenräumen außerdem durch Beschwerden wie Augenbrennen oder ein Stechen in Hals und Nase zeigen. Kopfschmerzen zählen ebenfalls zu den typischen Beschwerden, die vorübergehend auftreten  können.

Formaldehyd ist einer der Hauptauslöser von MCS, der Multiplen Chemischen Sensitivität, die unter den Umwelterkrankungen am häufigsten diagnostiziert wird.

2014 wurde der Gefahrstoff von der EU als krebserregend eingestuft und ist oberhalb des zulässigen Grenzwertes nicht erlaubt. Formaldehyd in Möbeln und anderen holzhaltigen Bauteilen gilt als langlebig und kann noch Jahrzehnte nach der Herstellung ausgasen.

Formaldehyd: Gefahrstoff in der Gestis Stoffdatenbank

Eine akut toxische Wirkung kann Formaldehyd aber nicht nur beim Einatmen entfalten, auch ein Hautkontakt sowie das Verschlucken sind gesundheitsschädlich, wie dem Datenblatt der Gestis Stoffdatenbank der Deutschen Unfallversicherung (DGUV) zu entnehmen ist. Bei Hautkontakt kann es zu allergischen Reaktionen kommen.

Wie lässt sich Formaldehyd in der Raumluft erkennen?

Ob sich Formaldehyd in der Raumluft befindet, lässt sich häufig schon am Geruch erkennen, wenn die Konzentration einen Wert von mindestens 0,125 ppm aufweist. Das Reizgas verbreitet einen säuerlich stechenden und beißenden Geruch. Doch bereits weit unterhalb der Geruchsschwelle kann es die Augenschleimhäute reizen.

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Möglichkeiten zum Nachweis von Formaldehyd in der Raumluft

Zur Messung der Formaldehydkonzentration gibt es verschiedene Messgeräte, von denen die meisten über elektronische Sensoren verfügen und die Raumluft in Echtzeit bestimmen.

Eine weitere Option zur Bestimmung der genauen Konzentration von Formaldehyd in der Raumluft bieten Prüfröhrchen, die nach der Probenahme im Labor analysiert werden.

In Innenräumen ist der Grenzwert von 0,1 ppm für Formaldehydkonzentrationen maßgeblich. Bei einer nachweislichen Überschreitung kann es für den Verantwortlichen durchaus zu rechtlichen Konsequenzen kommen, wenn die Schadstoffquelle zweifelsfrei zugeordnet werden kann, da es sich um einen Mangel handelt.

Maßnahmen gegen Formaldehyd in der Raumluft

Um hohe Formaldehydkonzentrationen aus der Raumluft zu reduzieren, gilt häufigeres tägliches Stoßlüften als wirksames Mittel.

Experten raten außerdem, beim Anbringen von Küchen- oder Badmöbeln an den Außenwänden einen kleinen Abstand zu halten, damit eine Hinterlüftung gewährleistet ist.

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Spezielle Zimmerpflanzen wie etwa der Gummibaum, die Areca Palme, die Birkenfeige oder der Efeu neutralisieren größere Anteile von Formaldehyd aus der Raumluft. Neutralisieren lässt sich das Raumgift auch durch spezielle Luftreinigungsgeräte oder Lüftungssysteme.

Umweltsiegel gewährleisten Schadstoffprüfungen

Formaldehyd in der Raumluft lässt sich grundsätzlich durch den Kauf von schadstoffgeprüften Produkten reduzieren, auf die man bereits bei der Raumausstattung achten kann.

Gütesiegel wie der „Blaue  Engel“ oder Kennzeichnungen wie DIN EN ISO 14021 oder DIN EN ISO 14025 gewährleisten dabei eine unabhängige Überprüfung und berücksichtigen zudem den Umweltaspekt.

Baustoffe und Produkte zur Raumausstattung mit Gütesiegel oder Kennzeichnungen kommen teilweise ganz ohne Formaldehyd oder mit wesentlich weniger Formaldehyd aus, als die Grenzwerte erlauben. Beispielsweise gelten formaldehydfreie Leime, biobasierte Wandfarben oder luftreinigende Rigipsplatten als beliebte Alternativprodukte. Eine vollkommen formaldehydfreie Dämmung liefert unter anderem Schafwolle.

Küchen und Badmöbel, die vollständig formaldehydfrei sind, bestehen in der Regel aus reinem Naturholz.

Feuchträume verursachen höhere Formaldehydkonzentrationen

Räume wie die Küche oder das Bad verfügen  tendenziell über eine höhere Luftfeuchtigkeit durch den frei werdenden Wasserdampf beim Kochen oder Duschen. Damit sind Küchen- und Badmöbel neben mehr Raumfeuchte auch Temperaturschwankungen ausgesetzt, die nicht nur die Schimmelbildung fördern, sondern auch mehr Formaldehyd freisetzen.

Formaldehyd wird nicht nur im Möbelbau eingesetzt

Formaldehyd ist natürlich in Holz enthalten und besitzt unter anderem die positive Eigenschaft, Hefen oder Schimmelpilze abtöten zu können. Seine stark konservierende Wirkung macht ihn deshalb zum beliebten Werkstoff für Bauteile aus Holz. Spezielle Harnstoff-Formaldehyd-Harze sind in Form von Klebstoff, Leim oder als Feuchtigkeitsschutz Bestandteil vieler Möbel und Bauteile für den Fertigbau und Innenausbau von Gebäuden. In manchen Produkten beträgt der Formaldehydanteil bis zu 25 Prozent.

Die Substanz zeigt weitere positive Eigenschaften in Verbindung mit anderen Stoffen. Kombiniert man Formaldehyd mit unterschiedlichen Füllstoffen wie Quarzsand oder Textilfasern, gewinnt man etwa stabile Kunststoffprodukte oder effektive Dämmstoffe wie Polyurethan, Schäume oder Schwämme. In Form von Melaminharz lässt sich daraus beispielsweise ein Kunststoffgeschirr mit hoher Bruchfestigkeit herstellen. Auch zur Textilveredlung eignet sich Formaldehyd.

Im medizinischen Bereich kommt Formaldehyd als Bestandteil von Impfstoffen, zur Haltbarmachung von Präparaten sowie zur Desinfektion und Sterilisation zur Anwendung. Formaledhydabspalter kommen sogar in Kosmetikprodukten wie Nagellack vor.

Neben weiteren Schadstoffen wie den hormonell wirksamen Weichmachern, zählt auch das unsichtbare Gas Radon zu den gesundheitsschädlichen Raumgiften, die in Wohnhäusern wirksam werden.

Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 24.03.2024
Bildquelle Titelbild © Foto von Kampus Production auf Pexels.com

Quellen und weiterführende Informationen:

Formaldehyd: Verwendung und Gefährdung. Joachim Herz Stiftung

Gestis Stoffdatenbank

Formaldehyd. Umweltbundesamt

Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen

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