Immer mehr Menschen in Deutschland leiden unter Schlafstörungen (Insomnie). Das ergab die aktuelle Analyse der Krankenkasse BARMER, die Ende Oktober 2023 veröffentlicht wurde. Die Zahlen sind alarmierend, denn die Rate der Versicherten, die von Schlafstörungen betroffenen sind, stieg im Untersuchungszeitraum von 2012 bis 2022 von fünf auf sieben Prozent an. Im Jahr 2022 erfasste allein diese Krankenkasse etwa 6 Millionen Fälle unter ihren Versicherten.

Als Ursachen für Schlafstörungen, die sich sowohl in Form von Problemen beim Einschlafen wie auch beim Durchschlafen oder durch eine schlechte Schlafqualität bemerkbar machen können, kommen verschiedene in Frage. Häufig steckt beruflicher und privater Stress dahinter, bei älteren Frauen ist es aber auch oft die Menopause. Bei Männern können ebenfalls die Wechseljahre (Andropause) einsetzen und es kann dadurch zu Schlafstörungen kommen.

Mögliche vorübergehende Ursachen können auch Störungen im Schlaf-Wach-Rhythmus sein, etwa durch Schichtarbeit oder nach langen Reisen über verschiedene Zeitzonen hinweg.

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Doch hinter den Schlafproblemen können auch behandlungsbedürftige Nervenleiden stecken und die ersten Anzeichen einer behandlungsbedürftigen Depression oder einer Psychose oder Angststörung sein. In diesen Fällen ist zeitnahes Handeln angezeigt, denn professionelle ärztliche oder psychologische Hilfe ist unverzichtbar.

Körperlich bedingte Ursachen können dagegen beispielsweise Tumoren oder eine Schilddrüsenüberfunktion sein, die ebenfalls ärztlich zu behandeln sind.

Die leitende Medizinerin der BARMER, Dr. Ursula Marschall rät dazu, eine andauernde Schlaflosigkeit unbedingt in der Arztpraxis abklären zu lassen.

Nicht jeder weiß, dass auch schlechte Angewohnheiten wie etwa der Mittagsschlaf oder das nächtliche Grübeln, die Schlafprobleme in der Nacht fördern, so dass es manchem Betroffenen schon hilft, den Mittagsschlaf aufzugeben. Gegen belastende Schlafprobleme hilft vielen Betroffenen aber auch, sich mehr zu bewegen, nicht zu spät zu essen oder weniger lange im Bett zu liegen. Denn auch mangelnde Bewegung, ein unstrukturiertes Leben, zu spätes Essen oder zu lange Bettzeiten fördern die Probleme und verhindern einen normalen Schlaf. Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Ursachen bekannt, die eine Schlafstörung auslösen können.

Weitere Ursachen für die Entstehung von Schlafstörungen

Zu den weiteren möglichen Ursachen einer Schlafstörung zählen neben der genetischen Veranlagung und chronischen Schmerzen insbesondere starke negative Gefühle wie ungelöste Konflikte, Trauer, Sorgen, Ärger, Grübeln oder Wut, durch die viele Betroffene im wahrsten Sinne des Wortes kein Auge zu tun können.

Doch auch persönliche Eigenschaften wie zum Beispiel Perfektionismus können Schlafprobleme bereiten.

Weitere häufige Faktoren sind neben den Genussmitteln Koffein und Alkohol aber auch Drogen und verschiedene Medikamente. Insbesondere bestimmte Antibiotika, Blutdruckmedikamente und Asthmamedikamente können Schlafstörungen fördern. Ein Auslöser ist auch die Abhängigkeit von Tranquilizern.

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Schlafstörungen können auch krank machen

Schlafstörungen lassen das Risiko für einige Beschwerden und auch ernsthafte Erkrankungen ansteigen, wenn sie zur Regel werden. Besonders das Risiko für seelische Erkrankungen, zu denen auch eine Depression zählt, nimmt dadurch zu. Durch sie kann es aber auch eher zu Übergewicht und schweren Erkrankungen wie Demenz, Schlaganfall oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommen.

Wie lässt sich Schlaflosigkeit diagnostizieren?

Um den Schlafproblemen auf den Grund zu gehen, nehmen Ärzte in der Regel anfangs eine körperliche Untersuchung vor und fragen die typischen Auslöser ab. Der Bereich der Auslöser ist groß. Neben Alkohol, Koffein und Rauschmitteln kommen einige körperliche und psychische Erkrankungen, Medikamente, ungünstige Arbeitszeiten, berufliche Probleme oder privater Stress oder auch ungünstige Schlafgewohnheiten in Frage.

Nach dem ICD-Code handelt es sich erst dann um eine Insomnie, wenn verschiedene Faktoren zusammenkommen. Das bedeutet, dass mehrere Parameter beim Betroffenen zusammen auftreten müssen, die in Verbindung mit den bestehenden Einschlafstörungen oder Durchschlafstörungen, beziehungsweise mit der schlechten Schlafqualität zusammenhängen.

Dementsprechend müssen die Schlafprobleme mindestens 3 mal pro Woche auftreten und mindestens einen Monat lang anhalten. Die auftretenden Schlafstörungen verursachen einen deutlichen Leidensdruck oder die Schlafstörungen wirken sich deutlich auf die soziale oder berufliche Leistungsfähigkeit aus.

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Weitere Maßnahmen können die Diagnose erhärten.

Zu den weiteren Maßnahmen zählen beispielsweise spezielle Fragebögen und Schlaftagebücher. Aufschluss geben können außerdem tragbare Instrumente, die den Schlaf- Wachrhythmus beim Betroffenen überwachen und die Daten sammeln.

Eine weitere Option bietet ein Schlaflabor. Im Schlaflabor lassen sich mittels spezieller Messgeräte und Apparaturen bedarfsweise noch weitere Daten im Rahmen der Diagnose erheben.

Wie werden Schlafstörungen behandelt?

Eine bewährte Therapieoption für Erwachsene ist die kognitive Verhaltenstherapie, beziehungsweise die Ordnungstherapie. Eine Psychotherapie kommt zum Einsatz, wenn keine körperlichen oder psychischen Ursachen für die Schlafstörung zugrunde liegen.

Es handelt sich dabei um ein mehrschichtiges Verfahren, das sich bei dauerhaften Schlafstörungen in Studien wirksam gezeigt hat und häufig mit Langzeiteffekten verbunden ist. Diese Therapieform hilft vielen Betroffenen. Sie gilt als Mittel der ersten Wahl und wird als Einzel- oder Gruppentherapie angeboten. Auch eine Onlinetherapie ist möglich.

Medikamente sind nicht für die Langzeitbehandlung geeignet

In Fällen, in denen die kognitive Verhaltenstherapie nicht zur Anwendung kommen kann, können Ärzte spezielle Medikamente verordnen. Bei kurzzeitiger Einnahme sind Antidepressiva, Benzodiazepine sowie Benzodiazepin-ähnliche Wirkstoffe gegen Schlafstörungen erwiesenermaßen wirksam und helfen zuverlässig.

Von der längerfristigen Einnahme raten Experten jedoch wegen der nicht unbedeutenden Nebenwirkungen ab. Auch vor der schnellen Suchtgefahr wird bei Benzodiazepinen sowie Benzodiazepin-ähnlichen Wirkstoffe gewarnt.

Schlaffördernde und beruhigende pflanzliche Mittel

Wenn den Schlafstörungen organische, psychiatrische oder hormonbedingte Ursachen zugrunde liegen, gelten pflanzliche Mittel (Phytotherapeutika) jedoch als unwirksam.

Während pflanzliche Beruhigungsmittel von Medizinern wegen der nicht nachgewiesenen Wirkung bei den vorgenannten Ursachen nicht empfohlen werden, sind andere Ursachen mit einigen Psychotherapeutika gut behandelbar. Das geht aus einer Studie der Universität Freiburg hervor, die sich mit der naturheilkundlichen Behandlung von Schlafstörungen und Ängsten befasst.

Zwar ist die Studienlage zu den positiven Wirkungen pflanzlicher Mittel bei Schlafstörungen nicht unbedingt eindeutig, dennoch schwören viele auf die natürlichen Inhaltsstoffe mancher Pflanzen, die scheinbar entspannen und schläfrig machen.

Zu den häufigsten Inhaltsstoffen pflanzlicher Präparate zählen beispielsweise Baldrian, Hopfen und Lavendel. Aber auch die Passionsblume sowie die Melisse und der Pestwurz kommen bei Schlafproblemen von vielen Menschen genutzt.

Die beruhigenden Inhaltsstoffe sind je nach Präparat und Mittel unterschiedlich dosiert und in unterschiedlicher Darreichungsform verfügbar. Am häufigsten kommen sie in Form von Tees, Dragees, oder Tropfen zum Einsatz. Es gibt auch zahlreiche Kombinationspräparate.

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In der Phytotherapie kommen Baldrian, Lavendel, Passionsblumenkraut und Hopfen wegen ihrer angst- und spannungslösenden Wirkung bei Schlafstörungen, Ruhelosigkeit, Gereiztheit und Angespanntheit zur Anwendung.

Erhältlich sind die pflanzlichen Präparate rezeptfrei in Apotheken, Reformhäusern, Drogerien, gut sortierten Supermärkten und spezialisierten Onlineshops.

Baldrian eignet sich beispielsweise bei leichten Schlafstörungen. Empfohlen wird 3 mal täglich eine Tasse Tee aus 2 bis 3 Gramm Baldrianwurzel. Eine bis zwei Tassen kurz vor dem Schlafengehen dienen als Einschlafhilfe. Alternativ anwendbar ist eine Urtinktur aus der Baldrianwurzel. Bei der gleichzeitigen Einnahme von Baldrian kann es allerdings zu Wechselwirkungen mit einigen Medikamenten kommen.

Auch jüngere Erwachsene leiden bereits unter Schlafstörungen

Schlafstörungen scheinen keine Frage des Alters zu sein, wie die Statistik der Krankenversicherung zeigt. Die Langzeitanalyse der BARMER ergab, dass es bei den erwachsenen Versicherten in den letzten 10 Jahren nahezu in jeder Altersgruppe zu einem signifikanten Anstieg der Schlafprobleme gekommen war.

Grafik Schlafstörungen BARMER

Bei der Diagnose von Schlafstörungen in der Altersgruppe ab 20 Jahre, die im letzten 10-Jahreszeitraum untersucht wurden, verzeichnete die BARMER teilweise erhebliche Zuwächse. Während die Ärzte im Jahr 2012 beispielsweise bei rund zwei Prozent der Versicherten im Alter von 20 bis 29 Jahren eine Schlafstörung diagnostizierten, waren es im Jahr 2022 in der gleichen Altersgruppe nahezu drei Prozent. Dieser Zuwachs entspricht einer Steigerung von Schlafstörungen um fast fünfzig Prozent auch schon bei den jüngeren Erwachsenen.

Ähnlich verhielt sich die Entwicklung in der Altersgruppe der 40 bis 49-Jährigen, für die sich ein Zuwachs von 4,5 Prozent auf 6,2 Prozent ergab, was ein Anstieg um fast 40 Prozent erkennen lässt.

In höherem Alter fiel der Anteil der Versicherten, die von Schlafstörungen betroffen sind, noch gravierender aus. So litten in der Altersgruppe ab 60 Jahre im Jahr 2022 nahezu 13 Prozent unter dem Symptom.

Wie Marschall erklärt, sind schlaflose Nächte nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Wer weniger als fünf Stunden pro Nacht schläft, der erhöht sein Risiko, weniger leistungsfähig zu sein und chronisch zu erkranken.

Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 28.10.2023
Bildquelle: Titelbild © Bild von Erika Wittlieb auf Pixabay

Quellen und weiterführende Informationen:

BARMER Analyse zu Schlafstörungen. 2023

Insomnie. ICD-Code

Prof. Dr. Sigrun Chrubasik. Naturheilkundliche Behandlung. Schlafstörungen und Ängste. Universität Freiburg. zkm 2014; 4: (PDF)

V. Arold, H. Dilling, C. Reimer. Basiswissen Psychotherapie und Psychiatrie. 5. Auflage. Verlag Springer. 2004

Ärztliches Zentrum für Qualität i der Medizin (ÄZQ). Schlafstörung – Ursachen? Was hilft?

Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen

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