Die progressive Muskelentspannung (PME) ist ein wirksames Entspannungsverfahren, das in den Jahren um 1920 vom amerikanischen Arzt Edmund Jacobson begründet wurde. Unter Experten gilt die progressive Muskelentspannung als optimal geeignetes Verfahren zur Entspannung der Tiefenmuskulatur, nicht zuletzt auch deshalb, weil es bereits nach sehr kurzer Zeit der Anleitung von den meisten Menschen eigenständig und hocheffektiv genutzt werden kann. Als Entspannungsverfahren mit wissenschaftlich anerkannter Wirkung zielt es auf die bewusste und willentliche Anspannung sowie Entspannung bestimmter Muskelgruppen ab, die den Körper in kurzer Zeit in einen tiefenentspannten Zustand versetzen können.

Eine Anwendung ist nicht nur wirksam bei Schmerzpatienten und Patienten mit verschiedenen Erkrankungen, sondern auch bei gesunden Personen, etwa zum Stressabbau oder zur Verbesserung der Konzentration.

Progressive Muskelentspannung, die von vielen auch als Tiefenmuskelentspannung oder progressive Muskelrelaxation bezeichnet wird, verfolgt in erster Linie das Ziel, eine muskuläre Entspannung bewusst herbei führen zu können und so den Anwender in die Lage zu versetzen, diesen Zustand nach dem Erlernen jederzeit bewusst einleiten zu können.

Therapeutischer Einsatz der PME in klassischer und alternativer Medizin

Bei der progressiven Muskelrelaxation sind die Anwendungsgebiete breit. Dieses Verfahren gilt als das am besten geeignetste Entspannungsverfahren in der klinischen Praxis, nicht zuletzt deshalb, weil es für die meisten Patienten leicht und schnell erlernbar ist. Die Methode wird sehr häufig von Therapeuten empfohlen und angewendet, auch begleitend zu klassischen und naturheilkundlichen Behandlungen.

LESETIPP

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Anwendungsgebiete

Typische Anwendungsgebiete bieten neben Kopfschmerzen und muskulären Verspannungen auch Schlafstörungen. Häufig eingesetzt wird die PME außerdem bei Bluthochdruck und Rückenschmerzen.

Zu den weiteren Einsatzbereichen zählen Stress und depressive Verstimmungen. Unterstützend kommt die Therapie bei Herz-Kreislauferkrankungen zur Anwendung. Auch  in der Krebstherapie übernimmt sie begleitende Funktionen.

Wirkung der progressiven Muskelentspannung auf gesamten Körper

Die PME beeinflusst neben der Psyche auch die willkürlichen und unwillkürlichen Funktionen. Damit zeigt sie Wirkung auf den gesamten Organismus und spricht gleichermaßen die willkürliche Muskeln, die seelische Verfassung und auch unbewusste Körperfunktionen an, die man sonst nicht ohne weiteres bewusst ansteuern kann. Aus diesem Grund lassen sich verschiedene beeinträchtigte Zustände und Körperfunktionen durch die gezielte muskuläre Anspannung und Entspannung positiv beeinflussen.

Wirkungsweisen bei der progressiven Muskelentspannung

Die Progressive Muskelentspannung führt zu einer verbesserten Körperwahrnehmung und zur Reduzierung von Erregungszuständen und körperlicher Unruhe. Auch ist eine Verringerung von Schmerzzuständen durch das Aufspüren und Lockern von Muskelverspannungen möglich.

Die Behandlungsmethode fördert den Stressabbau, mindert die Anspannung von Muskulatur und verlangsamt den Herzschlag. Zudem fördert sie die entspannte, ruhige Atmung sowie die seelische und körperliche Entspannung und die innere Ruhe und Gelassenheit. Auch eine Erweiterung der Gefäße von Haut und Muskeln wird erwirkt.

Mehr als 75 Prozent der Studien belegten eine Verbesserung der Symptome

Die progressive Muskelentspannung verbesserte in den Untersuchungen häufig die Symptome und die Befindlichkeit der Betroffenen. Bis 1985 wurden mehr als 60 Studien mit ungefähr 3000 Teilnehmern zur Wirksamkeit der progressiven Muskelentspannung als eigenständiges Therapieverfahren durchgeführt. In 75 Prozent der Studien berichteten die Teilnehmer über eine deutliche Besserung der Symptome. 60 Prozent der durchgeführten Studien belegten bei den Probanden eine andauernde allgemeine Verbesserung der Befindlichkeit.

Die Wirksamkeit ließ sich speziell bei Angst- und Spannungszuständen und den damit verbundenen körperlichen Beschwerden nachweisen. Bei Betrachtung der differenziellen Wirksamkeit stellten die Forscher fest, dass die Methode der PME am besten bei solchen Patienten mit leichteren Symptomen wirkte, die dieser Therapieform und ihrer Wirksamkeit positiv gegenüber standen.

Progressive Muskelentspannung zeigt nur selten Nebenwirkungen

Bisher bekannte Nebenwirkungen und Gegenanzeigen sind gering. Nebenwirkungen treten bei der progressiven Muskelentspannung zwar nur selten auf, dennoch ist die Entspannungsmethode nicht für jeden geeignet. Ungeeignet ist das Verfahren bei verschiedenen Erkrankungen und Beschwerden. Außerdem bestehen einige Gegenanzeigen, bei denen die progressive Muskelentspannung nicht angewendet werden sollte.

Die Anwendung sollte bei bestimmten Erkrankungen nur nach Rücksprache mit dem Arzt vorgenommen werden. Ärztliche Rücksprache wird empfohlen bei unkontrollierbarem Blutdruck (maligne Hypertonie), Herzversagen sowie bei akuten Psychosen und Asthma.

Auch Patienten, die unter schweren Nervenerkrankungen oder geistigen Behinderungen oder Angststörungen leiden, sollten eine Anwendung mit dem Arzt abklären.

Sehr angespannte Menschen können bei der Anwendung zu Überreaktionen neigen, die sich beispielsweise durch Kopfschmerzen und Übelkeit äußern.

Bei einem Migräneanfall kann die progressive Muskelentspannung die Beschwerden auch verschlimmern, während bei niedrigem Blutdruck die Gefahr besteht, dass der Blutdruck absinkt.

Übungen zur PME in der Praxis

In der Therapie sind die Übungen der progressiven Muskelentspannung sofort einsetzbar. Denn diese Übungen sind technisch für die meisten Menschen leicht und schnell in wenigen Minuten erlernbar. Bei der progressiven Muskelentspannung erstrecken sich die Übungen nach und nach auf die einzelnen Muskelgruppen jedes Körperabschnitts. In der Regel wird mit dem Ballen der Fäuste begonnen, bevor sich die Übungen auf Arme, Kopf, Nacken und weitere Körperabschnitte bis hin zu den Füßen fortsetzen.

Nacheinander werden nun die Muskelgruppen verschiedener Körperbereiche gezielt für 5 bis 7 Sekunden moderat konzentriert angespannt und dann wieder losgelassen. Auf die Anspannung folgt eine Entspannungsphase von mindestens 10 Sekunden. Eine wichtige Rolle spielt auch die bewusste Atmung.

Die progressive Muskelentspannung kann mit und ohne begleitende Hintergrundmusik praktiziert werden. Ausführen lassen sich die Übungen bequem im Liegen oder Sitzen. Notwendig ist dafür lediglich ein ruhiger Raum. Anwenden werden kann man sowohl eine Kurzversion der progressiven Muskelentspannung, die sich auf nur wenige große Körperabschnitte konzentriert, wie auch eine Langversion, die sich zusätzlich noch auf das Anspannen und  Entspannen kleinerer Muskelgruppen innerhalb des jeweiligen Körperabschnitts konzentriert.

Durch beständiges Üben kann so die Entspannung bewusst durch Konzentration und Körperbeherrschung herbeigeführt werden.

Erlernen der Techniken

Die Techniken der progressiven Muskelentspannung können auf verschiedene Weise erlernt werden. Die Angebote reichen von CD´s über Bücher und Videos zur Selbstschulung, bis hin zu speziellen Kursen an Volkshochschulen und dem therapeutischen Einsatz in Rehabilitationszentren und Kliniken. Zum Thema gibt es auch zahlreiche Onlinekurse und Onlineinformationen. Gesetzliche Krankenkassen fördern Kurse zur progressiven Muskelentspannung nach Maßgabe, da diese zu den förderungsfähigen Gesundheitskursen zählen.

Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 10/2016 | aktualisiert 16.01.2024
Bildquelle: © Bild von Tima Miroshnichenko bei Pexels.de

Quellen und weiterführende Informationen:

ZQP Naturheilkunde. Übersicht Komplementäre Pflege Anwendungen. PME Februar 2018

Klaus Grawe et al. Psychotherapie im Wandel. Hogrefe. Göttingen. 1994

V. Schmiedel, M. Augustin. Das große Praxisbuch der Naturheilkunde. Verlag Gondrom. Bindlach 2004

Douglas A. Bernstein, Thomas D. Borkovec: Entspannungs-Training. Handbuch der Progressiven Muskelentspannung nach Jacobson. Verlag Klett Cotta. 2007

Die Progressive Muskelentspannung. Therapie.de

Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen

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