Die Manuelle Medizin kommt auf vielen Gebieten zum Einsatz. Sie bildet einen festen Bestandteil in der Behandlung vieler Erkrankungen und zählt zu den alternativen Heilverfahren. Ein Verfahren der Manuellen Medizin ist die Chirotherapie. Vor allem bei Erkrankungen der Wirbelsäule, der Gelenke und Muskeln kommt die Manuelle Medizin in Form der Chirotherapie zum Einsatz.
Rücken- und Nackenschmerzen rühren oft von einer geringen Verschiebung der Rückenwirbel her, die für Schmerzen sorgen oder Funktionen beeinträchtigen und vom Chirotherapeuten meist erfolgreich behandelt werden können. Wenn der Rücken schmerzt, Atembeschwerden bestehen oder die Muskeln verspannt sind, kann der Chirotherapeut verschiedene wirkungsvolle Techniken einsetzen. Auch bei Magenverstimmungen und Migräne haben sich chirotherapeutische Behandlungen bewährt.
Eingesetzt wird die Chirotherapie regelmäßig in folgenden Bereichen:
- Orthopädie
- Sportmedizin
- Unfallchirurgie
- Rehabilitation
- Kinderheilkunde
- Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde
- Schmerztherapie
- Zahn-Mund-Kieferheilkunde
Für die Chirotherapie ist eine Zusatzausbildung erforderlich
Die Manuelle Medizin erfordert auch im Bereich der Chirotherapie eine spezielle Zusatzausbildung. Die namensgebende Silbe Chiro leitet sich vom griechischen Begriff cheir ab und bedeutet Hand. Die Hand ist in der Manuellen Medizin das einzige Werkzeug, das Chirotherapeuten einsetzen.
Die Chirotherapie oder Manuelle Medizin, die daneben auch Bereiche von osteopathischen Diagnose- und Therapieverfahren einschließt, wird von Ärzten mit einer zertifizierten Zusatzausbildung praktiziert. Diese Ärzte führen eine gesetzlich geschützte Zusatzbezeichnung „Manuelle Medizin/Chirotherapie“. Sie werden meist als Chirotherapeuten oder Manuelle Mediziner bezeichnet.
Chiropraktiker und Chiropraktoren
Heilpraktiker und Physiotherapeuten mit einem entsprechenden Diplom in Manueller Therapie bezeichnet man dagegen als Chiropraktiker. Daneben sind auch Chiropraktoren in Deutschland tätig. Chiropraktoren sind Heilpraktiker, die ein Hochschulstudium mit Praxisjahr absolviert haben. Ihre Ausbildung entspricht internationalen Standards, wird aber in Deutschland nicht anerkannt.
Die Manuelle Medizin basiert auf verschiedenen Techniken
Von besonderer Bedeutung sind die Grifftechniken der manuellen Mediziner. In der Chirotherapie setzen Chirotherapeuten, beziehungsweise manuelle Mediziner verschiedene Grifftechniken ein, die Funktionsstörungen am Bewegungssystem sicher ertasten und erfolgreich behandeln können. Die Chirotherapie begreift den Körper als eine gesamtheitliche, funktionale Einheit und zielt darauf ab, Blockierungen der Wirbelsäule zu lösen, die durch Verschiebung oder Fehlstellung der Gelenke aufgetreten sind. Ursächlich dafür können etwa Unfälle, falsches Heben, dauernde Fehlhaltung oder eine Verkrümmung der Wirbelsäule sein.
Ein Chirotherapeut kann je nach Ausgangslage drei unterschiedliche Techniken einsetzen, um die Beschwerden zu behandeln. Zum Einsatz kann eine osteopathische Technik kommen, bei der Druck auf die Verhärtung eines Muskels ausgeübt wird. Daneben kann in der Chirotherapie auch die sogenannte Manipulation zur Schmerzunterbrechung angewendet werden, bei der die Blockade mit einer schnellen kleinen Bewegung gelöst wird und man das Gelenk knacksen hört. Eine weitere Technik des Chirotherapeuten ist die Mobilisation, mit der er die blockierten Gelenke rhythmisch in die Richtung bewegt, die eingeschränkt ist.
Diagnose in der manuellen Medizin
Am Anfang steht die Diagnose akuter und chronischer Erkrankungen. Um zu einer Diagnose zu kommen, sind für manuelle Mediziner alle Informationen des Patienten wichtig, die seine Krankheitsgeschichte und seinen momentanen Gesundheitszustand betreffen. Neben der Ermittlung der Blutdruckwerte und der Testung der Reflexe, kann außerdem die Körperhaltung beim Stehen und Laufen sowie die Beweglichkeit der Gelenke dem Chirotherapeuten Aufschluss geben. Wenn die getesteten Reflexe nur schwach sind oder ganz ausbleiben, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass die Rückenmarksnerven einem Druck ausgesetzt sind.
Zur Diagnose testet und betrachtet der Chirotherapeut in der manuellen Medizin auch die Beweglichkeit der Wirbel und Gelenke. Blockierte Wirbel kann der Chirotherapeut erkennen, denn die Muskulatur um den blockierten Wirbel ist zumeist verhärtet. Die Verhärtung schmerzt oft bei Druck und ändert bei Bewegung die Form und Größe.
Wenn Veränderungen der Rückenwirbel ausgeschlossen werden müssen, werden die betreffenden Rückenwirbel geröntgt.
Behandlung in der manuellen Medizin
Die Behandlung erfolgt in der manuellen Medizin meist auf einer höhenverstellbaren Liege. Im Anschluss an die chirotherapeutische Behandlung erhält der Patient oft Empfehlungen für zuhause, mit welchen speziellen Übungen und Körperhaltungen beim Sitzen und Liegen er die Behandlung unterstützen und einem Rückfall vorbeugen kann.
Die Anzahl der notwendigen Sitzungen hängt in der Chirotherapie von der Art der Erkrankung und dem Therapieerfolg ab.
Wenn ein Patient eine akute Verletzung oder starke Rückenschmerzen hat, behandelt der Chirotherapeut das Problem sofort nach der Untersuchung. Bei akuten Erkrankungen oder leichten Sportverletzungen ist oft schon nach zwei bis drei Sitzungen eine Linderung erreicht.
Bei Patienten mit chronischen Beschwerden sind dagegen zur Therapie mehrere Sitzungen erforderlich, die meist einmal wöchentlich durchgeführt werden. Während die erste Sitzung zwischen 30 bis 60 Minuten dauern kann, sind die anschließenden Sitzungen meist kürzer. Bei chronischen Erkrankungen, z.B. Wirbelverschiebungen durch langjährige Haltungsschäden kann die Therapie einige Monate dauern. Oft wird dann sogar eine regemäßige Weiterbehandlung empfohlen, um erneuten Haltungsschäden vorzubeugen.
Behandlungsziele in der Chirotherapie
Ziel der Behandlung ist die Auflösung der Blockierung. Das Gelenk wird vom Chirotherapeuten mit speziellen Handgriffen und Techniken in die ursprüngliche Position zurückbewegt. Dieser Vorgang löst normalerweise keine Schmerzen aus und führt bei Erfolg zur Auflösung der Blockierung.
Im Anschluss an eine Chirotherapie verbessern sich die Beschwerden, Muskelverhärtungen klingen ab und die Beweglichkeit ist wieder hergestellt.
Wenn die Wirbelblockade ihre Ursache allerdings in einer Erkrankung der inneren Organe hat, können die Beschwerden wieder auftreten.
Nach chirotherapeutischer Behandlung ist gesunde Bewegung wichtig
Gesunde Bewegung schützt vor erneuter Blockierung. Mit gezielten Techniken einer physiotherapeutischen Behandlung wird die Rückenmuskulatur gestützt und die Wirbelsäule entlastet. Anschließende Physiotherapie und sportliche Betätigung beugen erneuten Blockierungen vor.
Damit ein Rückfall vermieden wird, empfehlen Experten nach dem Ende der Therapie regelmäßigen Sport und Krankengymnastik.
Nebenwirkungen und Gegenanzeigen der Chirotherapie
Richtig angewendet kennt die Chirotherapie kaum Nebenwirkungen und ist eine sichere Behandlungsmethode. Dennoch besteht ein Risiko für die Verletzung von Nerven und Gefäßen. Wenn es nach der chirotherapeutischen Behandlung zu Taubheitsgefühlen, Schwindel, Schmerzen oder Nervenausfällen kommt, sollte man den Chirotherapeuten umgehend informieren.
Nach der ersten Behandlung reagieren manche Patienten mit Müdigkeit und Kopfschmerzen, die aber nach weiteren Behandlungen nachlassen. Oft ist ein leichter Muskelkater nach der Behandlung spürbar.
Gegenanzeigen
Bei Erkrankungen wie Osteoporose wird eine chirotherapeutische Behandlung in der Regel nicht angewendet.
Auch für Patienten, die einen Bandscheibenvorfall hatten oder an der Bandscheibe operiert wurden oder bei denen der Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall bestand, sollten sich nicht chirotherapeutisch behandeln lassen.
Kosten und Kostenübernahme der Chirotherapie
Die Kosten für die chirotherapeutische Behandlung im Rahmen der Manuellen Medizin übernehmen die meisten Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen. Gesetzliche Krankenkassen unterscheiden dabei in der Regeln zwischen Leistungen der Chirotherapie, wie sie durch einen Arzt mit der Zusatzbezeichnung Chirotherapeut erbracht wird, und einer chiropraktischen Behandlung, die ein Physiotherapeut oder Heilpraktiker vornimmt.
Gesetzliche Krankenkassen übernehmen in der Regel die Behandlungskosten für eine Chirotherapie, wenn sie durch einen von der Krankenkasse anerkannten Arzt mit dem Zusatz Chirotherapeut durchgeführt wurde. Für die Übernahme dieser Kosten ist keine zusätzliche ärztliche Verordnung notwendig und es reicht aus, die Versichertenkarte vorzulegen, um Leistungen der Chirotherapie durch einen Vertragsarzt zu erhalten.
Auch bei Physiotherapeuten, die von der Krankenkasse anerkannt sind, werden die Kosten für die chiropraktische Behandlung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, allerdings ist hierfür eine ärztliche Verordnung die Voraussetzung.
Für chiropraktische Behandlungen durch Heilpraktiker übernehmen aber nicht alle gesetzlichen Krankenkassen die Kosten. Empfehlenswert ist deshalb in dem Fall vor Behandlungsbeginn die Klärung der Kostenfrage mit der eigenen Krankenkasse.
Selbstzahler und Privat Krankenversicherte tragen die Kosten für die chirotherapeutische Behandlung der Manuellen Therapie nach der amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Abrechnungsgrundlage für den chirotherapeutischen Eingriff an der Wirbelsäule ist die Ziffer 3306 GOÄ, wird das Gelenk behandelt, trifft die Ziffer A3306 zu. Die manuelle Therapie kostet mit 1-fachem Faktor 8,63 EUR, mit 2,3-fachem Faktor 19,85 EUR und mit 3,5-fachem Faktor 30,21 EUR. Je nach Aufwand kann ein höherer Faktor abgerechnet werden. Die Manuelle Therapie kann durch verschiedene Begleit-Therapien unterstützt werden, die einzeln abgerechnet werden können. Abrechenbar sind folgende GOÄ Ziffern und Begleit-Therapien in der Chirotherapie: GÖÄ Ziffern Chirotherapie und Chiropraktik (PDF DGMSM)
Ob und in welcher Höhe die Kosten beim Privatversicherten erstattet werden, richtet sich nach dem Tarif, der bei der privaten Krankenversicherung abgeschlossen wurde. Wenn die Kostenübernahme unklar ist, empfiehlt sich vor der Behandlung eine Rücksprache mit der Privaten Krankenversicherung.
Manuelle Medizin ist eine traditionelle Behandlungsform
Der Weg von der Laien-Anwendung bis zur wissenschaftlichen Disziplin war lang. Schon im antiken Griechenland wendete man unter dem Namen Knochensetzen ähnliche Behandlungsformen an. Die weiter entwickelte Behandlungsform ist heute wissenschaftlich anerkannt und wird von Chirotherapeuten im Rahmen der Manuellen Medizin, beziehungsweise Chirotherapie eingesetzt.
Von der Antike bis zum Ende des 19. Jahrhunderts praktizierten zunächst ausschließlich Laien und Heiler die Techniken des Knochensetzens. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden in Amerika Schulen für Chiropraktik und Osteopathie gegründet und begonnen, die Lehren zu vermitteln. Nach der Einführung in Europa entwickelten Ärzte und Physiotherapeuten verschiedener europäischer Länder die Lehren unter wissenschaftlichen Aspekten weiter und schufen damit die Manuelle Medizin der heutigen Zeit.
Manuelle Medizin im Visier der Forschung
Die Manuelle Medizin, beziehungsweise Chirotherapie ist ein wissenschaftlich anerkanntes Heilverfahren und die Wirksamkeit ist durch weltweite Studien und Metaanalysen belegt. Manuelle Medizin hat seit vielen Jahren einen festen Platz in der nationalen Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz. Weltweit werden Forschungsarbeiten durchgeführt.
In Deutschland gründete die Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin e.V. (DGMM) die Forschungsberatungsstelle (FBS) MANUELLE MEDIZIN mit Sitz am Institut für Physiotherapie des Universitätsklinikums Jena.
Text: Katja Schulte Redaktion
Datum: 2016 aktualisiert 12/2020 | aktualisiert 16.01.2023
Bildquelle: © Bild von Aneta Lusina bei Pexels.com
Quellen und weiterführende Informationen:
Dieter Heimann, Jürgen Lawall. LF Manuelle Medizin. 4. Auflage 2008. Verlag Urban & Fischer
Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin e.V.
Dr. David R. Goldmann. Praxishandbuch Medizin & Gesundheit. Verlag Dorling Kindersley. London, New York, München, Melbourne, Delhi. 2002
Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen