Gesundheitsprodukte zur Nahrungsergänzung sind weiter auf dem Vormarsch, denn für viele, die eine eher ungesunde Lebensweise pflegen, sind Nahrungsergänzungsmittel attraktiv. Nahrungsergänzung ist indessen ein strittiges Thema. Wer gesund ist, sich ausgewogen ernährt und seinen Körper nicht dauerhaft überstrapaziert, bezieht in der Regel alle nötigten Nährstoffe aus den üblichen Lebensmitteln und kann beruhigt auf Nahrungsergänzungsmittel (NEM) verzichten. In diesem Punkt ist sich die Mehrzahl der Fachleute einig.
Deutschland gilt nicht als Vitaminmangel-Land, dennoch greift ungefähr jeder Vierte zur Nahrungsergänzung und nimmt regelmäßig Gesundheitsprodukte mit Mikronährstoffen – zu diesem Ergebnis kam eine vom Bund für Lebensmittelkunde beauftragte Marktanalyse.
Mediziner sind beim Einsatz von Nahrungsergänzung uneins
Wenn es um das Thema Nahrungsergänzung geht, sind Ernährungsspezialisten zwiegespalten. Unter den Experten besteht ein Pro- und ein Contra-Lager. Lediglich beim Einsatz von Vitamin D und Jod sind sich die Fachleute aktuell einig, dass in der Bevölkerung allgemein eine Unterdeckung besteht und der Mehrbedarf durch Nahrungsergänzung gedeckt werden sollte. Eine Annäherung wird auch bei der Deckung des erhöhten Folsäure-Bedarf von Schwangeren erzielt, wenn es um die Vorbeugung von Neuralrohrdefekten geht.
Jedoch stößt die Forderung einiger Ärzte, bundesweit vorsorglich Nahrungsergänzungsmittel einzusetzen, bei der Ärzteschaft in großen Teilen auf Ablehnung.
Contra: Argumente gegen den Einsatz von Mitteln zur Nahrungsergänzung
Gegner von Nahrungsergänzungsprodukten plädieren dafür, einen Nährstoffmangel allein durch ausgewogene Ernährung auszugleichen.
Auf Ablehnung stößt im Contra-Lager die Tatsache, dass viele Menschen vorsorglich zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen, die überhaupt keinen Nährstoffmangel haben, denn bislang konnten Untersuchungen keinen positiven Effekt der Mittel bei solchen Probanden feststellen, die bereits über die Ernährung ausreichend mit Nährstoffen versorgt waren.
Trotzdem mittlerweile viele gesundheitsfördernde Auswirkungen bei sekundären Pflanzenstoffen nachgewiesen wurden, sprechen sich die Gegner außerdem gezielt gegen die Zufuhr dieser gesundheitsfördernden Wirkstoffe in Form von Kapseln aus. Dies betrifft insbesondere Kapsel-Präparate mit sekundären Pflanzenstoffen wie Polyphenolen, Catechin oder Linolsäure (CLA). Sie begründen die Ablehnung damit, dass bislang weder Referenzwerte noch ein Versorgungsstatus zu sekundären Pflanzenstoffen vorliegt.
Außerdem weisen Gegner darauf hin, dass beim Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln keine Garantie für die Sicherheit oder die optimale Dosis besteht, da bisher keine Ergebnisse zu Langzeitauswirkungen vorliegen.
Pro: Argumente von Befürwortern der Nahrungsergänzung
Befürworter von Nahrungsergänzungsmitteln vertreten dagegen die Position, dass Produkte zur Nahrungsergänzung bei verschiedenen Risikogruppen einen leichten Nährstoffmangel oder einen Mehrbedarf an Nährstoffen ausgleichen können.
Nährstoffpräparate dienen darüber hinaus der Vorsorge und können das Risiko für bestimmte Krankheiten verringern. Jedoch sind sie nicht dafür ausgelegt, etwa den klinischen Mangel eines oder mehrerer Nährstoffe zu beheben. Die Behandlung eines festgestellten klinischen Nährstoffmangels ist hingegen Aufgabe des Arztes.
Nach Angaben der befürwortenden Mediziner sind Nahrungsergänzungsmittel grundsätzlich aber nicht dazu geeignet, eine gesunde Ernährung zu ersetzen.
Risikogruppen mit erhöhtem Nährstoffbedarf
Nahrungsergänzungsmittel werden in der Regel bestimmten Risikogruppen empfohlen. Forschungsergebnisse zeigen, dass der Einsatz von Nahrungsergänzungsprodukten bei verschiedenen Risikogruppen empfehlenswert ist.
Mikronährstoffe für Patienten mit COPD, Adipositas oder Krebs
Einen erhöhten Bedarf an Vitamin D, Vitamin B12 und Folsäure sowie an den Mineralstoffen Magnesium, Eisen, Kupfer und Zink haben Patienten, die unter Krankheiten wie COPD, Adipositas und Krebs leiden. Patienten mit COPD benötigen insbesondere wasserlösliche Vitamine. Auch bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und bei Patienten mit Kurzdarm ist die Aufnahmefähigkeit von Mikronährstoffen verringert, so dass es zu einem Mehrbedarf kommt.
Nahrungsergänzung für Frauen mit Kinderwunsch
Anstatt der üblichen Folsäuregabe empfehlen Forscher den Frauen mit Kinderwunsch Multivitamin-Präparate, da nach Studienergebnissen neben Folsäure auch noch weitere Nährstoffe für die Entwicklung des Fötus wichtig sind. So gab es nach Einnahme von Multi-Vitaminpräparaten in einer Studie weniger Kinder mit geringem Geburtsgewicht. Getestet wurde ein Multivitamin-Präparat im Vergleich zu einem Placebo und im Vergleich zu einer Nahrungsergänzung, die nur Folsäure und Eisen beinhaltete.
Eine Meta-Analyse ergab, dass die Einnahme eines Multivitamin-Präparates die Zahl der Fehlbildungen um die Hälfte reduziert. Auch Biotin ist den Erkenntnissen nach für die Entwicklung eines Fötus wichtig.
Mikronährstoffe für Veganer, bei Trend-Diäten und Fat-Replacern
Zu einer Unterversorgung mit Nährstoffen kann es kommen, wenn die Ernährung beeinträchtigt wird. Besonders Vegetarier und Veganer haben ein dauerhaftes Risiko für Nährstoffdefizite. Ein erhöhtes Risiko für Nährstoffmangel haben außerdem Menschen, die Trend-Diäten durchführen oder sogenannte „FatReplacer“ nehmen.
Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln bei Senioren
Auch viele Senioren haben ein großes Risiko für Nährstoffmängel, denn sie sind häufig von Mangelernährung betroffen. Insbesondere fehlen älteren Menschen die Vitamine A,B und D. Ein Vitamin-D-Mangel ist bei Senioren auch darauf zurückzuführen, dass Vitamin D im Alter schlechter in der Haut synthetisiert wird.
Täglicher Nährstoffbedarf
Welche Nährstoffgruppen benötigt der Körper täglich? Der menschliche Körper benötigt Lebensmittel aus insgesamt 7 Nährstoffgruppen. Neben Produkten aus vollwertigem Getreide und Kartoffeln, gesunden Fetten und Ölen, Milch und Milchprodukten benötigt der Körper auch Obst, Gemüse sowie Fisch, geringen Mengen Fleisch und ausreichend Getränke.
Zu den täglich daraus benötigten Nährstoffen zählen neben Vitaminen und Mineralstoffen Spuren – und Ultraspurenelementen auch Fetten und Fettsäuren, Kohlenhydrate sowie Proteine und Aminosäuren. Daneben sind Ballaststoffe, Enzyme und sekundäre Pflanzenstoffe unentbehrlich.
Ein Nährstoffmangel lässt sich in vielen Fällen dauerhaft durch eine Ernährungsumstellung ausgleichen, die den Bedarf ausreichend decken kann. Unterstützung zum Thema bieten Ernährungsberatungen und gesetzliche Krankenkassen.
Form und Inhalt von Nahrungsergänzung
Was sind Nahrungsergänzungsmittel genau? Nahrungsergänzungsmittel werden neben flüssigen Produkten etwa auch in Form von Kapseln, Tabletten, Granulaten oder Pulverbeuteln angeboten. Dennoch zählen sie nicht zu den Arzneimitteln sondern zu den Lebensmitteln. Solche Nährstoffprodukte sind dazu geeignet, die normale Ernährung zu ergänzen.
Bei den Mitteln handelt es sich zumeist um verschiedene isolierte Konzentrate oder konzentrierte Mischungen von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Aminosäuren, Ballaststoffen, Pflanzen- oder Kräuterextrakten. Aufgenommen werden sie entsprechend der empfohlenen Verzehrmenge, um Überdosierungen zu vermeiden. Zur Nahrungsergänzung zählen alle Mittel, die Nährstoff-Konzentrate oder andere Stoffe enthalten, die ernährungsspezifische oder körperliche Wirkung zeigen.
Einsatzgebiete für Nahrungsergänzung
Wann sind Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll? Fast ein Viertel der Deutschen greift nach Angaben des Max-Rubner-Instituts (MRI) zu Nahrungsergänzungsmitteln. Ergänzungen können nach Expertenansicht sinnvoll werden, wenn Anzeichen für einen leichten Nährstoffmangel vorliegen oder nicht sicher gestellt werden kann, dass der tägliche Bedarf regelmäßig über die ausgewogene Ernährung gedeckt werden kann. Die Ursachen dafür können vielfältig sein.
Empfohlen wird von Experten eine bedarfsgerechte Nahrungsergänzung beispielsweise in Situationen, in denen es durch eine mangelhafte Ernährung zu Nährstoffmängeln gekommen ist oder auch bei schwierigen Lebensumständen, die eine ausreichende Ernährung erschweren oder unmöglich machen.
Zur Unterstützung bei verschiedenen Erkrankungen sowie bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten und ungünstigen Ernährungsgewohnheiten empfehlen Experten auch eine entsprechende Nahrungsergänzung.
Sinnvoll sind bedarfsgerechte Supplemente ebenfalls während der Schwangerschaft und in fortgeschrittenem Alter.
Experten empfehlen auch Personen, die andauernden starken körperliche Belastungen ausgesetzt sind oder regelmäßig starken Stress haben, eine entsprechende Nahrungsergänzung, die den Bedarf deckt.
Risiken beim Einsatz von Nahrungsergänzung
Die Gefahr der Überdosierung ist nicht zu unterschätzen. Auswertungen der Verzehrstudie II ergaben, dass gerade Menschen, die sich bereits gesund ernähren außerdem regelmäßig zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen. Nach Ansicht des Max-Rübner-Instituts (MRI) besteht jedoch in diesen Fällen bei einigen Nährstoffen die Gefahr der Überdosierung.
Besonders Leistungssportler und Kraftsportler greifen danach zur Unterstützung des Muskelwachstums oft zu speziellen proteinhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln. Starke Überdosierungen proteinhaltiger Nahrungsergänzungen führen zur erhöhten Bildung von Harnstoff (Purinen), die eine stärkere Belastung der Niere nach sich ziehen. Langfristig besteht deshalb die Gefahr der Einlagerung von Purinen, was zu Gicht führen kann.
Aber auch einige Vitamine in Nahrungsergänzungsmitteln können bei einer Überdosierung gesundheitliche Risiken auslösen, darunter fettlösliche Vitamine wie Vitamin A und Vitamin E. Die Eigenschaft, sich im Körper anzureichern, konnte beispielsweise für isolierte Stoffe wie das fettlösliche Beta-Carotin nachgewiesen werden. Es steht nach Studienergebnissen im Verdacht, besonders im Zusammenhang mit Rauchen, krebsauslösend zu wirken. Überdosierungen sind beim Verzehr natürlicher Lebensmittel dagegen nicht bekannt.
Nach Angaben des Bundes für Risikobewertung (BfR) rechtfertigt die Gefahr der Überdosierung sichere Höchstmengen für die Stoffe festzulegen, die in Nahrungsergänzungsmitteln enthalten sind. Verbindliche Höchstmengen sollen nun EU-weit geregelt werden. Eine entsprechende Regelung befindet sich in Vorbereitung.
Gesundheitliche Risiken durch unerforschte exotische Pflanzen möglich
Zudem sind nicht alle exotischen Pflanzen, Pflanzenteile und ihre Substanzen, die hierzulande in Nahrungsergänzungsmitteln mit dem Attribut „natürlich“ angeboten werden, ausreichend erforscht und können für die Anwender oder Risikogruppen wie Schwangere oder Kinder unerkannte gesundheitliche Risiken bergen.
Zulassung von Nahrungsergänzungsmitteln
Für ein Produkt zur Nahrungsergänzung ist die ordnungsgemäße Registrierung erforderlich. Das Inverkehrbringen von Nahrungsergänzungsmitteln unterliegt einer Reihe gesetzlicher Vorschriften. Nahrungsergänzungsmittel müssen zwar ordnungsgemäß registriert werden, allerdings sind für Nahrungsergänzungsmittel keine Nachweise zu erforderlich, wie etwa für die Zulassung von Arzneimitteln verlangt werden. Sie dürfen keine Nebenwirkungen haben, für ihre Sicherheit ist der Hersteller verantwortlich.
Für Nahrungsergänzungsmittel gelten bestimmte Rechtsgrundlagen. Dieses sind neben der Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel NemV, das Lebensmittel-Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch LBFG sowie die Novel Food Verordnung und die Health Claims Verordnung.
Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 05/2016 | aktualisiert zuletzt 26.12.2022
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Quellen und weiterführende Informationen:
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Gesundheitliche Bewertung von Nahrungsergänzungsmitteln
Ärztezeitung. Vitamine. Jeder Vierte nimmt Nahrungsergänzungsmittel
BfR. BGVV empfiehlt Höchstmengen für isoliertes Betacarotin
BfR: Risikobewertung von Pflanzen und pflanzliche Zubereitungen
Ärztezeitung. Pro und Contra Nahrungsergänzungsmittel. Sinnvoll oder Unsinn
DGE. Sekundäre Pflanzenstoffe (PDF)
Burgerstein, Dr. Lothar. Burgersteins Handbuch Nährstoffe. Haug Verlag. 2002
MRI Bund. Nationale Verzehrstudie II
Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen