Lebensmittelallergien und Neurodermitis haben unterschiedliche Auslöser
NEURODERMITIS ALS ERSTE AUSPRÄGUNG EINER ALLERGISCHEN VERANLAGUNG
Nach Schätzungen sind insgesamt etwa 3 bis 4 Prozent der Bevölkerung von Lebensmittelallergien und Neurodermitis betroffen. Schon viele Säuglinge und Kleinkinder sind allergisch veranlagt, so dass Lebensmittelallergien und Neurodermitis zu den häufigsten chronischen Krankheiten im Kindesalter zählen. Sie können ab dem 1. Lebensjahr auftreten, bei bis zu 10 Prozent aller Säuglinge und Kleinkinder wird bereits eine Neurodermitis festgestellt.
EIN DRITTEL DER ÄLTEREN KINDER LEIDET UNTER ECHTEN LEBENSMITTELALLERGIEN
Mit zunehmendem Alter sind Kinder zwar weniger betroffen, doch bis zum Schulalter leidet nahezu ein Drittel der Kinder unter einer Neurodermitis, die durch eine echte Lebensmittelallergie ausgelöst wird. Meist bezieht sich die echte Lebensmittelallergie auf ein bis zwei Lebensmittel, darunter sind häufig Hühnerei, Kuhmilch, Weizen oder Soja.
Heuschnupfen und allergisches Asthma trifft dagegen häufiger ältere Kinder und Jugendliche, meist im Alter von 5 bis 15 Jahren.
50 PROZENT DER NEURODERMITIKER HABEN KREUZALLERGIEN
Echte Lebensmittelallergien kommen eher selten bei jugendlichen und erwachsenen Neurodermitikern vor. In der Gruppe der jugendlichen und erwachsenen Neurodermitiker sind es bis zu 50 Prozent, bei denen pollenassoziierte Lebensmittelallergien (Kreuzallergien) das Hautbild verschlechtern. Aber nicht immer wird eine pollenassoziierte Lebensmittelallergie von typischen Heuschnupfensymptomen begleitet.
Daneben lösen häufig auch verschiedene natürliche und synthetische Lebensmittelinhaltsstoffe bei jugendlichen und erwachsenen Neurodermitikern einen Neurodermitis-Schub aus (Pseudoallergien).
Kleinste Eiweißbausteine können Lebensmittelallergien auslösen
DIE ALLERGIE IST ABWEHRREAKTION DES IMMUNSYSTEMS
Eine Lebensmittelallergie wird vom Körper als Abwehrreaktion des Immunsystems auf kleinste Eiweißbausteine (Allergene) in Lebensmitteln ausgelöst und kann zu ganz unterschiedlichen gesundheitlichen Beschwerden in verschiedenen Körperbereichen führen.
Entstehung von Lebensmittelallergien
ALLERGISCHE REAKTION ERFOLGT NIE SOFORT
Grundsätzlich kann jedes Lebensmittel eine Allergie auslösen. Aber die allergische Reaktion wird nie beim ersten Kontakt mit dem Lebensmittel ausgelöst. Nach dem ersten Kontakt bildet der Körper während der Sensibilisierung zunächst spezielle Abwehrstoffe (IgE-Antikörper) ausschließlich gegen natürliche Eiweißbestandteile (Allergene) des Lebensmittels.
Nachdem der Organismus sensibilisiert ist und Antikörper gegen die Eiweißbestandteile eines bestimmten Lebensmittels gebildet hat, kann bei nachfolgenden Kontakten mit dem allergieauslösenden Lebensmittel eine Immunreaktion stattfinden, in der sich das Allergen mit den IgE-Antikörpern zu einem Allergen-Antikörper-Komplex verbindet. In der Folge schüttet der Körper spezielle Botenstoffe, z.B. Histamin aus, die verschiedene Körperreaktionen verursachen.
Allergierisiko steigt in betroffenen Familien
HÖHERES RISIKO BEI FAMILIÄRER VORBELASTUNG MIT ASTHMA, ALLERGIEN ODER NEURODERMITIS
Allergien können in jedem Lebensalter auftreten, allerdings tragen Kinder ein erhöhtes Risiko, wenn Familienmitglieder bereits von Asthma, Allergien oder Neurodermitis betroffen sind. Das Risiko für die Entwicklung von Lebensmittelallergien steigt mit der Anzahl der betroffenen Familienmitglieder ersten Grades.
AUSLÖSER VON LEBENSMITTELALLERGIEN KÖNNEN VOM ALTER ABHÄNGEN
Während Kinder eher auf Kuhmilch, Soja, Hühnerei oder Weizen reagieren, treten bei Jugendlichen und Erwachsenen eher Lebensmittelallergien gegen verschiedene Obstsorten und Gemüsearten, Nüsse, Erdnüsse, Soja, Fisch, Krebstiere und Weichtiere auf.
Ein Verzicht auf Zucker ist aus ernährungswissenschaftlicher Sicht bei Neurodermitikern nicht erforderlich, sofern die üblichen Mengen nicht überschritten werden.
Symptome und körperliche Reaktionen bei Lebensmittelallergien
LEICHTE BIS SCHWERE KÖRPERLICHE REAKTIONEN MÖGLICH
Die Symptome und körperlichen Reaktionen in Verbindung mit allergischen Reaktionen können ganz unterschiedliche Körperbereiche betreffen und in seltenen Fällen sogar lebensbedrohlich werden. Sie lassen sich generell keinem bestimmten Organ oder Lebensmittel zuordnen. Unter anderem kann es zu folgenden Reaktionen kommen:
Wer kann helfen?
Mehr Information- Haut und Schleimhäute: Neurodermitis, Ekzeme, Juckreiz, Schwellungen, Nesselsucht
- Obere Atemwege: Allergische Rhinitis mit Niesreiz, Schnupfen, geschwollene Schleimhäute, rote tränende Augen, Ohrenentzündung
- Untere Atemwege: Atemnot, Husten, Asthma
- Verdauungstrakt: Kratzen, Schwellungen im Mund oder Rachen, Magen-Darmbeschwerden, Blähungen, Durchfall, Koliken, Krämpfe
- Herz- Kreislaufsystem: Kreislaufbeschwerden, anaphylaktischer Schock
Die 14 häufigsten Allergieauslöser
KENNZEICHNUNGSPFLICHT FÜR DIE HÄUFIGSTEN ALLERGIEAUSLÖSER
Lebensmittelhersteller sind in der Europäischen Union verpflichtet, alle Bestandteile des Produktes, auch die häufigsten Allergieauslöser im Zutatenverzeichnis auf der Verpackung des Lebensmittels anzugeben, wenn sie in der Rezeptur enthalten sind. Die einzelnen Zutaten sind in absteigender Reihenfolge aufzulisten. Demnach enthält der erste Bestandteil den größten Anteil und der Letzte den Geringsten. Auch lose Waren wie Brot- und Wurstwaren fallen unter die Allergenkennzeichnungsverordnung.
Die wichtigsten Allergene mit Kennzeichnungspflicht | |
---|---|
1. | Glutenhaltiges Getreide & Erzeugnisse daraus (Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer, Gerste, Kamut o. Hybridstämme) |
2. | Krebstiere & Krebstiererzeugnisse (z.B. Garnelen, Krabben, Hummer) |
3. | Weichtiere & Weichtiererzeugnisse (z.B. Muscheln, Schnecken, Tintenfische) |
4. | Eier & Eiererzeugnisse |
5. | Fisch & Fischerzeugnisse |
6. | Erdnüsse & Erdnusszeugnisse |
7. | Soja & Sojaerzeugnisse |
8. | Lupine & Lupinenerzeugnisse |
9. | Milch & Milcherzeugnisse einschließlich Lactose |
10. | Schalenfrüchte & Erzeugnisse (z.B. Walnuss, Haselnuss, Mandel, Paranuss, Pistazie, Cashewkerne) |
11. | Sellerie & Sellerieerzeugnisse |
12. | Senf & Senferzeugnisse |
13. | Sesamsamen & Sesamerzeugnisse |
14. | Schwefeldioxid & Sulfite (mehr als 10 mg/kg oder 10 mg/l) |
Kreuzallergien und Pseudoallergien
KREUZALLERGIEN ALS SEKUNDÄRE LEBENSMITTELALLERGIEN
Kreuzallergien treten hauptsächlich bei Jugendlichen und Erwachsenen auf. Bei der Kreuzallergie handelt es sich um eine pollenassoziierte Lebensmittelallergie, in der ähnliche Allergieauslöser in bestimmten Pollen und Lebensmitteln nach dem Verzehr kreuzreaktiver Lebensmittel zu Beschwerden führen, trotzdem keine eigentliche Lebensmittelallergie vorliegt.
PSEUDOALLERGIEN
Pseudoallergien können ähnliche Symptome an Haut und Schleimhaut verursachen wie Lebensmittelallergien. Pseudoallergien bezeichnen unerwünschte, nicht-allergische Reaktionen auf natürliche oder synthetische Inhaltsstoffe, die in verzehrten Lebensmitteln enthalten sind. Als reaktionsauslösende Stoffe gelten u.a. auch natürliche und synthetische Lebensmittelzusatzstoffe. Zu den identifizierten Substanzen zählen bislang:
- Zusatzstoffe: Azofarbstoffe, Konservierungsstoffe, Farbstoffe
- natürliche Lebensmittelinhaltsstoffe: Salicylsäure, Benzoesäure, Aromastoffe in Tomaten und Gewürzen
- Geschmacksverstärker
- Zitronensäure, Zitrusfrüchte
Auch ein Enzymmangel, wie er bei der Nahrungsmittelunverträglichkeit Lactoseintoleranz vorkommt, hat unerwünschte nicht-allergische Reaktionen zur Folge. Es treten etwa Durchfall, Blähungen oder Völlegefühl auf. Aber im Gegensatz zu den Lebensmittelallergien findet bei der Pseudoallergie sowie auch bei den Nahrungsmittelunverträglichkeiten wie Lactoseintoleranz und Fruktoseunverträglichkeit keine Sensibilisierung statt. Es werden keine Antikörper gebildet und erfolgt auch keine Reaktion des Immunsystems.
Pseudoallergien können anders, als bei Lebensmittelallergien bereits beim ersten Kontakt mit einem Lebensmittel auftreten. Bei Lebensmittelunverträglichkeiten müssen Betroffene das Lebensmittel nicht vollständig meiden, sondern es wird oft vom Körper in einer bestimmten Menge toleriert. Die individuelle Verträglichkeitsgrenze können Betroffene bei Unverträglichkeiten zusammen mit Ernährungsfachkräften ermitteln, so dass die Einschränkung der Lebensqualität auf ein Mindestmaß reduziert wird.
Diagnose und Therapie der Lebensmittelallergien
DIAGNOSEVERFAHREN BEI LEBENSMITTELALLERGIEN
Die Diagnose und Behandlung von Lebensmittelallergien fällt in das Fachgebiet von Allergologen. Lebensmittelallergien gelten derzeit als nicht heilbar und werden in der Regel mit speziellen Ernährungsumstellungen therapiert.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) rät von strikten Diäten ab, die allein auf der Basis von Blut-oder Hauttests beruhen und empfiehlt eine langfristige individuelle Ernährungsumstellung erst dann, wenn diagnostische Diäten eine eindeutige Diagnose ergeben haben.
Mehrere Verfahren können Hinweise auf Allergene geben. In der Regel werden folgende Verfahren dazu eingesetzt:
DIAGNOSE DER LEBENSMITTELALLERGIE
- Ernährungs- und Systemprotokoll
Das Ernährungs- und Symptomprotokoll kann bei der Ermittlung der Allergieauslöser behilflich sein. Im Protokoll erfasst der Betroffene über einen bestimmten Zeitraum alle verzehrten Lebens- und Genussmittel, Medikamente, sportlichen Aktivitäten und die in Verbindung damit aufgetretenen Symptome.
- Hauttestungen
Verschiedene industriell hergestellte Allergenextrakte werden unter die Haut gebracht und können dort örtlich begrenzte allergische Reaktionen auslösen.
- Bluttestungen
Ein Bluttest gibt Auskunft über vorliegende IgE-Antikörper.
- Diagnostische Diäten
Nachdem Haut- oder Bluttests erste Hinweise auf Allergene ergeben haben, können verschiedene diagnostische Diäten eingesetzt werden, um das oder die verdächtigen allergieauslösenden Lebensmittel einzugrenzen. Zu diesen Diäten zählt die Eliminationsdiät, die oligoallergene Basisdiät und die Suchdiät.
THERAPIE DER LEBENSMITTELALLERGIE
- Ernährungsumstellung bei Lebensmittelallergie
Entsprechend der Diagnose erfolgt eine längerfristige oder dauerhafte Ernährungsumstellung. Im Rahmen der gezielten Ernährungsumstellung werden allergieauslösende Lebensmittel gemieden und durch andere ersetzt, die in der Lage sind, den entstehenden Nährstoffmangel auszugleichen.
- Ernährungsumstellung bei pollenassoziierter Lebensmittelallergie
In der Zusammenschau der Befunde kann in Abhängigkeit von der Pollenallergie häufig der genaue Auslöser identifiziert werden und entweder gemieden oder durch spezielle Zubereitung, beispielsweise durch Erhitzen, unschädlich gemacht werden. Eine pollenassoziierte Lebensmittelallergie kann lebenslang bestehen.
ERNÄHRUNGSUMSTELLUNG MIT ALLERGOLOGISCH SPEZIALISIERTER FACHKRAFT EMPFOHLEN
Bei Lebensmittelallergien kann es leicht zu Nährstoffmängeln kommen. Vorbeugen lässt sich bei der Ernährungsumstellung durch eine speziell ausgebildete Ernährungsfachkraft. Einige Krankenkassen beteiligen sich unter bestimmten Voraussetzungen an den Kosten für eine Ernährungsberatung oder übernehmen sie vollständig. Zu den Voraussetzungen zählt beispielsweise neben einer durch den Arzt ausgestellten Notwendigkeitsbescheinigung zur Ernährungsberatung auch die Wahl einer qualifizierten Ernährungsfachkraft, die von der Krankenkasse anerkannt wird.
Es empfiehlt sich in jedem Fall, die gewünschte Maßnahme in Absprache mit der Krankenkasse vorzunehmen. Erfahren Sie mehr unter Krankenkassenzuschuss
Ob bei einem Neurodermitiker im Einzelfall die Ernährung eine Rolle spielt und den Krankheitsverlauf beeinflussen kann, kann ein Allergologe in Zusammenarbeit mit einer Ernährungsfachkraft ermitteln.
Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 10/2016 | aktualisiert 26.04.2022
Quellen und weiterführende Links:
- https://www.dge.de/presse/pm/lebensmittelallergie-die-diagnose-ist-das-a-und-o/
- https://www.bmel.de/DE/Ernaehrung/Kennzeichnung/VerpflichtendeKennzeichnung/
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. aid infodienst. Lebensmittelallergie und Neurodermitis. 3. vollständige Auflage 2013
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. Essen und Trinken bei Lebensmittelallergien. 4. vollständig überarbeitete Auflage 2012
- Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V. https://www.daab.de/haut/neurodermitis-und-ernaehrung/
WICHTIGE HINWEISE ZU GESUNDHEITSTHEMEN
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen
Suche