Die Zahlen zur Kinderernährung in Deutschland alarmieren die Experten, sie halten eine falsche Ernährung von Kindern für folgenschwer. Allein in Deutschland leiden etwa 1,9 Millionen Kinder im Alter zwischen 3 und 17 Jahren infolge falscher Ernährung an Übergewicht oder Adipositas. Dabei sind insgesamt 15 Prozent dieser Kinder von Übergewicht betroffen, während 6 Prozent mit Adipositas heranwachsen.
Nach Schätzungen des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte e.V. leben in Deutschland etwa 2 Millionen Kinder und Jugendliche in Armut. Ungefähr 500.000 von ihnen sind mangelernährt und leiden immer wieder Hunger.
Das Risiko dieser Kinder für körperliche Folgeerkrankungen wie Diabetes Mellitus Typ 2, Krebs, Osteoporose oder Erkrankungen des Herz- Kreislaufsystems wie Herzinfarkt oder Schlaganfall steigt damit enorm an.
Gleichzeitig leiden betroffene Kinder oft psychisch und sind zusätzlichem Stress ausgeliefert, wenn sie ausgegrenzt werden. Es fällt vielen von ihnen schwer, ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln.
Dabei hat jedes Kind nach der UN-Kinderrechtskonvention ein gesetzlich verbrieftes Recht auf einen angemessenen Lebensstandard, der seine körperliche, geistige, seelische, sittliche und soziale Entwicklung garantiert.
Falsche Kinderernährung kann viele Ursachen haben
Die Gründe für die Entstehung von Übergewicht im Kindesalter sind ganz unterschiedlicher Natur und resultieren meistens aus der Situation in der Familie. Doch die Gewichtsprobleme sehen Experten nicht auf bestimmte gesellschaftliche Schichten begrenzt.
Zu den Gründen für die Entstehung, von denen manchmal mehrere gleichzeitig zutreffen, nennen sie beispielsweise das fehlende Ernährungswissen der Eltern und auch verlockende Werbemaßnahmen der Lebensmittelindustrie.
Aber auch häufige Fertiggerichte durch beruflich bedingten Zeitmangel der Eltern gelten als Ursache ebenso wie die mangelnde Bewegung der Kinder, besonders durch langes Sitzen nach Schuleintritt.
Manche Kinder können dagegen wegen fehlender finanzieller Mittel der Eltern nicht am warmen Essen in der Schule teilnehmen.
Das Essverhalten wird durch Familie und Umfeld geprägt
Bereits in frühem Alter wird bei Kindern das Essverhalten durch die Familie und das kulturelle Umfeld geprägt.
Hier werden die Geschmacksinne, Gewohnheiten, persönliche Vorlieben und Abneigungen gegen Lebensmittel oder Gerüche entwickelt, die für das weitere Leben bestehen bleiben.
Experten raten Eltern dazu, einige Regeln in der Ernährung der Kinder zu berücksichtigen, um falschen Essgewohnheiten vorzubeugen, die später vielleicht zu Essstörungen und ernsthaften Erkrankungen führen können.
Wissenswertes zur Kinderernährung – Experten geben Tipps
Eltern sollten Kinder schon früh mit einbeziehen. Experten raten beispielsweise dazu, dass Eltern ihren Kindern möglichst oft gemeinsame Mahlzeiten in entspannter Atmosphäre ermöglichen sollten, in denen sie zusammen das Essen genießen können. Kinder lassen sich auch in frühem Alter schon zur Mithilfe bei der Zubereitung gewinnen.
Außerdem können Kinder etwa dabei helfen, den Tisch zu decken und schön zu dekorieren, Obst und Gemüse zu waschen, Speisen zu rühren oder einen Kuchen zu belegen.
Eltern, die ihre Kinder in alle Bereiche rund um das Essen und die Lebensmittel mit einbeziehen und sie auch mitbestimmen lassen, wecken oft schon frühzeitig Interesse. Diese Kinder entwickeln dann oft eine höhere Bereitschaft zum Probieren unbekannter Speisen. Das beugt einem einseitigen Speiseplan der Kinder besser vor.
Wissenschaftler des Robert-Koch-Instituts (RKI) betonen die wichtige Vorbildfunktion der Eltern. Besonders die Eltern stellen die Weichen für das spätere Gesundheitsverhalten und können die Aufgabe wahrnehmen, die Wohnungsumgebung gesünder zu gestalten und ihre Kinder bei einem aktiven und gesunden Lebensstil zu unterstützen.
Richtiges Essverhalten von Kindern fördern
Kinder besitzen ein natürliches Hunger- und Sättigungsgefühl, das bei falschem Essverhalten verlernt wird. Am besten kann ein Kind gefördert werden, wenn man es nicht zwingt, über seine natürlichen Bedürfnisse hinaus zu essen und es sich an feste Essenszeiten gewöhnen kann.
Ernährungsexperten empfehlen, ein Kind selbst den Teller füllen zu lassen und es auch selbst bestimmen zu lassen, was und wieviel es essen möchte.
Wenn ein Kind satt ist, soll es seine Mahlzeit beenden dürfen. Grundsätzlich wird dazu geraten, immer erst mit kleinen Portionen zu beginnen und lieber bei Bedarf einen Nachschlag zu nehmen.
Essen nicht für erzieherische Maßnahmen nutzen
Essen sollte schon Kinder als Bedürfnis betrachtet werden und deshalb in keiner Form als Trost, Belohnung oder Bestrafung eingesetzt werden, denn solche Maßnahmen können nach Expertenangaben später in ähnlichen Lebenssituationen einen Essensreiz auslösen und möglicherweise zum Frustessen führen.
Feste Mahlzeiten für Kinder planen
Kinder sollten auch bei Hunger nur zu den festgelegten Zeiten essen, nicht zwischendurch. Wichtig ist es, dass sie lernen, ihre Mahlzeiten ganz in Ruhe ohne störende Einflüsse zu genießen und Freude am Essen entwickeln.
Vollwertkost – empfohlene Ernährungsweise auch für Kinder
Fettreiche und zuckerreiche Ernährung sollten Eltern für ihre Kinder vermeiden. Denn an der Entstehung von Übergewicht im Kindesalter sind regelmäßig zu süße und fettreiche Lebensmittel beteiligt. Durch die Überernährung wird ihnen mehr Energie zugeführt, als ihr Körper verbrauchen kann. Überschüssiger Zucker wandelt der Körper dabei zu Fett um und lagert es in Fettdepots ein.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) empfiehlt Kindern und Erwachsenen eine vielseitige und abwechslungsreiche Ernährung in Form der Vollwertkost, um den Körper mit allen gesundheitsfördernden und lebensnotwendigen Nährstoffen zu versorgen.
Die vollwertige Ernährungsform gewährleistet alle Nährstoffe, die für das Wachstum, die Leistungsfähigkeit und Gesunderhaltung benötigt werden und vermeidet gleichzeitig eine überschüssige Energiezufuhr.
Optimal sind Lebensmittel dabei aus biologischem Anbau, weil sie weniger belastet sind. Um aufwändige Nährstoff- und Kalorienberechnungen für die Eltern zu vermeiden, geben führende Ernährungswissenschaftlern allgemein einige Empfehlungen, wenn es um die Auswahl der ernährungsphysiologisch wertvollen Lebensmittel für den täglichen Speiseplan geht.
Empfohlene Lebensmittel
Zu den empfohlenen Lebensmitteln in der Ernährung der Kinder gelten wie bei Erwachsenen auch, Vollkornprodukte wie zum Beispiel Vollkornbrot oder Frischkorn-Müsli, aber auch Vollkornnudeln oder Vollkornreis.
Einen weiteren Bestandteil aus der Gruppe der empfohlenen Lebensmittel bilden neben Gemüse und Obst ebenfalls Kartoffeln und Hülsenfrüchte, zum Beispiel Erbsen, Bohnen, Linsen, Nüsse und auch Ölsaaten wie Leinsamen. Obst und Gemüse lassen sich als Frischkost und Rohkost verzehren, aber auch schonend erhitzt.
Milch und Milchprodukte, darunter Vorzugsmilch, Käse, Joghurt und Buttermilch zählen ebenso zu den empfohlenen Lebensmitteln wie Butter, ungehärtete pflanzliche Margarine und kalt gepresste, unraffinierte Öle.
Empfohlen werden außerdem Kräuter- und Früchtetees. Auch Gewürze und Kräuter liefern viele wertvolle Nährstoffe und helfen zudem dabei, einen zu hohen Salzkonsum zu vermeiden.
Nur eingeschränkter Verzehr empfohlen
Grundsätzlich gilt, das die Genussmittel Alkohol, schwarzer Tee und Kaffee nur Erwachsenen vorbehalten bleiben sollten.
Eingeschränkt empfehlen Ernährungsexperten den Verzehr von Fleisch- und Wurstwaren, Eiern und Kochsalz.
Möglichst zu vermeidende Lebensmittel
Weißmehl in Form von Auszugsmehl sowie Weißmehlprodukte sollten Eltern auch in der Ernährung der Kinder möglichst vermeiden. Weitere möglichst zu vermeidende Lebensmittel sind neben isoliertem Zucker und Süßungsmitteln auch gehärtete Margarine und extrahierte raffinierte Öle.
Gesüßte Getränke zählen ebenfalls zu den Produkten, die möglichst vermieden werden sollten.
Wie lässt sich Kinderernährung optimal gestalten?
Ernährungsexperten haben einige Tipps rund um die gesunde Lebensweise parat. Danach kommt neben der ausgewogenen Ernährung der Kinder auch gesunder Bewegung eine wichtige Rolle zu. Mit regelmäßiger Bewegung und bewusster Auswahl und Verarbeitung der richtigen Lebensmittel und Getränke unterstützen Eltern ihre Kinder nicht nur dabei, Gewicht zu reduzieren und Übergewicht zu vermeiden, sondern helfen ihnen gleichzeitig auch, körperlich und geistig leistungsfähig zu sein.
Experten plädieren dafür, frische Lebensmittel zu nutzen, denn frische Lebensmittel enthalten mehr Nährstoffe. Besonders im Wachstum sind Kinder auf eine adäquate Nährstoffversorgung angewiesen.
Hinsichtlich der Mahlzeiten wird empfohlen, feste Essenszeiten einzurichten. Sie verhindern dauerhaftes Essen, was als ernährungsmedizinisch als ungünstig gilt und eher zu Übergewicht führen kann. Wenn immer möglich, sollten Eltern die Mahlzeiten zusammen mit den Kindern zubereiten, um sie an Lebensmittel und deren Zubereitung früh heranzuführen.
Bestimmte Lebensmittel sollten allerdings nur in geringer Menge auf dem Speiseplan stehen. Neben dem Verzehr von Zucker und Fett betrifft die Empfehlung der Ernährungsexperten auch den Konsum von Fertiggerichten. Demnach soll es höchstens eine Handvoll Süßigkeiten täglich sein. Statt Süßigkeiten bieten sich alternativ zum Beispiel Möhrensticks an. Fertiggerichte und Produkte mit Weißmehl sollten wegen der oft ungünstigen Nährstoffbilanz, der oft enthaltenen Zusatzstoffe und hohen Zuckeranteile nur selten auf den Tisch kommen.
Auch bei den Fleisch- und Wurstwaren raten Experten zu einem geringeren Konsum. Studien zufolge verzehren 86 Prozent der 12- bis 15-jährigen Jungen mehr als die empfohlene Menge an tierischen Produkten.
Dagegen wird zu mehr Obst, Gemüse und Vollkornprodukte in der Ernährung geraten. Sie bilden eine optimale Quelle für lebensnotwendige Vitamine, Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Fünf handgroße Portionen Obst und Gemüse sollten es nach Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. täglich mindestens sein.
Auf künstliche Süßstoffe sollten Eltern verzichten. Künstliche Süßstoffe werden oft in Säften und Süßigkeiten eingesetzt und verändern durch die hohe Süßkraft die Geschmackswahrnehmung, so dass nur noch extrem gesüßte Lebensmittel schmecken. Außerdem besteht bei künstlichen Süßstoffen lediglich für Erwachsene eine Angabe zur Höchstgrenze, die als unbedenklich gilt. Für Kinder ist jedoch keine sichere Höchstmenge festgelegt.
Zur optimalen Gestaltung der Ernährung der Kinder gehört es auch, gesund und ausreichend zu trinken. Dabei sollten es mehr Saftschorlen sein und nur selten Limonade oder pure Säfte. Saftschorlen, die als ernährungsphysiologisch günstig gelten, bestehen zu drei Teilen aus Wasser und zu einem Teil aus Fruchtsaft.
Bei Problemen in der Kinderernährung frühzeitig professionelle Hilfe suchen
Wenn professionelle Hilfe gefragt ist, sollten Eltern nicht zögern, sich Unterstützung zu holen. Kinderärzte und Hausärzte können feststellen, ob ein behandlungsbedürftiges Über- oder Untergewicht oder etwa eine Mangelernährung vorliegt.
In der Regel empfehlen die Ärzte betroffene Kinder an Ernährungsberater oder Programmanbieter.
Krankenkassen können über regionale Anbieter informieren und mit den Eltern die Kostenübernahme für ein Programm klären.
Bundesweit gültige Handlungsempfehlungen zur Ernährung im Kindes- und Jugendalter gibt das Netzwerk Gesund ins Leben.
Text: Katja Schulte Redaktion
Datum: 10/2016 | aktualisiert 31.12.2022
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Quellen und weiterführende Informationen:
BVKJ. Pressemeldung des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte zum Welternährungstag 16
In Form. Deutsche Initiative für gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Ernährungsbildung in der Familie Nr. 300104. Bonn. 2014
Prof. Dr. Claus Leitzmann, Helmut Million. Vollwertküche für Genießer. Bassermann Verlag. 2003
Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen
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