Rollatoren bergen ein hohes Sturzrisiko und verleiten zu ungesundem Gang. Viele Anwender schieben Rollatoren mit ausgestreckten Armen und stark nach vorn gebeugtem Rücken weit vor sich her. Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP) Professor Klaus Braumann warnt vor dieser falschen Körperhaltung und rät dazu, eine gebückte Haltung beim Rollatorbetrieb unbedingt zu vermeiden. Sie provoziert das Stolpern und erhöht das Sturzrisiko.
Je weiter der Betroffene das Gerät vor sich her schiebt, desto größer ist sein Sturzrisiko.
Renommierte ausländische Fachgesellschaften bewerten Gehhilfen, zu denen auch die Rollatoren zählen, als einen der elf größten Risikofaktoren für Stürze.
Zusätzlich zum Sturzrisiko überlasten viele Anwender mit der Gehilfe ihre Rückenmuskulatur durch einen falschen Gang, wodurch häufig Schmerzen verursacht werden.
Um Stürze und Fehlhaltungen zu vermeiden fordert der DGSP-Experte, dass Ärzte ihren Patienten bei der Verordnung von Rollatoren neben einer Gebrauchseinweisung auch eine Gangschule verordnen, in der sie den richtigen Umgang mit dem Gerät erlernen.
Rollatoren nicht leichtfertig einsetzen
Professor Braumann warnt vor einem übereiltem und leichtfertigem Einsatz dieser Gehhilfen. Denn eigentlich sollen Rollatoren Patienten unterstützen, das Gehen aktiv zu trainieren. Es ist also das Ziel, möglichst schnell wieder so selbstständig zu werden, dass auf das Hilfsmittel verzichtet werden kann.
Allerdings schätzt der Fachmann die Realität anders ein. Die Praxis hatte ihm gezeigt, dass Patienten sich nur allzu gerne an das Gerät gewöhnen und das selbständige Gehen auf der Strecke bleibt. So haben nach Angaben des Experten die Patienten, die sich zu sehr an den Rollator gewöhnen, ein großes Risiko, mit der Zeit das eigenständige Laufen zu verlernen.
Professor Braumann rät Betroffenen deshalb dazu, Rollatoren nur in solchen Situationen einzusetzen, in denen sie tatsächlich auf das Hilfsmittel angewiesen sind. Dazu zählt etwa die Nutzung, um Stürze zu vermeiden, die Nutzung bei Gangunsicherheiten oder Schwindel oder, wenn das Gehen Schmerzen im Rücken oder den Beinen bereitet. Daneben sieht er Rollatoren auch für den Transport von Einkäufen als sinnvolle Unterstützung.
Nicht auf dauerhaftes aktives Gangtraining verzichten
Der leichtfertige Einsatz von Rollatoren ist nach Überzeugung des DGSP-Präsidenten kontraproduktiv und wirkt dem langfristigen Ziel entgegen, wieder eigenständig laufen zu können. Deshalb bezeichnet der DGSP-Experte Rollatoren als „Pseudo-Hilfe“ und weiß, dass ein aktives Training der Muskulatur den Körper deutlich effektiver stärkt, als der passive Rollator.
Er empfiehlt, wann immer es geht, auf den Rollator zu verzichten, besonders zuhause und bei kleinen Entfernungen. Für unverzichtbar hält der Experte ein dauerhaftes, aktives Gangtraining.
Normales Gehen kann verlernt werden
Als problematisch wird bewertet, dass sich viele Menschen weniger bewegen, wenn sie Rollatoren nutzen und nach kurzer Zeit schon glauben, dass sie auf das Gerät nicht mehr verzichten können.
Tatsächlich gewöhnt das Gehirn sich an die zusätzliche Stütze, so dass das normale Gehen verlernt werden kann.
Steigende Verordnung von Rollatoren
Schon seit einigen Jahren werden Rollatoren in Deutschland immer häufiger verschrieben, wie Professor Braumann erklärt. Allein von 2011 bis 2016 ist die Zahl der ärztlich verordneten Rollatoren um 38 Prozent gestiegen. Am häufigsten stieg die Verordnung bei den jüngeren Senioren im Alter von 60 bis 69.
Die richtige Haltung am Rollator
Fehlhaltungen am Rollator sollte man unbedingt vermeiden. Durch die richtige Haltung am Rollator können sich Anwender vor schmerzhaften Überlastungen der Rückenmuskulatur schützen und ihr Risiko für Stürze deutlich senken.
Neben der DGSP gibt auch die Deutsche Seniorenliga e.V. unter dem Thema Mobil mit Rollator unter anderem Tipps zur richtigen Handhabung von Rollatoren. Auch viele Krankenkassen informieren auf ihrer Website über den Umgang mit dem wertvollen Alltagshelfer. Anwender finden zudem meist einige allgemeine und manchmal zusätzliche Hinweise zu ihrem Rollatormodell in der beiliegenden Gebrauchsanweisung, die in jedem Fall sorgfältig gelesen werden sollte.
Um ein Gerät sicher bedienen zu können, sollte der Anwender verschiedene Punkte beachten.
Die passende Griffhöhe einstellen
Wichtig ist beim Betrieb das Einstellen der richtigen Griffhöhe. Dazu lässt man vor dem Rollator zuerst die Arme hängen. Etwa drei Finger breit über dem Handgelenk sollten die verstellbaren Griffe fixiert werden.
Das richtige Gehen
Rollatoren sollte man nicht wie einen Einkaufswagen vor sich her schieben. Stattdessen sollten Anwender nah an den Rollator herantreten, wobei sich die Füße am besten zwischen den hinteren Rädern befinden.
Die Handgriffe sollten dabei als Stütze dienen, die beim Gehen einen sichereren Halt verschaffen. Wichtig ist beim Rollatorbetrieb auch, den Oberkörper ganz aufrecht zu halten, um stabil zu sein und das Sturzrisiko zu senken.
Rund um die Bremsen
Rollatoren sind in der Regel mit Feststellbremsen ausgerüstet. Unbedingt feststellen sollte man die Bremsen, bevor man den Rollatorsitz nutzt. Dazu müssen die Bremshebel mit dem Handballen so weit nach unten gedrückt werden, bis sie einrasten. Wenn es bergab geht, kann man durch Heranziehen und Halten des Bremshebels die Geschwindigkeit herausnehmen.
Nutzung vom Rollatorsitz
Wenn man den Rollatorsitz nutzen möchte, sollte man zuerst die Bremse feststellen. Danach kann man sich zwischen den Handgriffen des Rollators soweit drehen, dass der Rücken zur Sitzfläche steht. Mit den Händen stützt man sich auf den Rollatorgriffen ab, beugt den Oberkörper nach vorne und setzt sich langsam hin.
Bedienen der Faltfunktion
Es gibt verschiedene Falttechniken, mit denen sich Rollatoren für den Transport zusammenklappen lassen. Man unterscheidet dabei Längsfalter und Querfalter.
Überwinden von kleinen Hindernissen
An kleinere Hindernisse wie Bordsteine oder Türschwellen kann man schräg heranfahren und die Vorderräder einzeln über die Kante schieben. Höhere Hindernisse sollte man dagegen umfahren und nach einer abgesenkten Stelle suchen. Es gibt auch Rollatoren, die über eine Ankipphilfe verfügen. Ankipphilfen sind kleine Tritthebel auf Höhe der Hinterräder, die das Überwinden ohne viel Kraftaufwand erleichtern.
Anzahl der Menschen mit Bewegungsbeeinträchtigungen steigt
Zukünftig sind noch mehr Rollatoren unterwegs. Nach Angaben des Branchenverbandes für Medizintechnik Spectaris zeigt eine Studie, dass bis zum Jahr 2050 mit 26 Millionen Personen gerechnet wird, die in ihrer Mobilität beeinträchtigt sind. Diese Zahl entspricht einem Anstieg von 3,6 Millionen bewegungsbeeinträchtigten Patienten seit 2012.
Ein erhöhter Bedarf an Hilfsmitteln, zu denen auch Rollatoren zählen, wird auf einen Anstieg der Volkskrankheiten zurückgeführt, zu denen besonders auch Osteoporose, Schlaganfall oder Arthritis zählen.
Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 07/2018 | aktualisiert 18.01.2023
Bildquelle: © Bild von Filmbetrachter auf Pixabay.com
Quellen und weiterführende Informationen:
GKV Spitzenverband – Hilfsmittelverzeichnis
Deutsche Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP)
Deutsche Seniorenliga e.V.: Mobil mit Rollator
Deutscher Sportärztebund Prof. Braumann. Der Rollator – Fluch oder Segen. 31.08.2016
Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen