Die Nährstofftherapie (Orthomolekulare Medizin) ist ein komplementärmedizinisches Naturheilverfahren. Sie geht auf den zweifachen Nobelpreisträger Linus Pauling zurück. Ziel der Nährstofftherapie ist es, die Gesundheit durch natürliche Nährstoffe zu erhalten und zu stärken, so wie sie normalerweise auch als Bestandteil im Körper vorkommen. Außerdem zielt die Orthomolekularmedizin darauf ab, die Konzentration der natürlich vorkommenden Substanzen im Körper bedarfsgerecht zu verändern.
Diese ganzheitliche Therapieform beruht auf dem Ansatz, dass eine ungünstige Ernährung und Lebensweise sowie verschiedene Umweltbelastungen Nährstoffdefizite im Körper verursachen, die orthomolekularmedizinisch auszugleichen sind.
Eingesetzt wird die Nährstofftherapie allein oder in Kombination mit Behandlungen der Schulmedizin und anderen Naturheilverfahren.
Sie kann deren Wirkung verstärken oder auch Nebenwirkungen anderer Therapien reduzieren.
Die Orthomolekulare Medizin basiert auf dem präventiven und therapeutischen Einsatz von Substanzen (Mikronährstoffen), wie sie normalerweise im Körper vorkommen und für die Gesundheit und Gesundung als notwendig eingestuft werden.
Unter den Begriff Mikronährstoffe fallen in Bezug auf die Nährstofftherapie zahlreiche Nährstoffe aus verschiedenen Nährstoffgruppen.
Neben Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen spielen auch sekundäre Pflanzenstoffe eine wichtige Rolle. Aber auch spezielle Fettsäuren, Aminosäuren, Enzyme und Coenzyme sind in ausreichender Menge für einen gut funktionierenden Stoffwechsel von großer Bedeutung.
Bei Erkrankungen, die auf einen Mangel an Mikronährstoffen zurückgeführt werden, ist die Nährstofftherapie die einzige wissenschaftlich anerkannte Behandlung.
Anerkannte Anwendungsgebiete der Nährstofftherapie
In der Orthomolekularen Medizin gibt es einige anerkannte Anwendungsgebiete. Schulmedizinisch anerkannt ist der Einsatz der orthomolekularen Medizin in den Bereichen, in denen es um die ausreichende Versorgung geht.
Anerkannt ist die Therapieform zur Ergänzung einseitiger Nahrungsformen, zum Beispiel bei Mangelernährung oder Veganismus.
Auch zum Ausgleich von vorhandenen Mangelerscheinungen, wie etwa dem Eisenmangel bei Anämie, Vitamin C-Mangel bei Skorbut oder einem Kalziummangel bei Osteoporose und anderen, gilt die orthomolekulare Medizin als einzige Behandlungsoption.
Dies betrifft auch den Nährstoffausgleich bei einer gestörten Aufnahme oder Verdauung und Verwertung, so wie sie bei Abmagerung, Gebrechlichkeit, Darmerkrankungen oder bei der Rehabilitation auftritt.
Ebenfalls ist die Deckung von erhöhtem Nährstoffbedarf bei Schwangeren, Sportlern und körperlich schwer belasteten Personen therapeutisch anerkannt.
Prophylaxe und Diagnose in der Nährstofftherapie
Die Diagnostik spielt in der Orthomolekularen Therapie eine wichtige Rolle und jeder Nährstofftherapie geht deshalb eine entsprechende Diagnostik voraus. Dabei kann der Status von Mikronährstoffen und anderen Biomolekülen nach verschiedenen Methoden bestimmt werden.
Zu den üblichen Diagnosemethoden in der Nährstofftherapie zählt die Bestimmung des Nährstoffstatus im Vollblut, im Serum oder auch im Speichel. Bestimmt werden kann je nach Probe der Gehalt an Aminosäuren, Vitaminen, Elektrolyten, Spurenelementen, Fettsäuren, Hormonen oder sonstigen Substanzen wie Carnitin, Coenzym 10, Glutathion, Homocystein oder Peroxiden.
Einige Untersuchungen in der Nährstofftherapie dienen auch einem Check Up zur Vorsorge. Dies betrifft etwa den Check Up zur Gewichtsreduktion oder den Check Up für Vegetarier und Veganer.
Häufige Untersuchungen, Beratungen und Analysen in der Nährstofftherapie
Zur Feststellung des Nährstoffstatus und zur Ermittlung des Nährstoffbedarfs kommen häufig Vitamintests, Mineralstoff- und Spurenelemente-Tests sowie Omega-3-Tests zum Einsatz. Auch eine Bestimmung der Salzaufnahme oder Risikotests zur Zuckerkrankheit können erforderlich sein.
Neben der Erkältungsprophylaxe werden auch Menstruationsbeschwerden nährstofftherapeutisch behandelt.
Präparate in der Nährstofftherapie
Zum Einsatz kommen spezielle orthomolekulare Präparate. In der Orthomolekularen Therapie werden diese Nährstoffprärate mit natürlichen Molekülen zur Prophylaxe, zur Steigerung des Wohlbefindens und zur Behandlung bei Erkrankungen und Nährstoffmängeln eingesetzt.
Die Höhe ihrer Dosierung ist abhängig vom Einsatzbereich, bzw. von der Diagnose. Hoch dosierte Nährstoffpräparate in der Nährstofftherapie sind apothekenpflichtige, pharmakologisch wirksame Arzneimittel, deren Dosis die geltenden Nährstoffempfehlungen um ein vielfaches überschreiten können. Therapeutische Mittel der Orthomolekularmedizin sind entsprechend dosierte Tabletten, Brausetabletten, Kapseln, Trinklösungen und Sirup, die über einen bestimmtem Zeitraum verabreicht werden.
Auch Infusionstherapien mit Mikronährstoffen und Hochdosistherapien kommen in der Orthomolekularmedizin zur Anwendung. Ebenso kommen spezielle Diäten zur Anwendung.
Die für Aufbaukuren, zur Vorsorge oder zur Therapie eingesetzten Präparate beinhalten unter anderem Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und sekundäre Pflanzenstoffe. Basis der Nährstofftherapie bilden insgesamt 45 verschiedene Mikronährstoffe, die bedarfsweise zum Einsatz kommen können.
Der überwiegende Teil der Mittel sind orthomolekulare Präparate in Form von Nahrungsergänzungsmitteln. Einige orthomolekulare Präparate sind aber auch als Arzneimittel zugelassen.
Angewendet wird die Nährstofftherapie von Therapeuten mit einer entsprechenden Zusatzausbildung zum Orthomolekular-Therapeuten. Therapeuten für Orthomolekularmedizin sind im Bundesgebiet verschiedene Allgemeinmediziner, Fachärzte und Heilpraktiker, die orthomolekularmedizinische Leistungen in einer Praxis oder Klinik anbieten.
Nebenwirkungen in der Nährstofftherapie
Orthomolekulare Präparate, wie sie präventiv und therapeutisch eingesetzt werden, zeigen keine oder nur geringe Nebenwirkungen. Orthomolekularmediziner setzen sich für eine Behandlung mit natürlichen Molekülen fast ohne Nebenwirkungen ein.
Damit stehen sie herkömmlichen medikamentösen Therapien kontrovers gegenüber, die allein auf synthetische Medikamente setzen und dabei teilweise starke Nebenwirkungen bei Patienten auslösen können. Nach Auffassung der Orthomolekularmediziner dürften synthetische Mittel erst dann eingesetzt werden, wenn orthomolekularmedizinische Mittel keine Wirkung zeigten.
Anwendungsbereiche der Orthomolekularmedizin
Verschiedene Körperbereiche, Erkrankungen und Befindlichkeiten lassen sich durch eine gezielte Nährstoffzufuhr optimieren. Hierzu zählen neben der Steigerung der Abwehrkräfte auch psychische Erkrankungen und Stoffwechselstörungen wie zum Beispiel Diabetes. Aber auch Entzündungen, Hauterkrankungen und Wundheilungsstörungen zählen zu den Einsatzbereichen.
Weitere Anwendungsbereiche bilden Erkrankungen des Bewegungsapparates wie Osteoporose, Erkrankungen des Verdauungsapparates sowie Herz-Kreislauferkrankungen.
Hinzu kommt die Ausleitung und Entgiftung von Schwermetallen,
Bei Tumorerkrankungen und zur Rehabilitation nach Operationen kann die Nährstofftherapie als begleitende Therapie eingesetzt werden.
Die Deckung von erhöhtem Nährstoffbedarf in der Schwangerschaft sowie Anti Aging und der allgemeine Körperaufbau und die Körperkräftigung bilden ein weiteres Feld zur Anwendung der Nährstofftherapie.
Weitere Einsatzgebiete, Ziele und Positionen der Orthomolekularmedizin
Die Therapeuten sprechen sich für eine präventive Nährstoffversorgung aus. Orthomolekularmediziner sehen einen Teil ihrer Aufgaben darin, die Folgen ungesunder Ernährung flächendeckend durch spezielle Nahrungsergänzungsmittel auszugleichen, um Volkskrankheiten wie Krebs, Alzheimer oder Arteriosklerose zu verzögern oder zu vermeiden.
Ausleitung von Schadstoffen
Orthomolekularmediziner gehen davon aus, dass viele Stoffe aus Umwelt und Lebensmitteln den Körper belasten und orthomolekularmedizinische Nahrungsergänzungsmittel geeignet sind, die Ausleitung der belastenden Stoffe zu fördern. Bei den belastenden Stoffen handelt es sich unter anderem um Pestizide, Schwermetalle, Farbstoffe oder Konservierungsstoffe.
Heilung durch ergänzenden Einsatz von Nährstoffen fördern
Bei bestehenden Erkrankungen soll eine Nährstofftherapie generell den Körper stärken, um die Wirksamkeit anderer Behandlungsmaßnahmen zu erhöhen.
Orthomolekularmediziner kritisieren handelsübliche Präparate
Kontrovers stehen Orthomolekular-Mediziner auch der Dosierung handelsüblicher Multi-Vitaminpräparate gegenüber. Nach Ansicht von Vertretern der Orthomolekularmedizin sind herkömmliche Multi-Vitaminpräparate wertlos, selbst dann, wenn sie noch zusätzliche Mineralien enthielten.
Wegen ihrer geringen Nährstoffkonzentration könnten sie alleine keine Mangelerscheinungen verhindern und keine therapeutische oder präventive Wirkung in orthomolekularischem Sinn erzielen.
Kostenübernahme der Nährstofftherapie durch die Krankenkasse
Gesetzliche Krankenkassen übernehmen bei einem nachgewiesenen, akuten Vitaminmangel in der Regel nur die Kosten für den Ausgleich mit zugelassenen Medikamenten. Nahrungsergänzungsmittel der Orthomolekularen Medizin werden von gesetzlichen Krankenversicherungen dagegen nicht übernommen. Kosten für Behandlungen der Orthomolekularen Medizin, die vom Heilpraktiker erbracht wurden, übernehmen gesetzliche Krankenkassen nicht.
Wenn eine Zusatzversicherung für Naturheilverfahren abgeschlossen wurde, übernimmt diese die Behandlungen der Orthomolekularen Medizin in der tariflich vereinbarten Höhe. Eine Zusatzversicherung für Naturheilverfahren übernimmt nach Maßgabe auch die Kosten einer Heilpraktiker-Behandlung.
Viele Leistungen der Orthomolekularen Medizin sind individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), die vom gesetzlich Versicherten selbst gezahlt werden. Bei Privatversicherten werden die Kosten für die Nährstofftherapie in der Regel je nach vereinbartem Tarif erstattet.
In Fällen, in denen die orthomolekulare Heilbehandlung nachweislich wirksam und medizinisch notwendig ist und es keine wirksame schulmedizinische Behandlung gibt, können Krankenkassen verpflichtet sein, die angefallenen Kosten zu übernehmen. 2018 wurde eine Private Krankenversicherung gerichtlich dazu verurteilt, bei einer multiplen Chemikalien-Empfindlichkeit (MCS) die Behandlungskosten, die Laborkosten und Kosten für die Medikamente nach der Orthomolekularen Methode zu übernehmen, nachdem diese sich als einzige wirksame Behandlungsform erwiesen hatte.
Abgerechnet werden die Leistungen von Ärzten nach der Gebührenordnung der Ärzte (GOÄ). Ärzte stellen eine ärztliche Leistungsabrechnung aus. Oft erhalten die Patienten vom Labor eine separate Abrechnung.
Auf die Laborkosten entfällt bei einer Orthomolekularen Behandlung oft der größte Teil der Kosten. Einen Vitamin- und Spurenelemente-Test nehmen in der Regel Speziallabore vor, die viele Parameter im Vollblut testen, um Nährstoffungleichgewichte ausfindig zu machen.
Es empfiehlt sich im Zweifelsfall vor Behandlungsbeginn Rücksprache mit der Krankenkasse zu nehmen, um die Kostenfrage zu klären.
Allgemeine Informationen zur Kostenübernahme und zum Eigenanteil bei Reha-Maßnahmen und Alternativen Heilbehandlungen finden Sie im Artikel Kostenübernahme und Eigenteil bei Reha und Naturheilverfahren
Text: Katja Schulte Redaktion
Datum: 11/2016 | aktualisiert 06.04.2022
Bildquelle: © Pete Lintforth Pixabay.com
Quellen und weiterführende Informationen:
Karin Kraft, Rainer Stange: Lehrbuch Naturheilverfahren. Hippokrates Verlag. 2010
Volker Schmiedel, Matthias Augustin: Leitfaden Naturheilkunde: Methoden, Konzepte und praktische Anwendung. Urban & Fischer. 5. Auflage 2007
Forum Orthomolekulare Medizin e.V.
Private Krankenkasse unterliegt im Rechtsstreit um Erstattung der Kosten für orthomolekulare Therapie. OLG Frankfurt am Main 7 U 103/16 vom 20.12.2018
Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen
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