Hauptindikationen für eine Lithiumtherapie sind manisch-depressive Erkrankungen und endogene Depressionen. Behandelt werden mit der Lithiumtherapie einerseits Formen, die durch Stress und psychosoziale Belastungen ausgelöst werden, wie das beispielsweise bei Trennung, Todesfall oder einem sonstigen tiefgreifenden Erlebnis der Fall sein kann. Andererseits sind aber auch Formen behandelbar, die eine körperliche Ursache haben. Körperliche Ursachen können etwa in einer Störung des Hormonhaushalts begründet sein.

Lithium ist ein Ultraspurenelement, das großen Einfluss auf die psychische Verfassung nimmt. Die Lithiumtherapie zählt zu den großen Errungenschaften in der Behandlung seelischer Störungen, doch sie beinhaltet auch Risiken. Gut eingestellte Patienten, die die Medikamente zuverlässig einnehmen und sich unter dauerhafter ärztlicher Kontrolle befinden, haben nach Expertenangabe jedoch meist wenig ernsthafte Probleme und können so von einer Lithiumtherapie profitieren.

Eine Behandlung mit Lithiumsalzen kommt in der Regel zum Einsatz, um vorzubeugen. Die prophylaktische Wirkung der Lithiumtherapie tritt erst circa 6 bis 12 Monate nach Therapiebeginn ein. Das Auftreten depressiver oder manischer Phasen kann dann deutlich gemildert oder sogar ganz verhindert werden.

Ebenso kommt die Lithiumtherapie bei akuten manischen und hypomanischen Zuständen zum Einsatz. Nach Bedarf erfolgt dabei eine Kombination mit Neuroleptika. Neuroleptika, die auch unter dem Begriff Antipsychotika bekannt sind, können als einzige Medikamentengruppe auf Symptome von Psychosen wirken.

Bei Personen mit erblicher Belastung lässt sich allerdings durch die vorherige Einnahme der Lithiumsalze kein erstmaliger Ausbruch einer Manie oder Depression verhindern, bei diesen bleibt das Medikament nach Expertenangabe ebenso eine Rückfall-Vorbeugung.

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Depressive Erkrankungen

Depression und Manie

Lithiumsalze

Hochdosierte Präparate mit Lithiumsalzen werden vom Nervenarzt, bzw. Psychiater verschrieben und sollten immer unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden. Im deutschsprachigen Raum stehen mehr als 10 Handelspräparate zur Wahl, die verschiedene Lithiumsalze in unterschiedlichen Mengen beinhalten. Es handelt sich dabei um die Lithiumsalze Lithiumacetat, Lithiumaspartat und Lithiumcarbonat sowie Lithiumsulfat.

Der Arzt entscheidet, ob Medikamente in üblicher Form oder in Retard-Form mit verlängerter Wirkung angewendet werden. Auch nach jahrelanger Einnahme von Lithiumpräparaten ist eine Suchtgefahr nicht zu befürchten.

Durch eine Therapieunterbrechung verändert sich die biochemische Lage im Körper und man geht davon aus, dass bei einer anschließenden Weiterbehandlung mit Lithiumsalzen der Wirkungsgrad des Medikaments herabgesetzt wird. Eine Behandlungsunterbrechung sollte dementsprechend gut abgewogen werden.

Im Verlauf der Lithiumtherapie sind vierteljährliche bzw. halbjährliche Laborkontrollen erforderlich. Untersucht werden dabei neben dem Blutspiegel, Nierenwerte, Schilddrüsenwerte und auch Elektrolyte wie Natrium und Kalium.

Beenden der Lithiumtherapie

Beim Beenden der Therapie ist eine langsame Reduzierung der Lithiumsalze erforderlich. Wenn Nebenwirkungen zu stark sind oder Lithiumsalze keine Wirkung zeigen, kann die Lithiumtherapie beendet werden. Die Beendigung der Therapie sollte grundsätzlich unter ärztlicher Kontrolle erfolgen. Lässt der Betroffene die Tabletten abrupt weg oder es kommt zu raschem Abfall des Lithiumspiegels, können verschiedene Symptome auftreten. Dazu zählen Reizbarkeit, Ängstlichkeit, innere Unruhe oder auch eine labile Gemütslage. Experten empfehlen daher eine langsame Reduzierung der Lithiumsalze.

Einnahme von Lithiumpräparaten

Lithiumpräparate werden in der Regel unzerkaut und mit viel Flüssigkeit direkt nach den Mahlzeiten eingenommen. Wenn eine Einnahme versäumt wurde, darf sie nicht nachgeholt werden, weil das zu Überdosierungserscheinungen führen kann. Ein kurzfristiger Abfall des Lithiumspiegels ist dagegen nicht so bedenklich.

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Lithium und Lithiummangel

Lithium und Lithiummangel

Dosierung in der Lithiumtherapie

Die Lithiumdosierung richtet sich individuell nach dem Patienten, so dass Einstellung und Anpassung über einen gewissen Zeitraum nötig sind. Dazu ist die Bestimmung der Lithiumkonzentration im Blutserum erforderlich.

Die Standard-Blutkonzentration für die Langzeitvorbeugung liegt bei 0,6 bis 0,8 mmol/l.

Ein effektiver Schutz ist unter einem Wert von 0,3 mmol/l nicht gegeben.

Das Risiko ernsthafter Nebenwirkungen besteht dagegen bei mehr als 1,0 mmol/l. Besonders bei zu hohen Serumspiegeln und zu schnellem Aufsättigen treten in der Lithiumtherapie Nebenwirkungen auf.

Verträglichkeit und Nebenwirkungen der Lithiumsalze

Körperliche Begleiterscheinungen sind dosisabhängig. Verträglichkeit und Nebenwirkungen der Lithiumtherapie hängen in der Regel von der Dosis der Lithiumsalze ab. Berichtet wird von einigen Patienten, die im Verlauf von einer niedrigen Dosis profitierten und bei denen keine Nebenwirkungen oder nur geringe Nebenwirkungen auftraten. Bedrohliche Vergiftungserscheinungen sind selten. Auch viele Nebenwirkungen lassen sich gezielt abfangen, wenn die ersten Anzeichen rechtzeitig gemeldet werden. Bei manchen Patienten lassen sich Nebenwirkungen nicht beseitigen. Vor einem Therapieabbruch sollten aber immer die möglichen Folgen sorgfältig abgewogen werden.

Körperliche Nebenwirkungen der Lithiumtherapie

Insbesondere bei rascher Steigerung der Dosis treten bei der Lithiumtherapie Nebenwirkungen auf. Zu Beginn können Zittern (Tremor), leichte Müdigkeit, verlangsamtes Denken oder Konzentrationsschwäche auftreten. Berichtet wird auch von emotionaler Einengung oder Bewegungsstörungen.

Bei höherer Dosierung kann es zusätzlich zu Übelkeit, Durchfall (Diarrhö), zum häufigen Wasserlassen in kleinen Mengen (Pollakisurie) und vermehrtem Durst kommen. Es kann zur Ausbildung einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) und zur Kropfbildung kommen. Zusätzlich zu einem verstärkten Tremor können Schläfrigkeit und schwere Lethargie auftreten. Daneben können Hautveränderungen wie Juckreiz, Pusteln, Pickel oder Hautaustrocknung auftreten. Auch von Wasseransammlungen in Händen, Füßen, Bauchdecke und Gesicht ist berichtet worden.

Einige Patienten leiden unter einer Gewichtszunahme, die zur Gefahr für einen Therapieabbruch werden kann. Zur Gewichtszunahme kann es durch unterschiedliche Faktoren kommen. Mögliche Ursachen für die Gewichtszunahme sind neben Fetteinlagerungen auch Wassereinlagerungen.

Zur Gewichtszunahme kann es auch durch eine Schilddrüsenunterfunktion kommen. Weitere Faktoren sind ein ungezügelter Appetit sowie mangelnde Bewegung.

Zu den selteneren, körperlichen Nebenwirkungen zählen bei der Lithiumtherapie die Verminderung der Potenz, die Verminderung von sexuellem Verlangen, Kopfschmerzen, Nackendruck, Steifigkeit, Schwindel, Krampfanfälle und vermehrter Speichelfluss. Es kann auch ein metallischer Geschmack im Mund auftreten.

Verträglichkeit der Lithiumtherapie

Lithium wird von etwa 40 Prozent der Patienten, die von einer manisch-depressiven Erkrankung betroffen sind, nicht vertragen.

Fehlerhafte Einnahme

Eine gefährliche Erhöhung des Lithiumspiegels kann bei fehlerhafter Einnahme, zu wenig Flüssigkeitsaufnahme oder in Kombination mit anderen Medikamenten entstehen.

Schwangerschaft und Stillzeit

Die Lithiumtherapie ist bei geplanter Schwangerschaft problematisch, da Schäden der Entwicklung des Kindes im Mutterleib möglich sind. Lithiumsalze übertragen sich auf die Muttermilch. Bei stillenden Müttern wird deshalb das Abstillen und Umstellen auf Flaschennahrung empfohlen.

Reaktionsfähigkeit

Lithiumsalze können die Reaktionsfähigkeit beeinträchtigen. Aktivitäten wie Verkehrsteilnahme und Ausübung von verschiedenen Arbeiten können darunter leiden. In der Regel müssen deshalb manche Aktivitäten in der Anfangszeit der Behandlung unterbleiben. Wann und in welcher Form die Wiederaufnahme möglich ist, ist mit dem behandelnden Arzt abzuklären.

Seelische und psychosoziale Nebenwirkungen der Lithiumtherapie

Die meisten Nebenwirkungen der Langzeittherapie, die seelischer oder psychosozialer Art sind, können durch Anpassung der Dosis einfach behandelt werden.

Häufige Begleiterscheinungen liegen in der Beeinträchtigung der Vitalität, Leistungsfähigkeit und Dynamik. Aber auch die Produktivität und Phantasie sowie die geistige Beweglichkeit kann beeinträchtigt sein.

Warnsymptome der Überdosierung und Lithiumvergiftung

Die richtige Abgrenzung zwischen Überdosierung und Lithiumvergiftung spielt eine wichtige Rolle. Zwischen wirksamer Dosis, Nebenwirkungen, Überdosierungserscheinungen und Vergiftungserscheinungen sind die Grenzen schmal. In der Regel weisen die ersten Warnanzeichen schon auf das Problem hin. Bei Überdosierungserscheinungen muss sofort der Arzt informiert werden, während bei Symptomen der Lithiumvergiftung der Notarzt gerufen werden muss und eine Krankenhauseinweisung erforderlich wird.

Verschiedene Anzeichen weisen auf eine Überdosierung von Lithiumsalzen hin.

Neben Symptomen wie Müdigkeit, Mattheit und Trägheit kann es auch zur Verlangsamung und Konzentrationsschwäche kommen. Auch kann sich Benommenheit bis leichte Verwirrtheit einstellen.

Infolge der Lithiumvergiftung zählen außerdem zunehmender Durst, vermehrtes Wasserlassen oder Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall zu den möglichen Anzeichen. Bei einigen Betroffenen treten Magenschmerzen oder Appetitlosigkeit auf. Weitere typischen Anzeichen sind Muskelschwäche, schwere Glieder oder auch ein verstärktes Zittern der Hände sowie ein unsicherer Gang. Mitunter entwickeln sich Muskelzuckungen oder Sprachstörungen. Beobachtet werden aber zudem heftiger Schwindel, ein zitternder Unterkiefer wie auch eine Überempfindlichkeit gegen Licht

Die Warnsymptome der Lithiumvergiftung sind die gleichen wie die der Überdosierung, allerdings nochmal in verstärkter Ausprägung. Es kann neben völliger Verwirrtheit auch zu Krampfanfällen oder einem Delirium kommen.

Gegenanzeigen bei Lithiumtherapie

Es gibt verschiedene Gegenanzeigen, diese werden in der Regel vor Beginn ärztlich abgeklärt. Dazu zählen Nierenfunktionsstörungen, Herz- Kreislauferkrankungen, Schilddrüsenerkrankungen, kochsalzarme Diäten, Schwangerschaft und Stillzeit und weitere Erkrankungen.

Wechselwirkungen der Lithiumtherapie

Wechselwirkungen sind möglich, denn Lithiumsalze reagieren mit verschiedenen Medikamenten, unter anderem besonders mit harntreibenden Präparaten.

Risiken

Im Verlauf der Lithiumtherapie können sich einige Risiken ergeben. Die meisten Risiken treten in Zusammenhang mit dem Verlust von Wasser und Kochsalz im Körper auf. Eine ausreichende Trinkmenge muss deshalb während der Therapie sichergestellt sein.

Weitere Risiken bilden fieberhafte Erkrankungen, das Auftreten von Durchfall, starkem Schwitzen sowie Erbrechen. Die Behandlung mit entwässernden Medikamenten, Abmagerungskuren und kochsalzarme Diäten erhöhen das Therapierisiko ebenso. Ungünstig auf die Lithiumtherapie können sich außerdem Narkosen, Entbindungen und Schwangerschaften auswirken.

Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 11/2017 | aktualisiert 29.12.2022
Bildquelle: © Bild von kalhh auf Pixabay.com

Quellen und weiterführende Informationen:

V. Faust. Medikament und Psyche. Eine allgemeinverständliche Einführung zu Möglichkeiten, Grenzen und Gefahren. Band 1. Neuroleptika-Antidepressiva-Beruhigungsmittel. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft. Stuttgart. 1995

Prof. Dr. med Volker Faust. Psychosoziale Gesundheit. Von Angst bis Zwang. Psychiatrie. Lithiumsalze

B. Müller-Oerlinghausen, W. Greil, A. Berghöfer. Die Lithiumtherapie. Nutzen, Risiken, Alternativen. Verlag Springer. 2. Auflage. 1997

S3 Nationale Versorgungsleitlinie Unipolare Depression 2.Auflage. 2015. Version 5. AWMF-Reister-Nr.: nvl-005 (PDF)

Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen

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