Glutaminsäure ist eine proteinogene Aminosäure, die in Form von Glutamin (GLU) in den Körperzellen gespeichert wird und dort einige zentrale Funktionen übernimmt. Zwar gilt Glutamin selbst nur als bedingt lebensnotwendig, dennoch spielt die Substanz sowohl bei der Bildung von Proteinen (Proteinsynthese) wie auch als Zwischenprodukt in verschiedenen Stoffwechselprozessen, als Stickstofflieferant und Energiesubstrat eine wichtige Rolle.

Glutamin bildet einen der wesentlichen Bestandteile beim lebensnotwendigen Antioxidans Glutathion und sorgt so für die Entgiftung von toxischem Ammoniak. Glutamin bildet außerdem die Vorstufe der Aminosäure L-Arginin und beeinflusst dadurch indirekt den Blutkreislauf. Sie bildet außerdem das Säureamid, das in den größten Mengen im menschlichen Körper vorkommt.

Die Aminosäure kann in nahezu allen Körpergeweben gebildet werden.

Einflussbereiche von Glutaminsäure, Glutamin und Gamma-Aminobuttersäure (GABA)

Für die Körperzellen bildet Glutamin die wichtigste Energiequelle. In dieser Funktion wird es von vielen Körpergeweben abgebaut, um Energie zu produzieren.

Neben seiner wichtigen Aufgabe im Blutkreislauf wirkt es zusammen mit der Aminosäure Cystein antioxidativ gegen zellschädigende Freie Radikale, denn aus diesen beiden Aminosäuren entsteht Gluthation, das Wissenschaftler als wichtigstes Antioxidans im Körper bezeichnen. Antioxidantien bekämpfen zellschädigende Freie Radikale und sorgen so für den Abbau von oxidativem Stress, der das Krebsrisiko erhöht und für vorzeitige Alterung verantwortlich gemacht wird. Deshalb sind Antioxidantien, zu denen auch bestimmte Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe zählen, unentbehrlich für den Zellschutz.

Ebenso für die weißen Blutkörperchen und für die Darmwand ist es unentbehrlich. Glutamin schützt und stärkt die Darmschleimhaut (Mukosa) und ist ebenfalls wichtig für Neubildung und Regeneration von Darmschleimhautzellen. Allein im Darm werden 40 Prozent des im Körper produzierten Glutamins verbraucht.

Eine weitere bedeutende Funktion übernimmt Glutamin bei der Stabilisierung des Blutzuckerspiegels. Es hält den Blutzuckerspiegel im Gleichgewicht, denn es kann von der Leber aufgenommen und in Glukose umgewandelt werden.

Auch ist Glutamin erforderlich, um das Heat-Shock-Protein 70 herzustellen. Hitzeschockproteine (HSP) gelten als die erste Schutzbarriere für Zellen, die unter Stress geraten. Diese Proteine sind wichtig für die Zellintegrität und sorgen für funktionsfähige Signalwege ohne die die Zelle nicht überlebensfähig ist und ohne die sie auch ihre Funktionen nicht ausüben kann.

Glutamin übt außerdem eine beruhigende Wirkung aus.

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Orthomolekulare Medizin

Orthomolekulare Medizin (Nährstofftherapie)

Neben diesen Funktionen wirkt Glutamin auch im Gehirn. Hier wird es in die wichtige Substanz Gamma-Aminobuttersäure (GABS oder GABA) umgewandelt. GABA ist der wichtigste Botenstoff an den hemmenden Synapsen. In Form von GABA wirkt Glutamin beruhigend und besänftigend auf die Nervenbahnen. Medikamente wie Valium wirken beruhigend, weil sie die GABA aktivieren.

Untersuchungen ergaben auch, dass Glutaminsäure (Glutamat) bei Säuglingen für die Entwicklung nach der Geburt wichtig ist, um im Gehirn die plastischen Verknüpfungen von Neuronen auszubilden.

Eine Unterversorgung mit Glutamin kann zu Problemen führen

In ein einigen Lebenssituationen ist der Glutaminbedarf stark erhöht. Auslöser können starke körperliche Belastungen, Stress oder etwa auch zu geringe Nahrungsaufnahme sein. Glutamin zählt zu den bedingt-unentbehrlichen Aminosäuren und unter normalen körperlichen Bedingungen kann der Körper selbst ausreichend Glutamin bilden. Allerdings kann es zu einer Unterversorgung kommen, wenn der Bedarf stark erhöht ist oder die Produktionsfähigkeit im Körper gestört ist.

Grund für die Glutaminverarmung ist das Hormon Cortisol, durch dessen Anstieg in belastenden Situationen ein Großteil der im Körper vorhandenen Glutaminmenge verlorengeht. Der starke Anstieg des Cortisolspiegels löst außerordentlichen oxidativen Stress im Körper aus, der an die Reserven gehen kann. Experten sprechen von bis zu 30 Gramm Glutamin, die durch mehrstündige Ausdauerbelastungen verbrannt werden können. Dieser besondere Mehrbedarf löst aber nicht nur eine Störung des Wasserhaushalts in den Körperzellen aus, sondern führt gleichzeitig zu einer extremen Verschlechterung im Proteinstoffwechsel. Denn das herrschende Defizit an Glutamin versucht der Körper auszugleichen, indem er vermehrt Glutamin aus den Aminosäuren Arginin, Histidin und Prolin sowie aus der Ketoglutarsäure herstellt – doch das gelingt ihm in Extremsituationen kaum.

Diese Prozesse führen insgesamt dazu, dass nicht mehr ausreichend Glutamin im Körper vorhanden ist, um das lebenswichtige Glutathion herzustellen. Ist dieser Zustand einmal erreicht, kann die Muskulatur erst dann wieder Aminosäuren und Kohlenhydrate aufnehmen, wenn sich der Glutaminspiegel in den Normbereich zurück bewegt hat. So ist es bei außerordentlicher Belastung durchaus möglich, dass der Glutaminspiegel im Plasma wochenlang vermindert ist und der Körper in dieser Zeit zu erhöhter Infektanfälligkeit neigt. Studien dazu ergaben, dass oxidativer Stress mit der Glutaminverarmung gekoppelt ist.

Ursachen für eine Glutaminunterversorgung

Verschiedene Ursachen können für eine Glutamin-Unterversorgung verantwortlich sein. Ein erhöhter Bedarf besteht insbesondere durch ein starkes Wachstum sowie die reduzierte Nahrungsaufnahme.

Aber auch große Operationen, Verbrennungen, Verwundungen oder schwere Verletzungen sowie auch chronische Entzündungen können zur Glutaminunterversorgung führen.

Weitere Ursachen bilden unter anderem Stress, Immunschwäche oder intensive körperliche Belastungen. Ebenso exzessives Training oder Wettkämpfe im Sport, zum Beispiel ein Marathonlauf kann zur Unterversorgung mit dem Nährstoff führen.

Magenschleimhautentzündungen sowie Geschwüre und chronische Erkrankungen im Magen- Darmtrakt sind in vielen Fällen weitere auslösende Faktoren.

Anwendung von Glutamin

Der Einsatz kann verschiedene Regionen betreffen, denn Glutamin und seine Stoffwechselprodukte beeinflussen viele Körperbereiche entscheidend. Angewendet wird es bei einer Unterversorgung in Form von speziellen Glutamin-Nahrungsergänzungen (Supplementen).

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L-Arginin

L-Arginin: Funktionen, Anwendung und Lebensmittel

Die Anwendung erfolgt häufig zur Beruhigung, zur Steigerung der antioxidativen Kapazität und auch bei Alkoholismus und zur Stärkung des Immunsystems.

Weitere Anwendungsbereiche sind Stress, hoher Blutdruck und Krebserkrankungen sowie entzündliche Magen-Darmerkrankungen und Darmschäden.

Auch bei exzessivem Sport und starken körperlichen Belastungen kommt Glutamin oft zur Anwendung.

Außerdem wird Glutamin nach großen Operationen sowie schweren Verbrennungen und allgemeinen Infektionen eingesetzt. Bei Alkoholikern kann Glutamin auch eingesetzt werden, um Angstzustände zu verringern und das Verlangen zu unterdrücken.

Im Verbund mit der Aminosäure Cystein eingenommen, erhöht eine Glutamingabe die antioxidative Kapazität im Darm und in der Leber, da es die Glutathion-Spiegel in diesen Organen erhöht.

Bei Bluthochdruck kann GABA einen erhöhten Blutdruck senken.

Reizbare, nervöse, schlaflose oder ängstliche Personen erhalten beruhigend wirkende Gaben von Glutamin, das der Körper in GABA umwandelt. Glutamin kann bei körperlichem Stress das Immunsystem stärken, in dem es die weißen Blutkörperchen anregt, die für die Immunabwehr verantwortlich sind.

Bei Krebserkrankungen lassen sich durch Glutamingabe unerwünschte Nebeneffekte der Chemotherapie abmildern.

Für Patienten nach Darmoperationen oder für Patienten, die unter entzündlichem Durchfall leiden oder von entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa betroffen sind, bietet die Glutaminsupplementierung eine wichtige Energiequelle für die Darmzellen.

Glutamin wird auch bei erhöhter Darmdurchlässigkeit genutzt. Es wirkt außerdem Schäden an den Innenwänden des Verdauungstrakts entgegen, die zum Beispiel durch Magengeschwüre, Aspirin oder Magenschleimhautentzündungen (Gastritis) ausgelöst wurden.

In Stressphasen unterstützt Glutamin den Körper und deckt den erhöhten Bedarf.

Zufuhr von Glutamin

Für Glutamin hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) keine Zufuhrempfehlung ausgegeben. In der Nährstofftherapie (Orthomolekularen Medizin) liegen die üblichen Dosierungen für Glutamin zwischen 2 und 12 Gramm pro Tag. Gamma-Amino-Buttersäure (GABS) wird im Bereich zwischen 1 und 3 Gramm eingesetzt. Wenn die Produktion  des lebenswichtigen Antioxidans Gluthation gesteigert werden soll, erfolgt die Gabe von Glutamin üblicherweise zusammen mit den Substanzen Cystein, Glycin und Vitamin B6.

Wenn durch Extremsituationen eine Glutaminverarmung ausgelöst wurde, kann durch eine frühe Gabe von Glutamin-Supplementen der Glutaminbestand im Körper schneller normalisiert werden. Es können nicht nur die negativen Folgen auf den Proteinstoffwechsel abgemildert werden, sondern auch die Leistungsfähigkeit des Immunsystems lässt sich dadurch erhalten. Viele Studien zum Thema zeigten, dass die Gabe von Glutamin-Supplementen sowohl den Heilungsverlauf wie auch die Regeneration verbesserte. Experten bewerten tägliche Dosierungen zwischen 25 bis 30 Gramm nach solchen Extrembelastungen als sicher und sinnvoll.

Nebenwirkungen von Glutamin

Wenn zu hohe Dosen GABA und Glutamin aufgenommen werden, kann es zu unerwünschten Wirkungen und Nebenwirkungen kommen, die sich durch Hautkribbeln und Rötungen bemerkbar machen können. Zu hohe Dosen von Glutamin, die den Glutamat Spiegel erhöhen, können bei manchen Patienten, die an einer Epilepsie oder Manie leiden, die Erkrankung verschlimmern, so dass bei diesen Erkrankungen von der Gabe hoher Glutamindosen abgesehen werden sollte.

Lebensmittel mit dem Nährstoff Glutamin

Trotzdem Glutaminsäure in kleinen Mengen selbst vom Körper gebildet wird, muss der größte Teil aus der Nahrung über proteinhaltige Lebensmittel gedeckt werden. Fleisch und Käse enthalten die größten Mengen. Neben der Umwandlung zum Nährstoff Glutamin, benötigt der Körper Glutaminsäure außerdem zur Herstellung von Eiweißen (Proteinen).

Die größten Mengen Glutaminsäure liefern tierische Lebensmittel. Glutamin und GABA kommen darin nur in Spuren vor.

100 g Schinken enthalten 2,66 g, in 100 g Truthahn finden sich 1,33 g, während die gleiche Menge Hühnchenbrust 0,99 g enthält. Außerdem sind Milchprodukte glutaminreich. In 30 g Cheddarkäse sind 1,6 g, während 100 ml Vollmilch 0,82 g enthalten. Ein mittelgroßes Hühnerei besitzt 0,8 g.

Geschmacksverstärker Glutamat

Durch den Geschmacksverstärker Glutamat kann es bei einigen Personen zu körperlichen Reaktionen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommen. Unter der Bezeichnung Glutamat ist die Glutaminsäure als Geschmacksverstärker in Lebensmitteln enthalten. Bei Glutamat handelt es sich um einen EU-weit zugelassenen Lebensmittelzusatzstoff. Glutaminsäure und ihre Derivate sind auf manchen Lebensmitteletiketten auch unter den entsprechenden E-Nummern (E 620 bis E 625) ausgewiesen. Die Substanzen unterliegen der Kennzeichnungspflicht, wenn sie im Produkt enthalten sind.

Bei einigen Personen löst Glutamat das sogenannte China-Restaurant-Syndrom aus, das sich durch Kopfschmerzen und Nackensteife bemerkbar macht. Im Tierversuch kam es dagegen zu Lernschwierigkeiten und Fruchtbarkeitstörungen.

Untersuchungen, die einen Zusammenhang von Glutamat mit dem klinischen Verlauf von neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Morbus Alzheimer, Chorea Huntington und amylotrophischer Lateralsklerose (ALS) prüften, ergaben keinen Zusammenhang, der stützte, dass über die Nahrung aufgenommenes Glutamat bei diesen Erkrankungen eine Rolle spielt.

Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 26.08.2022
Bildquelle: © Katja Schulte

Quellen und weiterführende Informationen:

Wilfried Dubbels. Pharmazeutische Zeitung. leistungsfördernde Produkte kritisch bewerten. Ausgabe o8/2004

H.K. Biesalski, S.C. Bischoff, C. Puchstein. Ernährungsmedizin. Nach dem neuen Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. 4. Auflage. Verlag Thieme. 2010

BfR. Überempfindlichkeitsreaktionen durch Glutamat in Lebensmitteln. 16. Juli 2003 (PDF)

Burgersteins Handbuch Nährstoffe. 11. überarbeitete und aktualisierte Auflage. Verlag Haug. 2007

Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen

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