Phytinsäure bindet wertvolle Mineralstoffe im Körper
Zum Thema Phytinsäure gibt es Pro- und Contra-Argumente. Vollkorn und Vollkornprodukte enthalten nennenswerte Anteile an Phytinsäure (Phytat). Die Phytinsäure befindet sich in den ballaststoffartigen Randschalen des Korns und kommt neben Vollkorn in mehr oder weniger hohen Anteilen auch in Hülsenfrüchten, Ölsaaten, Mais, Soja und Nüssen vor. Die Substanz zählt zu den sekundären Pflanzenstoffen, die allgemein als gesundheitsfördernd gelten. Den Pflanzen dient diese spezielle Säure nicht nur als wertvolles Antioxidans, sie bildet außerdem einen unverzichtbaren Speicher für Phosphat und eine Vielzahl von Mineralstoffen, die der Keimling zum Wachsen benötigt.
Doch speziell wegen ihrer Speicherfunktion steht die Phytinsäure in der Kritik, denn dadurch übt sie beim Menschen leider nicht nur positive Wirkung auf die Gesundheit aus. Sie bindet im Körper während des Verdauungsvorgangs nämlich wichtige Mineralstoffe wie Magnesium, Kalzium, Eisen und Zink in einem unlöslichen Chelatkomplex, so dass diese für den Stoffwechsel dann nicht mehr verfügbar sind und letztlich ungenutzt ausgeschieden werden. Aus diesem Grund steht Phytinsäure neben Gluten und den Lektinen besonders bei Verfechtern der Paleo-Ernährung in der Kritik.
Doch gibt es auch eine Reihe von einfachen Behandlungsmöglichkeiten, durch die man einen Großteil der Phytinsäure in Lebensmitteln gezielt abbauen kann. Diese Optionen stellen wir im weiteren Bericht vor.
Nur überhöhter Verzehr führt zu Mineralstoffmangel
Führende Ernährungsexperten warnen jedoch davor, den augenscheinlich negativen Effekt von Phytinsäure über zu bewerten. Denn weil durch Vollkorn und Vollkornprodukte gleichzeitig wesentlich höhere Anteile an Mineralstoffen in den Körper gelangen, wirken sich nach Experteneinschätzung die ungünstigen Bindungseigenschaften von Phytinsäure bei der in Deutschland empfohlenen Vollwerternährung nicht unbedingt nachteilig aus.
Veganer und Vegetarier haben ein höheres Risiko für Nährstoffmängel durch Phytinsäure
Anders sieht es nach Experteneinschätzung allerdings bei Veganern und Vegetariern aus, die regelmäßig sehr hohe Mengen von phytinsäurehaltigem Vollkorn, Vollkornprodukten, Nüssen, Soja, Mais und Hülsenfrüchten verzehren. Diese Gruppe hat erfahrungsgemäß ein wesentlich höheres Risiko und es kann deshalb bei Veganern und Vegetariern durch zu hohe Mengen konsumierter Phytinsäure auch häufiger zu entsprechenden Mineralstoffmängeln kommen.
Phytinsäure blockiert auch wichtige Verdauungsenzyme
Neben der Bindung von Mineralstoffen blockiert Phytinsäure außerdem die Verdauungsenzyme Trypsin und Pepsin, die zur Verdauung von Proteinen notwendig sind.
Diskussionsstoff liefert der Einsatz bei Säuglingen und Kleinkindern
Phytinsäure steht auch in der Ernährung von Säuglingen und Kleinkindern als geeigneter Stoff in der Diskussion. Speziell für diese Altersgruppe beziehen das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE e.V.) gesundheitliche Risiken durch die Reduzierung der Mineralstoffe in die Diskussion mit ein, wenn es um die Eignungsbewertung der Pseudogetreide Amaranth und Quinoa geht, die hohe Mengen an Phytaten enthalten.
Gesundheitsfördernde Wirkungen von Phytinsäure
Phytinsäure senkt das Risiko für verschiedene Krankheiten. Phytinsäure hat sich aber auch in mehrfacher Hinsicht als gesundheitsfördernd erwiesen. Sie wirkt nicht nur antioxidativ, sondern bildet auch schwer lösliche Komplexe mit Proteinen und Kohlenhydraten. Dadurch verzögert sie die Stärkeverdauung und wirkt regulierend auf den Blutzuckerspiegel. In Tierstudien zeigte die Säure eine schützende Wirkung bei der Entstehung von Diabetes mellitus Typ2 und Herzerkrankungen. Für Forscher ergaben sich außerdem Hinweise darauf, dass Darmkrebs auf einen Mangel an Phytinsäure zurückzuführen ist, der durch faserarme Kost entsteht.
Phytinsäuregehalt in Lebensmitteln kann gezielt verringert werden
Neben Einweichen, Auskeimen und Probiotika hilft eine längere Teigführung beim Phytinabbau. Ein natürlicher Abbau der Phytinsäure in Lebensmitteln kann durch verschiedene Behandlungen der Lebensmittel und auch mit Hilfe von Probiotika aktiviert werden.
Längeres Einweichen oder Auskeimen von Ölsaaten, Vollkorn oder Hülsenfrüchten führt zur Senkung des Phytinsäuregehalts im Lebensmittel. Auch eine längere Teigführung, besonders bei Sauerteig, sorgt für einen Abbau der Phytinsäuren von bis zu 80 %. Die Phytinsäure wird dabei überwiegend durch die zugesetzten Laktobazillen und Hefen im Teig abgebaut. Der Abbau erfolgt durch das Enzym Phytase.
Ebenfalls können probiotische Nahrungsergänzungsmittel mit Lactobazillen der Phytinsäure entgegenwirken wirken und so Mineralstoffdefizite reduzieren.
Phytinsäuregehalte in Lebensmitteln
Nicht alle Lebensmittel besitzen hohe Phytinsäuregehalte.
Getreide
Je nach Herkunft und Sorte schwanken die Phytinsäuregehalte mitunter stark in Lebensmitteln. Besonders hohe Anteile an Phytinsäure werden mit 2,15 bis 2,78 % in Leinsamen gemessen. Stark kann auch der Gehalt im Weizen schwanken. Während Hartweizen 0,84 % aufweist, kommen im üblichen Weizen Anteile von 0,39 bis 1,35 % vor. Mais besitzt einen Phytatanteil von 0,75 bis 2,22 %. In Hafer finden sich Gehalte von 0,4 bis 1,16 %.
Reis
Hohe Konzentrationen von 2,20 % lassen sich in Wildreis nachweisen, in poliertem Reis (medium grain) beträgt der Phytinsäureanteil hingegen nur 0,14 bis 0,19 %. In Basmati-Reis ist der Gehalt mit nur 0,06 % am geringsten.
Hülsenfrüchte
Sojabohnen besitzen Phytinsäuregehalte von 1 bis 2,22 %, ähnlich hoch sind die Anteile in roten Kidney-Bohnen mit 1,20 bis 2,06 %. Linsen enthalten dagegen lediglich 0,27 bis 1,05 %. In Erdnüssen kommen Gehalte von 1,05 bis 1,76 % vor. Ausnahme bildet die Bambara-Erdnuss mit 0,29 % sowie die spanische Erdnuss mit einem Phytinsäureanteil von 1,88 %. Lupinen verfügen Phytinsäuregehalte von 0,20 bis 1,20 %. In Erbsen lassen sich 0,91 bis 1,38 % messen.
Kartoffeln
Mit nur 0,01 bis 0,08 % weisen Kartoffeln vergleichbar geringe Gehalte an Phytinsäure auf. Bei den Süßkartoffeln sind es 0,07 bis 0,32 %.
Früchte
Der Anteil Phytinsäure in Erdbeeren liegt bei 0,13 %, bei Mangos sind es 0,14 und bei Avocados werden 0,51 % gemessen.
Gemüse
Die meisten Gemüsesorten enthalten nur geringe Mengen Phytinsäure. In Spinat sind es zwischen 0,01 bis 0,07 %, in Rotkohl 0,03. Während sich in Karotten 0,09 % nachweisen lassen, besitzen Tomaten einen Phytinsäureanteil zwischen 0,04 bis 0,31%. Meerrettich enthält 0,11 %.
Nüsse
Vergleichsweise hohe Gehalte an Phytinsäure tragen Mandeln und viele Nusssorten in sich. In Mandeln beträgt der Gehalt zwischen 1,35 bis 3,33 %. Während Haselnüsse mit einem Prozentanteil von 1,91 vertreten sind, kann der Anteil bei der Walnuss von 0,65 bis 2,38 % schwanken. Die höchsten Gehalte lassen sich in Paranüssen nachweisen. Hier beträgt der Phytinsäuregehalt zwischen 1,97 bis 6,34 %.
Ölsaaten und andere Lebensmittel
Weiße Sesamsamen enthalten 1,44 % Phytinsäure, während Pulver aus geschältem Sesamsamen einen Anteil von 5,36 % aufweist. In Koriandersamen wird ein Anteil von 1,26 bis 1,31 % gemessen. In Kokosnussmehl befinden sich 1,17 %.
Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 01/2020 | aktualisiert 29.12.2022
Bildquelle: ©Pavlo@pixabay.com (CCO Creative Commons Lizenz)
Quellen und weiterführende Informationen:
- N. Rukma Reddy, Shridar K. Sathe. Food Phytates. CRC Press. 2001
- H.K. Biesalki et al. Ernährungsmedizin. Verlag Thieme. 4. Auflage. 2010
- Ference Bognar. Paleo Ernährung. Verlag Edition XXL. 2015
- DGE Fachinformationen Amaranth, Buchweizen, Quinoa. Beim BfR nachgefragt: Pseudogetreide in der Säuglings- und Kleinkinderernährung
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen
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