Gicht (Urikopathie) ist eine der Erkrankungen, die Mediziner direkt auf die Ernährung zurückführen. Seit dem zweiten Weltkrieg zählt die Wohlstandskrankheit Gicht zu den häufigsten ernährungsmitbedingten Krankheiten bei Erwachsenen. Etwa 10 bis 30 Prozent der Männer und 2 bis 6 Prozent der Frauen sind von Gicht betroffen. Im Laufe des Lebens entwickelt nahezu jeder Zehnte Gicht. Die Erkrankung tritt häufig gemeinsam mit Übergewicht, Diabetes mellitus, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen auf. Bei jedem zweiten Gichtkranken werden außerdem Nierensteine diagnostiziert.

Gicht ist eine Erkrankung des Purinstoffwechsels

Es handelt sich bei Gicht um eine schmerzhafte, schubweise verlaufende rheumatische Stoffwechselerkrankung. Bei Gicht ist der Purinstoffwechsel beeinträchtigt, wodurch es unbehandelt zu Ablagerungen von Harnsäurekristallen (Urat) in verschiedenen Gelenken und Geweben kommen kann. Die Ablagerungen können von Gelenkveränderungen bis hin zur Zerstörung von Knorpeln führen. Langfristig kann Gicht außerdem zu Nierenschäden führen.

Purine und Harnsäure

Purine sind wichtige Bausteine der Nukleinsäuren. In Form von Stickstoffverbindungen sind sie ein wichtiger Bestandteil der menschlichen, tierischen und pflanzlichen Erbsubstanz. Purine aus tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln werden im menschlichen Organismus zu Harnsäure abgebaut. Aus 1 mg Purinen entstehen 2,4 mg Harnsäure.

Normalwerte Harnsäurespiegel

Während die Normalwerte des Harnsäurespiegels bei Männern zwischen 3,5 und 7 mg/dl (Milligramm per Deziliter) betragen, liegen die Normalwerte bei Frauen zwischen 2,5 und 5,7 mg/dl.

Entstehungsprozess der Gicht

Viele Menschen tragen unbemerkt das Risiko in sich, wegen zu hoher Harnsäurewerte an Gicht zu erkranken. Bei der Entstehung der Gicht sorgen Purine, die in pflanzlichen und tierischen Eiweißen aus der Nahrung enthalten sind, für eine dauerhaft erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut (Hyperurikämie). Grund dafür ist, dass durch den Abbau der Purine im Körper mehr Harnsäure gebildet wird, als über die Nieren und den Darm ausgeschieden werden kann. Das kann dazu führen, dass sich überschüssige Harnsäure in Form von Kristallen in Gelenken, Geweben und Organen ablagert.

Symptome und Krankheitsverlauf bei Gicht

Ein akuter Gichtanfall tritt oft überraschend während der Nacht auf und kann beispielsweise durch exzessives Essen oder Trinken ausgelöst werden. Die Beschwerden lassen häufig morgens wieder nach. Der schmerzhafte Gichtanfall kehrt aber manchmal in den nächsten 3 bis 5 Tagen zurück und kann dann bis zu 10 Tage andauern. Betroffen ist dabei in 60 Prozent der Fälle das Grundgelenk der großen Zehe. Insgesamt sind Fuß- und Beingelenke bei Gichtanfällen 10 mal häufiger betroffen, als Gelenke der oberen Körperteile.

Mögliche Gichtsymptome und Begleiterscheinungen

Die Gicht geht häufig mit rötlich-violetter Schwellung des betroffenen Gelenks und extremen Schmerzen einher. Begleitet werden kann sie zudem von Kopfschmerzen, Fieber oder einem erhöhten Puls. Weitere mögliche Begleiterscheinungen sind Erbrechen und ein allgemeines Krankheitsgefühl.

Ein unbehandelter Gichtanfall ist gefährlich

Ein einzelner Gichtanfall, der schnell und konsequent behandelt wird, bleibt meist folgenlos. Bei fehlender, falscher oder ungenügender Behandlung, kann dieser Gichtanfall jedoch zum lebenslänglichen Problem werden.

Die chronische Gichterkrankung kommt schleichend

Der nächste Gichtanfall kann unbehandelt erst Jahre später auftreten, aber die Abstände verkürzen sich und die Erkrankung wird chronisch.

Gicht und ihre Folgen

Die chronische Gicht kann verschiedene Folgen haben.

LESETIPP

Orangensaft senkt Risiko für Gicht

Orangensaft senkt Risiko für Gicht

Zu den Folgen von Gicht zählen neben schmerzhaften Entzündungen auch Gichtknoten sowie die Gichtniere. Es kann außerdem zu chronischen  Gelenkveränderungen und der Zerstörung von Knorpeln, Sehnen und Knochen kommen.

Weitere mögliche Folgen sind Nierensteine und Darmkoliken, seltener tritt Nierenversagen auf.

Ursachen der Gicht

Die Entstehung der Gicht kann unterschiedliche Ursachen haben. Abhängig von der Ursache unterscheiden Mediziner die primäre und die sekundäre Form der Gicht.

Primäre Form der Gicht

Bei der primären Form der Gicht ist die Harnsäureausscheidung über die Nieren durch genetische Veranlagung gestört. Nur mit purinarmer Ernährung kann ein Harnsäurerückstau verhindert werden.

Sekundäre Form der Gicht

Bei der sekundären Form der Gicht werden die Gichtanfälle durch unterschiedliche Faktoren ausgelöst, die einen erhöhten Harnsäurespiegel verursachen. Zu den auslösenden Faktoren zählen neben Nierenerkrankungen, Tumorerkrankungen und Blutarmut (Anämie) auch Diabetes Mellitus.

Auch ein häufig erhöhter Alkoholkonsum, besonders Bier und eine ungesunde Ernährung können die sekundäre Gicht auslösen.

Weitere Auslöser sind diverse, auch harntreibende Medikamente sowie plötzliches Fasten.

Therapie bei Gicht

Die Hyperurikämie ist gut behandelbar. Der Betroffene kann mit Gicht ein beschwerdefreies Leben führen, wenn er die Ernährungsempfehlungen täglich einhält, die Medikamente regelmäßig einnimmt und in den empfohlenen Abständen seine Harnsäurewerte kontrollieren lässt. Bei Betroffenen wird je nach Krankheitsursache und Auswirkung der Gicht-Therapie auf den Harnsäurespiegel, entweder die Harnsäureausscheidung gesteigert oder die Harnsäurebildung reduziert. So können weitere Komplikationen in der Regel vermieden werden.

Akute Therapie eines Gichtanfalls

Ein akuter Gichtanfall wird medikamentös zum Beispiel durch das Gift der Herbstzeitlosen (Colchicin), Ibuprofen, Diclofenac oder Cortisol unterbrochen und die Schmerzen klingen bei stündlicher Gabe in der Regel innerhalb weniger Stunden ab. Die Medikamente können unterschiedlich starke Nebenwirkungen haben.

Dauertherapie bei Gicht

Ziel der anschließenden Dauertherapie mit Colchicin in niedrigen Dosen ist es, den Harnsäurespiegel dauerhaft zu normalisieren, um weitere Gichtanfälle und eine Chronifizierung zu verhindern. Die gleichzeitige Umstellung der Ernährungsgewohnheiten sowie ein entsprechendes Gewichtsmanagement sind ebenfalls im Rahmen einer Langzeittherapie bei Gicht erforderlich.

Bei Hyperurikämie werden Lebensmittel mit niedrigem Säuregehalt empfohlen

Die Tabelle beinhaltet nur einzelne Beispiele von Lebensmitteln mit niedrigem Säuregehalt, die bei Gicht empfohlen werden. Es lassen sich den einzelnen Gruppen aber noch viele weitere Lebensmittel zuordnen.

Langzeittherapie bei Gicht ist eine Ernährungsumstellung

Experten halten eine Ernährungsumstellung für erforderlich. Gesunde vollwertige Ernährung nach Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) kann positiven Einfluss auf die Höhe der Medikamentengabe bei Gicht nehmen.

Bei Gicht wird den Betroffenen eine purinarme Kost empfohlen, die maximal 500 mg Harnsäure pro Tag enthält. Es sollten nicht mehr 3000 mg Harnsäure in der Woche sein. Experten empfehlen außerdem höchstens 1 mal pro Tag 100 g Fleisch, Fisch oder 50 g Wurst zu verzehren, wobei Innereien und die Haut vom Schwein, Geflügel oder Fisch gemieden werden sollen. Kochen laugt die Purine aus und ist deshalb günstiger als braten.

Zu bevorzugen sind Milch und Milchprodukte als Eiweißlieferanten. Neben einem weitgehenden Verzicht auf Alkohol ist zudem eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zur Senkung der Harnsäurekonzentration im Blut wichtig. Pro Tag sollten mindestens 2 Liter Flüssigkeit aufgenommen werden.

Neben der Regulierung von bestehendem Übergewicht wird Betroffenen auch empfohlen, dauerhafte Übergewicht zu vermeiden.

Verschiedene Lebensmittel werden bei erhöhten Harnsäurewerten empfohlen

Die Tabelle beinhaltet nur einzelne Beispiele von den bei Gicht empfohlenen Lebensmitteln aus jeder Gruppe. Es lassen sich den einzelnen Gruppen viele weitere Lebensmittel zuordnen.

Purinarme und purinfreie Lebensmittel  Lebensmittel mit mittlerem Puringehalt  Lebensmittel mit hohem Puringehalt 
Kartoffeln Wild, Geflügel, Fleisch und Fleischerzeugnisse Innereien
Gemüse und Blattsalate Fisch Ölsardinen, Sardellen, Sprotten, Hering, Makrele
Eier Spinat, Brokkoli, Lauch, Bohnen, Champignons Geflügelhaut, Fischhaut
Milch und Milchprodukte, Käse Kohlgemüsearten wie Rotkohl, Wirsing, Blumenkohl  Fleischextrakt, Boullion
Obst, Nüsse Champignons  Krustentiere
 Reis Vollkorngetreide  Hülsenfrüchte
 Teigwaren

Quelle MRI.TUM. Ernährungsempfehlungen bei Hyperurikämie und Gicht. Stand 04/2011

Purinarme Lebensmittel
Der Verzehr wird uneingeschränkt empfohlen. Der Harnsäuregehalt der Lebensmittel beträgt unter 50 mg/pro 100 g oder pro Portion.

Lebensmittel mit mittlerem Puringehalt
Der Verzehr wird nur eingeschränkt empfohlen und sollte eine Mahlzeit pro Tag nicht überschreiten. Der Harnsäuregehalt der Lebensmittel beträgt zwischen 50-150 mg/100 g oder pro Portion.

Lebensmittel mit hohem Puringehalt
Der Verzehr sollte gemieden oder deutlich eingeschränkt werden. Der Harnsäuregehalt der Lebensmittel beträgt mehr als 150 mg/100 g oder pro Portion.

Bildquelle: © drubig-photo/Fotolia.com ID 62765051 (stock.adobe.com)
Text: Katja Schulte Redaktion
Datum: 10/2016 | aktualisiert 30.12.2022

Quellen und weiterführende Links:

Engel B., Prautzsch H. et al. Leitlinie S1. Häufige Gichtanfälle und Chronische Gicht in der hausärztlichen Versorgung. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizi AWMF-Registernr. 053/032a (Stand 09/2013)

Eiter Josefa, Eder Gerlinde, Mair Maria: Ernährungslehre und Diätetik. 8.Auflage. 2008. Trauner Verlag.

Innere Medizin. 7. Auflage. Weisse Reihe Band 4. 2004. Elsevier GmbH. Urban und Fischer Verlag.

Biesalski, H.K. Ernährungsmedizin. Nach dem Curriculum der Bundesärztekammer und der DGE. 2010. Verlag Thieme

Schattenkirchner M, Gröbner W (2000) Arthropathia urica. In Miehle W, Fehr K, Schattenkirchner M, Tillmann K (Hrsg) Rheumatologie in Praxis und Klinik. Thieme, Stuttgart New York

Köhnke, Kerstin. DGE-Infothek-Essen und Trinken bei Gicht. 2.aktualisierte Auflage 2014

Max-Rubner-Institut.  Medizinische Einrichtungen Hyperurikämie

Verbraucherportal VIS Bayern. Ernährung bei Hyperurikämie

Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen

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