Unter einer Schilddrüsenunterfunktion mit knotigen Schilddrüsenveränderungen und einem behandlungsbedürftigen Jodmangelstruma (Kropf) leiden etwa 20 Millionen Menschen in Deutschland. Obwohl dem Speisesalz seit einigen Jahren der lebensnotwendige Mineralstoff Jod zugesetzt wird, bewerten Experten auch die Jodversorgung von Kindern in Deutschland immer noch als nicht zufriedenstellend.
Bei allen Neugeborenen wird in Deutschland ein Screening durchgeführt, um zu ermitteln, ob bereits eine Schilddrüsenunterfunktion vorliegt. Dazu wird die Konzentration des Hormons TSH im Blut gemessen. Nur die rechtzeitige Behandlung einer Unterfunktion kann bleibende Schäden im Nervensystem verhindern.
Joddefizite können eine Schilddrüsenunterfunktion verursachen
Mediziner sprechen von einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose), wenn die Schilddrüse, die sich im Hals unterhalb des Kehlkopfes befindet, weniger Schilddrüsenhormone produziert als vom Körper benötigt werden.
Einer leerer Jodspeicher verhindert die Bildung der wichtigen Schilddrüsenhormone. Durch Jodmangel verlangsamen sich außerdem die Stoffwechselprozesse, wodurch zudem die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit beeinträchtigt werden kann. Erst nachdem die Jodspeicher der Schilddrüse aufgebraucht sind, nimmt die Bildung der Schilddrüsenhormone ab und es kommt zur Schilddrüsenunterfunktion.
Der abnehmende Jodgehalt bringt wachstumsfördernde Prozesse in Gang, in deren Folge sich die Schilddrüse vergrößert und einen Kropf (Struma) bilden kann.
Schilddrüsenhormone haben eine wichtige Funktion
Die Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) regeln im Körper wesentliche Stoffwechselvorgänge. Diese Hormone haben nicht nur Einfluss auf das Wachstum und die körperliche und geistige Entwicklung, sondern auch auf das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit. Zum Aufbau der Hormone benötigt die Schilddrüse Jod. Schon eine leichte Schilddrüsenunterfunktion kann in der Schwangerschaft eine Fehl- oder Frühgeburt auslösen.
Referenzwerte für Jod
Der Jodbedarf ist vom Alter abhängig. Jugendliche und Erwachsene benötigen nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) etwa 180 bis 200 Mikrogramm (µg) Jod pro Tag. Bei Kindern liegt die Jod-Empfehlung zwischen 100 bis 140 Mikrogramm.
Während der Schwangerschaft besteht ein erhöhter Jodbedarf mit Werten zwischen 230 und 250 Mikrogramm, der nicht allein aus der Ernährung gedeckt werden kann und die Einnahme von Jodtabletten erforderlich macht.
Jod in Lebensmitteln
In Deutschland ist man dazu übergegangen, die ausreichende Zufuhr von Jod über die tägliche Ernährung zu gewährleisten, indem neben dem Speisesalz bereits dem Tierfutter künstliches Kaliumjodat zugesetzt wird. Diese Maßnahmen gehen auf eine Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zurück. So sollen nahezu alle verfügbaren Milch- und Fleischprodukte entsprechend angereichert werden. Auch Konserven, Fertiggerichte, Teigwaren und andere verarbeitete Produkte werden regelmäßig mit jodiertem Speisesalz verarbeitet. Natürlich befinden sich nur größere Mengen Jod in solchen Lebensmitteln, die allgemein weniger häufig verzehrt werden.
Meerestiere enthalten besonders viel Jod
Hohe Jodgehalte finden sich natürlich besonders in Seefisch wie Seelachs, Kabeljau, Scholle und Schellfisch. Auch Meeresalgen und Meeresfrüchte besitzen viel Jod. Besonders jodhaltig sind neben Brokkoli auch Cashewnüsse.
Kropffördernde Lebensmittel
Spezielle Nahrungsmittel können die Kropfbildung fördern. Dazu zählen neben Bittermandeln und Senf auch Radieschen, Kohl und Rettich.
Verlauf der Schilddrüsenunterfunktion
Die vergrößerte Schilddrüse begünstigt die Bildung heißer und kalter Knoten. Schon leichte bis mittelgroße Vergrößerungen der Schilddrüse, die meistens von den Betroffenen nicht einmal wahr genommen werden, können ein gesundheitliches Problem darstellen. Es können sich daraus heiße oder kalte Knoten entwickeln. Heiße Knoten können unkontrolliert Hormone produzieren und zur Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) führen. Kalte Knoten sind inaktiv, aber 5 Prozent der kalten Knoten verändern sich bösartig und führen zu Schilddrüsenkrebs.
Verlauf der Schilddrüsenunterfunktion ist schleichend
Für eine Schilddrüsenunterfunktion ist ein andauernder und schleichender Verlauf charakteristisch. Im fortgeschrittenen Stadium sind Betroffene kraftlos und antriebslos und leiden häufig unter extremer Müdigkeit und einem erhöhten Schlafbedürfnis. Es besteht bei betroffen Kindern und Erwachsenen eine eingeschränkte mentale Leistungsfähigkeit und eine erhöhte Empfindlichkeit für Strahlenbelastungen.
Symptome bei Schilddrüsenunterfunktion
Bei einer Schilddrüsenerkrankung können viele verschiedene Symptome auftreten. Dazu zählen ein erhöhtes Kälteempfinden, verlangsamte Reflexe sowie Gedächtnisschwäche, chronische Verstopfung und ein niedriger Blutdruck.
Möglich sind neben depressiven Verstimmungen und Gewichtszunahme außerdem ein erhöhter Cholesterinspiegel sowie Muskelschwäche und Muskelsteifigkeit.
Zu den weiteren typischen Anzeichen der Unterfunktion zählen spröde, brüchige Haare und Nägel und vermehrter Haarausfall sowie blasse, trockene Haut und eine heisere tiefe Stimme. Es kann sich ebenfalls eine zu langsame undeutliche Sprache einstellen. Auftreten kann zudem ein verlangsamter Herzschlag. eine Verminderung des sexuellen Lustempfindens und der männlichen Potenz.
Symptome von Schilddrüsenunterfunktion bei Kindern
Kinder, die an einer Schilddrüsenunterfunktion leiden, fallen oft durch Muskel- und Trinkschwäche auf, während bei älteren Kindern oft Übergewicht, eine verzögerte Pubertät oder Wachstumsstörungen zu beobachten sind.
Ursachen der Schilddrüsenunterfunktion
Oxidativer Stress fördert eine Unterfunktion der Schilddrüse. Große Mengen freier Radikale, die bei der Bildung von Schilddrüsenhormonen entstehen, können zur Entwicklung einer Unterfunktion beitragen, wenn die Schilddrüse nicht ausreichend mit zellschützenden Nährstoffe (Antioxidantien) versorgt ist. Antioxidantien sind Teil einer ausgewogenen Ernährung und finden sich besonders in Obst, Gemüse, Kräutern und einigen Gewürzen.
Eine Schilddrüsenunterfunktion bildet sich meistens als Folge von fehlendem oder zerstörtem Schilddrüsengewebe. Anfangs kann es während des Entzündungsprozesses auch zu einer zeitweisen Überfunktion der Schilddrüse kommen.
Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion kann neben der angeborenen Unterfunktion auch die Folge einer Schilddrüsenentzündung im fortgeschrittenen Alter (Hashimoto-Thyreoiditis) sein.
Aber auch Jodmangel, Selenmangel oder zu hochdosierte Medikamente gegen Schilddrüsenüberfunktion können ursächlich sein. Zu den weiteren Ursachen zählen die Erkrankung der Hypophyse sowie die Erkrankung des Hypothalamus.
Eine weitere Ursache der Unterfunktion kann die Schwangerschaft sein. Jede Schwangerschaft erfordert einen Mehrbedarf an Jod von etwa 50 Prozent. Wenn der Mehrbedarf bei Schwangeren ungedeckt bleibt und sich bei der werdenden Mutter bereits eine Unterfunktion eingestellt hat, kann sich daraus ein schwerer Jodmangel beim Ungeborenen entwickeln, der sich letztlich in Folge der nicht entstandenen Schilddrüsenhormone auf verschiedene Gewebe auswirkt und auch hochgradige und nicht mehr umkehrbare Störungen in der Entwicklung des Fetus zur Folge haben kann. Es kommt in diesen Fällen zu mentalen und neurologischen Defekten, die in ihrem Ausmaß unterschiedlich schwer sein können. Minderwuchs, Taubstummheit und Kretinismus sind mögliche Folgen.
Auch ein leichterer Jodmangel während der Schwangerschaft kann bereits folgenschwer für die kindliche Entwicklung sein. Neben Hördefekten im unteren Frequenzbereich stellt sich in manchen Fällen eine schlechte und verzögerte Entwicklung der kognitiven Fähigkeiten, des Wachstums und der Hirnreife ein. Daneben kann es zu einer gestörten psychomotorischen Entwicklung kommen. Die Zahl der Fehlgeburten, Missbildungen und Totgeburten steigt bereits bei einem leichtem Jodmangel an.
Diagnose der Schilddrüsenunterfunktion
Eine Schilddrüsenunterfunktion kann verschiedene Krankheitsbilder haben. Diagnostische Verfahren wie Abtasten, Sonografie, Szintigrafie, Ultraschall, Urinwerte und Blutwerte können Aufschluss darüber geben, ob eine Funktionsstörung der Schilddrüse vorliegt.
Eine Unterfunktion der Schilddrüse zeigt sich in verschiedenen Krankheitsbildern, die angeboren oder erworben sein können. Sie ist in der Regel nicht heilbar und muss medikamentös entweder mit Jod und/oder Hormonen behandelt werden.
Genetisch bedingte Hypothyreosen
Genetisch bedingte Hypothyreosen können sich aufgrund eines Gendefekts in Verbindung mit äußeren Faktoren wie Stress, Nährstoffmangel, Rauchen oder Virusinfektionen entwickeln. Zu den Behandlungsmöglichkeiten zählen medikamentöse Therapien, Operationen (Strumaresektion) oder eine radioaktive Bestrahlung.
Genetisch bedingte Krankheiten sind zum Beispiel die angeborene Hypothyreose, die Autoimmunkrankheit Morbus Basedow sowie die Autoimmunkrankheit Hashimoto-Thyreoiditis.
Erworbene Hypothyreose
Die häufigste Ursache der erworbenen Hypothyreose ist der Jodmangel, den es unbedingt zu vermeiden gilt. Eine Schilddrüsenunterfunktion ist in der Regel gut behandelbar. Eine Behandlung erfolgt meist mit Jodtabletten, die medizinisch wirksames Kaliumjodid enthalten. Als Basistherapie wird die Verwendung von Jodsalz empfohlen.
Sollten Knotenbildungen in der Schilddrüse die Ursache der Hypothyreose sein, sprechen Mediziner von einer manifesten Hypothyreose, die medikamentös mit den fehlenden Schilddrüsenhormonen T3 und T4 behandelt wird.
Eine regelmäßige Kontrolle ist erforderlich.
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Text: Katja Schulte Redaktion
Datum: 10/2016 | zuletzt aktualisiert 03.06.2024
Quellen und weiterführende Informationen:
Lothar-Andreas Hotze, Petra-Maria Schumm-Draeger: Schilddrüsenkrankheiten. Diagnose und Therapie. Berlin 2003
DGE: Jodversorgung in Deutschland
Uniklinik Saarland: Schilddrüsenerkrankungen im Kindesalter
BfR Bund Nutzen und Risiken der Jodprophylaxe in Deutschland (PDF)
R. Hörmann: Schilddrüsenkrankheiten: Leitfaden für Praxis und Klinik. 4. Auflage 2005
M. Schott, J. Seißler, W. Scherbaum: Diagnostik bei autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen. In: LaboratoriumsMedizin. Band 8, 2006
Götsch: Allgemeine und Spezielle Krankheitslehre Georg Thieme Verlag, 2007
H.K. Biesalski, Ernährungsmedizin. Verlag Thieme. 4. Auflage 2010
Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen
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