Bei der Histaminunverträglichkeit kommt es zu einer körperlichen Reaktion auf histaminreiche Lebensmittel. Die Histaminunverträglichkeit wird auch als Histaminose oder Histaminintoleranz bezeichnet und betrifft nach Expertenschätzung aktuell etwa 1 Prozent der europäischen Bevölkerung. In 80 Prozent aller Fälle leiden Frauen im Alter um die 40 Jahre unter einer Histaminunverträglichkeit. Sie können auf den Verzehr verschiedener Lebensmittel und Genussmittel dabei mit ganz unterschiedlichen Symptomen reagieren.
Experten nehmen an, dass diese Form der Nahrungsmittelunverträglichkeit eng mit der Abnahme der weiblichen Geschlechtshormone zusammenhängt.
Histaminunverträglichkeit entsteht durch Enzymmangel
Die Problematik besteht darin, dass Histamin nicht abgebaut werden kann. Eine Histaminunverträglichkeit liegt vor, wenn das Gewebshormon Histamin, das über die Nahrung aufgenommen wird, zu gesundheitlichen Beschwerden führt. Beschwerden entstehen, weil der Abbau im Körper durch einen Enzymmangel behindert wird und sich zu viel Histamin ansammelt. Histamin ist eine natürliche Substanz, die im Körper als Gewebshormon und Botenstoff wirkt.
Die Histaminose hat nichts mit einer Lebensmittelallergie zu tun
Eine Histaminunverträglichkeit ist keine Lebensmittelallergie. Zwar ähneln sich die auftretenden Beschwerden, jedoch entstehen keine Antikörper, die üblicherweise bei einer Allergie nachweisbar sind. Es handelt sich bei der Histaminunverträglichkeit daher um eine spezifische Nahrungsmittelunverträglichkeit, bei der jeder Betroffene eine individuelle Verträglichkeitsgrenze hat, die es herauszufinden gilt.
Der übliche Abbau ist bei einer Histaminintoleranz gestört
Der Abbau von Histamin erfolgt beim beschwerdefreien Menschen durch zwei Enzyme in Verbindung mit Co-Faktoren.
Zum einen erfolgt der Abbau durch das Enzym Diaminoxidase (DAO). Das sekretorische Enzyms DAO wird in der Leber, den Nieren und in den Zellen der Dünndarmschleimhaut (Enteryozyten) gebildet und ins Darminnere abgegeben. Histamin, das über die Nahrung aufgenommen wird, wird beim gesunden Menschen in Verbindung mit ausreichend DAO schnell im Dünndarm abgebaut. Das Enzym DAO baut dabei im Zusammenwirken mit den Co-Faktoren Vitamin B6 und 6-Hydroxydopa speziell das Histamin ab, das sich außerhalb der Zellen befindet. Neben Histamin baut DAO auch andere biogene Amine ab.
Zum anderen wirkt das Enzym Histamin-N-Methyltransferase (HNMT) abbauend. HNMT baut als Protein der Zellflüssigkeit besonders körpereigenes Histamin im Zellinneren ab.
Allergiker haben ein höheres Risiko für die Histaminunverträglichkeit
Histaminunverträglichkeit entsteht durch einen Enzymmangel, der für einen stark beeinträchtigten oder unvollständigen Abbau von Histamin im Körper verantwortlich ist.
Menschen, die bereits unter Allergien leiden, tragen ein größeres Risiko, eine Unverträglichkeit gegen Histamin zu entwickeln.
Symptome der Histaminunverträglichkeit
Histamin kann zahlreiche Beschwerden auslösen. Auch bei echten allergischen Reaktionen wie Heuschnupfen, bei denen IgE-Antikörper gebildet werden, ist Histamin in großem Maße beteiligt. Die Mastzellen reagieren auf ein bestimmtes Allergen und setzen schlagartig das gespeicherte Histamin frei, das zu bekannten Reaktionen wie Augenbrennen, Atembeschwerden, Nasenlaufen oder Hautausschlag führt.
Häufige Symptome einer Histaminunverträglichkeit sind neben Sodbrennen, Magenkrämpfen, Kopfschmerzen und Migräne auch Schnupfen, Husten und Asthma. Zu den weiteren möglichen Anzeichen zählen Hautrötungen, Hautekzeme und Nesselsucht. Auftreten können darüber hinaus Herz-Rhythmus-Störungen, niedriger Blutdruck, Durchfall, Übelkeit und Blähungen. Auch Blähbauch und Reizmagen zählen dazu.
Ursachen der Histaminunverträglichkeit
Drei verschiedene Ursachen können eine Histaminintoleranz auslösen. Neben genetischen Ursachen können infektionsbedingte und hormonbedingte Faktoren der Auslöser sein.
Genetisch bedingter Enzymmangel von DAO
Der Körper produziert nicht genügend DAO, um Histamin abbauen zu können. Der genetisch bedingte Enzymmangel tritt sehr selten auf und erfordert eine lebenslange histaminfreie Ernährung.
Infektionsbedingter Enzymmangel von DAO
Infektionsbedingt, beziehungsweise krankheitsbedingt erfolgt zwar die DAO-Produktion, dennoch ist das Enzym DAO inaktiv oder nur teilweise aktiv, der Histaminabbau ist gestört. Als Ursache gelten etwa Zöliakie, Nahrungsmittelallergien, Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn. Bei der infektionsbedingten Art kann die Histaminintoleranz vorübergehend auftreten. Sie klingt in der Regel mit der Besserung der Ursache ab.
Verminderte Enzymaktivität von DAO durch enzymhemmende Substanzen
Einige Faktoren können die Aktivität des Enzyms DAO hemmen oder für sich beanspruchen. Dazu zählen beispielsweise biogenen Amine, Alkohol und spezielle Medikamente.
Diagnose der Histaminunverträglichkeit
Aktuell gibt es keine einheitliche Diagnostik bei der Histaminintoleranz. Bei Verdacht auf eine Histaminunverträglichkeit werden daher mehrere Befunde berücksichtigt. Außerdem wird die Diagnose unter Ausschluss anderer Erkrankungen erhoben.
Damit die Diagnose einer Histaminunverträglichkeit zweifelsfrei ist, müssen auch mindestens 2 der typischen Symptome vorliegen und es muss eine Verbesserung der Beschwerden unter einer Eliminationsdiät, beziehungsweise durch die Gabe von Antihistaminika geben.
Antihistaminika können als Rezeptorenblocker die Wirkung von Histamin abschwächen, während mit einer Eliminationsdiät ermittelt werden kann, welche Lebensmittel genau die Symptome auslösen.
Bei Verdacht auf Histaminunverträglichkeit erfolgt eine ausführliche Anamnese
Die Diagnose basiert zu einem großen Teil auf der ausführlichen Befragung des Patienten. Berücksichtigt wird dabei besonders auch die Medikamenteneinnahme, weil weitgehend gesichert ist, dass auch spezielle Medikamente auf verschiedene Weise eine Histaminunverträglichkeit auslösen können.
Andere Krankheitsursachen werden ausgeschlossen
Andere Krankheitsursachen wie Nahrungsmittelallergien, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, chronische Darmentzündungen oder Infektionen etc. müssen ausgeschlossen werden können.
Bluttest
Bei Verdacht auf Histaminintoleranz erfolgt in der Regel ein Bluttest, bei dem die Konzentrationen an Histamin, Diaminoxidase und Vitamin B6 ausgewertet werden. Von einer Histaminunverträglichkeit gehen Mediziner aus, wenn entweder der Histaminspiegel erhöht ist oder die Konzentration des Enzyms Diaminoxidase zu niedrig ist oder beides zutrifft. Auch eine niedrige Konzentration von Vitamin B6 steht in direktem Zusammenhang mit einer mangelhaften Abbaufähigkeit des Enzyms DAO.
Ernährungstagebuch
Im Rahmen der Diagnose führen Betroffene oft auch über den Zeitraum von 2 Wochen ein Ernährungstagebuch, das den zeitlichen Zusammenhang von auftretenden Beschwerden beim Verzehr histaminreicher Lebensmittel widerspiegelt.
Eliminationsdiät
Die mehrwöchige Eliminationsdiät, die gezielt die auslösenden Lebensmittel eingrenzen soll, kann zwar wertvolle Ergebnisse liefern, erweist sich aber im klinischen Alltag oft als schwer durchführbar.
Therapie bei Histaminunverträglichkeit
Es kommen mehrere Therapiemaßnahmen in Betracht. Abhängig davon, wie hoch der Grad der Histaminabbaustörung beim Betroffenen ausgeprägt ist und wodurch die Störung verursacht wurde, können verschiedene Therapiemaßnahmen bei Histaminunverträglichkeit zum Einsatz kommen. Als wichtigste Maßnahme von allen gilt die histaminfreie, beziehungsweise histaminarme Ernährung.
Ernährungsumstellung
Bei Histaminintoleranz wird zu einer Ernährungsumstellung auf histaminarme Kost geraten. In Absprache mit dem Arzt und einer Ernährungsfachkraft ist es angezeigt, Lebensmittel und Medikamente, die Histamin freisetzen können, vorübergehend aus dem Ernährungsplan zu entfernen.
Einsatz von Antihistaminika
Zur Bekämpfung der Symptome kann je nach Fall eine Gabe von nicht-sedierenden H1-Antihistaminika erfolgen, die die Wirksamkeit von Histamin herabsetzen können. Der Einsatz richtet sich nach der Stärke der Beschwerden. Anthistaminka für leichte bis mittlere Beschwerden gibt es u.a. in Form von Augentropfen, Nasensalben und Tabletten. Zur Erstversorgung kann fallweise auch eine intravenöse Injektion von H1-Blockern angezeigt sein.
Suchtest
Im Anschluss an die Ernährungsumstellung wird ein Suchtest unter ärztlicher Betreuung empfohlen, bei dem der Körper mit verschiedenen Belastungsstoffen provoziert wird.
Unterstützung durch Vitamin B6
Da Experten davon ausgehen, dass zwischen einem niedrigen Vitamin B6-Spiegel und dem Auftreten einer Histaminunverträglichkeit ein Zusammenhang besteht, soll auf eine entsprechende Ernährung mit Vitamin B6-reichen Lebensmitteln geachtet werden. Zu den vitamin-B6-reichen Lebensmitteln zählen etwa Vollkornprodukte, Fleisch oder Kartoffeln. Daneben soll außerdem Vitamin C von Dosen im Grammbereich den Abbau von Histamin begünstigen.
DAO-Enzympräparate
Zur Ergänzung der Therapie können DAO-Präparate eingesetzt werden, zu deren Einsatz aber noch keine aussagekräftigen Daten vorliegen. Das Enzympräparat kann vor dem Essen eingenommen werden und enthält eine entsprechende Dosis des Enzyms DAO, die beim Abbau von Histamin unterstützen soll
Histamin in Lebensmitteln
Der Histamingehalt richtet sich nach der Bakterienaktivität. Das hitzestabile Histamin ist regelmäßig in solchen Lebensmitteln enthalten, in denen sich Bakterien befinden, die während der natürlichen Reife- oder Gärungsprozesse die Aminosäure Histidin zu Histamin abbauen. Je höher die Bakterienaktivität in einem Lebensmittel ist, desto höher ist in der Regel auch der Histamingehalt.
Generell weisen frisch verzehrte, nicht aufgewärmte Nahrungsmittel einen deutlich geringeren Histamingehalt auf. Pflanzliche Lebensmittel enthalten bis auf wenige Ausnahmen kaum Histamin.
Die Histaminmenge in einem Lebensmittel ist stets variabel und abhängig von verschiedenen Faktoren wie Lagerung, Verarbeitung oder Reifeprozess. Daher kann der Histamingehalt einer Mahlzeit kaum festgelegt werden.
Histamin ist auch Auslöser der Fischvergiftung
Histamin, das üblicherweise nicht im frischen Fisch vorkommt, wird bei überlagertem Fisch in großen Mengen von Bakterien gebildet und kann nach dem Verzehr entsprechender Histaminmengen zu einer Fischvergiftung (Histaminvergiftung) führen.
Histaminfreisetzende Lebensmittel und Enzymblocker
In Laborversuchen konnten bestimmte Lebensmittel ausfindig gemacht werden, die eine Histaminausschüttung aus Zellen bewirken können, trotzdem sie selbst kein Histamin enthalten (Histaminliberatoren).
Diese Lebensmittel setzen Histamin frei |
Diese Lebensmittel blockieren das Enzym DAO |
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Ananas | Alkohol |
Erdbeeren | Energy Drinks |
Hülsenfrüchte | Grüner Tee |
Kakao | Mate Tee |
Kiwi | Schwarzer Tee |
Nüsse | |
Papaya | |
Tomaten | |
Zitrusfrüchte |
Quelle: Österreichische Gesellschaft für Ernährung: Aktuelles zur Histaminintoleranz
Anteile von Histamin in Lebensmitteln
Lebensmittelgruppe |
Histaminreiche Lebensmittel |
Histaminarme Lebensmittel |
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Alkoholische Getränke | Champagner, Hefeweizen, Likör, Rotwein, Sekt | Helle Biersorten, Klare Schnapssorten, Weißwein |
Fertigprodukte | Nicht tiefgefrorene Produkte | Nudeln, Tiefkühlprodukte |
Fisch | Grundsätzlich geräucherter, gepökelter, marinierter, getrockneter, verdorbener oder schlecht gelagerter Fisch. Außerdem Fischkonserven, Hering, Makrele, Muscheln, Sardellen, Schalentiere, Thunfisch | Grundsätzlich frischer und tiefgefrorener Fisch wie Dorsch, Kabeljau, Rotbarsch, Schellfisch, Seelachs, Scholle |
Fleisch | Grundsätzlich geräuchertes, gepökeltes, mariniertes, getrocknetes, verdorbenes oder schlecht gelagertes Fleisch. Außerdem Fleischextrakte, Leber, Leberwurst, Mettwurst, Salami, Schinken, Rohwürste | Bratwürste, Fleischwürste, frisches Fleisch vom Geflügel, Rind, Schwein, Kochwürste |
Gemüse | Auberginen, Avocado, Gemüsekonserven, Kohlrabi, Pilze, Sauerkraut, Spinat, Tomaten, Tomatenketchup | Brokkoli, Gurke, Grüner Salat, Karotten, Kartoffeln, Knoblauch, Kürbis, Lauch, Mais, Paprika, Radieschen, Rettich, Rote Beete, Spargel, Zuccini, Zwiebeln |
Getränke | Brennesseltee, Schwarzer Tee, Saft von Zitrusfrüchten, Tomatensaft | Grüner Tee, Kräutertee, Obstsäfte ohne Zitrusfrüchte |
Getreideprodukte | Fertigbackmischungen, Paniermehl | Getreide, Getreideprodukte |
Obst | Generell überreifes Obst und Obstkonserven. Außerdem Bananen, Birnen, Erdbeeren, Himbeeren, Kiwi, Nüsse, Pflaumen, Zitrusfrüchte | Äpfel, Aprikosen, Heidelbeeren, Johannisbeeren, Kirschen, Litschi, Mango, Melone, Preiselbeeren, Rhabarber |
Milchprodukte | Lang gereifter Käse wie Camembert, Cheddar, Chester, Edamer, Emmentaler, Roquefort, Sauermilchkäse Harzer, Schimmelkäse, Schmelzkäse | Frische Milch und frische Milchprodukte. Butter, Frischkäse, Joghurt, Kefir, Quark, Sahne |
Süßwaren | Erdnusscreme, Konfitüre, Marmelade, Marzipan, Nougat, Schokolade | Fruchtbonbons, Fruchtgummi, Honig, Kaugummi, Popcorn |
Sonstiges | Algenerzeugnisse, Essig und besonders Rotweinessig, Hefe, Hefeextrakte, sauer eingelegtes Gemüse, Sojaprodukte wie Tofu, Sojasoße | Butter, Margarine, Öle |
Quelle: Österreichische Gesellschaft für Ernährung: Aktuelles zur Histaminintoleranz
Histamin ist ein natürlicher Körperbestandteil mit wichtigen Funktionen
Histamin bildet als Gewebshormon und Neurotransmitter (Botenstoff) einen natürlichen Bestandteil des menschlichen Körpers. Daneben ist es ist als Abwehrstoff im tierischen Organismus und in Pflanzen enthalten, zum Beispiel in den Haaren der Großen Brennessel. Auch viele Lebensmittel enthalten Histamin. Beim Verzehr von histaminreichen Nahrungsmitteln erhöht sich die Histaminkonzentration im Körper.
Mehrere Arten von Zellen im Körper können Histamin produzieren und speichern. Zu diesen Zellen zählen vor allem Mastzellen, Blutplättchen (Thrombozyten), eine Form der weißen Blutkörperchen (basophile Granulozyten) sowie einige Nervenzellen. Daneben wird Histamin teilweise im Dickdarm von Bakterien der körpereigenen Darmflora produziert.
Histamin ist als Teil des Immunsystems an der Abwehr allergischer Reaktionen beteiligt und bewirkt als Botenstoff der Entzündungsreaktion eine Anschwellung des Gewebes. Auf spezifische Auslöser hin setzen die Zellen das gespeicherte Histamin schlagartig frei.
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Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 10/2016 | aktualisiert 02.01.2023
Quellen und weiterführende Informationen:
Dr. Lukas Kofler, Univ.-Doz. Dr. Heinz Kofler: Tatverdacht Histamin. CliniCum Pneumo 09/2014. S.14,15
Doris Fritzsche: Histamin-Intoleranz (GU Gesundheitskompass). 6. Auflage 2010. Verlag Gräfe und Unzer.
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