Sekundäre Pflanzenstoffe bieten natürlichen Schutz
Bioaktive Substanzen sind in zahlreichen Pflanzen enthalten. In Obst, Gemüse, Kräutern und vielen anderen pflanzlichen Produkten stecken nicht nur lebensnotwendige Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente, viele Pflanzen und Pflanzenteile enthalten gleichzeitig auch spezielle gesundheitsfördernde Substanzen, die der Gattung der „Sekundären Pflanzenstoffe“ zugrechnet werden.
Zusammen mit Ballaststoffen und Substanzen aus fermentierten Lebensmitteln wirken diese Stoffe als bioaktive Substanzen. Bioaktive Substanzen nehmen erheblichen Einfluss auf die Gesundheit und die Entwicklung der Pflanze und sind auch fähig, diese Eigenschaften im menschlichen Körper zu entfalten.
Sekundäre Pflanzenstoffe nützen auch dem menschlichen Körper
Sekundäre Pflanzenstoffe bestimmen den Geschmack, Geruch und auch die intensive Farbe von Gewächsen, Samen und Früchten. Pflanzen bilden solche Substanzen etwa als Abwehrstoffe gegen Schädlinge, schädliche Strahlung, Krankheiten oder Nahrungskonkurrenten. Außerdem dienen sekundäre Pflanzenstoffe als Wachstumsregulatoren, Geschmacksstoffe, Duftstoffe oder Farbstoffe, um befruchtende Tiere anzulocken.
Auch im menschlichen Körper werden viele sekundäre Pflanzenstoffe aktiv und üben ihre schützenden, hormonellen und abwehrenden Funktionen aus. Einige der Substanzen fördern das Immunsystem.
Sekundäre Pflanzenstoffe beeinflussen unsere Nahrungsauswahl durch ihre Farbe und ihren Geschmack und dienen daneben in der Pharmazie als Grundlage vieler Arzneimittel. Sie prägen den Geschmack oft durch säuerliche, scharfe oder bittere Noten, aber sie haben anders als etwa Vitamine oder Pflanzenzucker keinen Nährstoffcharakter.
Im Gegensatz zu primären Pflanzenstoffen, zu denen Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße (Proteine) zählen, kommen sie nur in sehr geringen Mengen in der Pflanze vor.
Sekundäre Pflanzenstoffe verringern das Risiko für viele Volkskrankheiten
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) rät nicht zuletzt auch wegen der gesundheitsfördernden Eigenschaften dieser bioaktiven Substanzen zum regelmäßigen Verzehr pflanzlicher Produkte. Wer oft pflanzliche Produkte wie Obst und Gemüse, Nüsse, Vollkorn und Hülsenfrüchte ißt, nimmt über die Ernährung automatisch viele gesundheitsfördernde sekundäre Pflanzenstoffe auf.
Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung tragen sekundäre Pflanzenstoffe in Lebensmitteln dazu bei, das Risiko für bestimmte Krebserkrankungen und Erkrankungen des Herz- Kreislaufsystems wie Herzinfarkt oder Schlaganfall zu senken.
Nach Schätzungen der DGE nehmen wir täglich etwa 1,5 g sekundäre Pflanzenstoffe mit der gemischten Kost auf, wenn wir uns nach den geltenden Ernährungsempfehlungen ernähren. Experten gehen davon aus, dass Vegetarier und Veganer eine höhere Menge zu sich nehmen.
Ernährungsempfehlung für Obst und Gemüse beinhaltet auch die optimale Menge sekundäre Pflanzenstoffe
Die DGE rät im Rahmen der vollwertigen Ernährung dazu, täglich mit mindestens 650 Gramm Obst und Gemüse den Speiseplan füllen. Diese Menge entspricht 5 handgroßen Portionen, wobei 250 Gramm auf Obst (2 Portionen) und 400 Gramm (3 Portionen) auf Gemüse entfallen sollten. Ein Teil des Gemüses kann am besten schonend erhitzt werden, während der andere Teil als Rohkost zum Beispiel im Salat verzehrt wird.
Unterscheidung und Wirkung sekundärer Pflanzenstoffe
Der Begriff „sekundäre Pflanzenstoffe“ ist ein Sammelbegriff für Substanzen unterschiedlicher Struktur. Deshalb gruppieren Experten sekundäre Pflanzenstoffe, die insgesamt aus vielen chemischen Verbindungen bestehen, nach ihrer chemischen Struktur und ihren funktionellen Eigenschaften.
Lediglich der grüne Blattfarbstoff Chlorophyll und die Phytinsäure aus Hülsenfrüchten lassen sich keiner Gruppe zuordnen, sie werden aber ebenfalls den sekundären Pflanzenstoffen zugerechnet.
Sekundäre Pflanzenstoffe | Pflanzliche Lebensmittel mit hohen Gehalten | Gesundheitliche Wirkung* |
---|---|---|
Chlorophyll | z.B. Kohl, Grünkohl, Brokkoli, Blattsalat, Petersilie | antikanzerogen |
Monoterpene | z.B. Öle aus Fenchel, Kümmel, Zitrusfrüchten, Pfefferminze, Äpfel, Aprikosen, Heidelbeeren, Himbeeren, Kümmel, Weintrauben | antikanzerogen |
Carotinoide | Oranges, gelbes und rotes Obst, Gemüse, grünblättriges Gemüse, z.B. Möhren, Paprika, Spinat, Brokkoli, Grünkohl, Tomaten, Grapefruit, Aprikose, Melone, Kürbis | antikanzerogen, antioxidativ, immunmodulierend, cholesterinsenkend |
Phytosterine | Öle, fettreiche Pflanzenteile, z.B. Zwiebeln, Nüsse, Vollkorn, Sonnenblumenkerne, Rosenkohl, Sesam, Hülsenfrüchte, Sesam, Soja | antikanzerogen, cholesterinsenkend |
Glucosinolate | Kohlgemüse, z.B. Kohlrabi, Rettich, Kresse, Senf | antikanzerogen, antimikrobiell, cholesterinsenkend |
Saponine | Hülsenfrüchte, z.B. Knoblauch, Lauch, Bohne, Linse, Spargel | antikanzerogen, antimikrobiell, immunmodulierend, cholesterinsenkend |
Polyphenole (z.B. Flavonoide, Phenolsäuren) | gelbes, blaues, violettes Obst, Gemüse und Vollkornprodukte, z.B. Äpfel, Birnen, Kirschen, Trauben, Beeren, Kohl, Zwiebeln, Auberginen, Wein, schwarzer Tee, Grüner Tee | antikanzerogen, antioxidativ, immunmodulierend, cholesterinsenkend, antithrombotisch, blutzuckersenkend, entzündungshemmend |
Proteaseinhibitoren | z.B. Sojabohne, Mungobohne, Erbse, Kartoffel, Mais | antikanzerogen, antioxidativ |
Phytoöstrogene | Vollkorngetreide, Ölsaaten, Hülsenfrüchte, z.B. Sojabohnen, Linsen, z.B. Leinsamen | antikanzerogen, antioxidativ |
Sulfide | z.B. Knoblauch, Lauch, Zwiebeln, Schnittlauch | antikanzerogen, antioxidativ, immunmodulierend, antithrombotisch, cholesterinsenkend, antimikrobiell, entzündungshemmend |
Phytinsäure | z.B. Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte | antikanzerogen, antioxidativ, immunmodulierend, blutzuckersenkend |
Andere bioaktive Substanzen | ||
Ballaststoffe | in allen Gemüsesorten | antikanzerogen, immunmodulierend, cholesterinsenkend, blutzuckersenkend |
Substanzen in milchsauer vergorenem Gemüse | z.B. in Sauerkraut, Joghurt, milchsauer vergorene Gemüsesäfte | antikanzerogen, immunmodulierend, cholesterinsenkend, antimikrobiell |
Gesundheitliche Wirkung*
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Zufuhrempfehlung für sekundäre Pflanzenstoffe steht noch aus
Trotzdem bislang in Tierversuchen und epidemiologischen Studien beim Menschen einige gesundheitsfördernde Auswirkungen einer pflanzenreichen Ernährung bekannt geworden sind, besteht nach Expertenangaben jedoch weiterer Forschungsbedarf rund um sekundäre Pflanzenstoffe, um konkrete Zufuhrempfehlungen geben zu können.
Funktionen sekundärer Pflanzenstoffe, die bislang vorwiegend im Tierversuch und in Laborstudien festgestellt wurden:
- Schutz vor Freien Radikalen
- Senkung des Cholesterinspiegels
- Förderung des Immunsystems
- Antikanzerogen
- Antimikrobiell gegen Pilze, Bakterien, Viren
- Schutz vor Augenerkrankungen
- Schutz vor Osteoporose
Sekundäre Pflanzenstoffe unterliegen Qualitätsschwankungen
Der Gehalt und die Qualität von sekundären Pflanzenstoffen ist einigen natürlichen Schwankungen unterworfen. In Abhängigkeit von solchen Umweltbedingungen wie Klima oder Bodenbeschaffenheit, ist der Gehalt und die Bioverfügbarkeit sekundärer Pflanzenstoffe in Lebensmitteln teilweise starken Schwankungen unterworfen. Auch Lagerung, Verarbeitung und Art der Zubereitung können unterschiedlichen Einfluss auf die Substanzen nehmen.
Beispielsweise vertragen Glucosinolate nur moderate Temperaturen und laugen durch Garen aus, Carotinoide und Monoterpene sind dabei empfindlich gegen Licht und Sauerstoff. Auf Polyphenole, wie sie etwa auch in Schokolade enthalten sind, wirken sich höhere Fettanteile und die Anwesenheit weiterer Polyphenole positiv aus, während Proteine und Antioxidantien wie Vitamin C einen negativen Einfluss auf die Verwertbarkeit haben.
Verwertbarkeit und Bioverfügbarkeit im Körper
Individuell bedingt besteht eine unterschiedlich gute Aufnahmefähigkeit für sekundäre Pflanzenstoffe. Wie gut sekundäre Pflanzenstoffe letztlich aufgenommen und verwertet werden können, ist von mehreren Faktoren abhängig.
Dazu zählen:
- chemische Struktur des sekundären Pflanzenstoffes
- Darmflora
- vorliegender Zustand, Begleitstoffe
Beispiel: Carotinoid (ß-Carotin, Vorstufe von Vitamin A) aus der Möhre. Mit dem Begleitstoff Öl kann der Körper über 50 % Carotin aus der Möhre verwerten, während ohne Öl nur etwa 3 % aufgenommen werden. Durch möglichst starke Zerstörung der Zellwände kann mehr sekundärer Pflanzenstoff zur Aufnahme bereit gestellt werden. Die Zellwände werden etwa zerstört durch schneiden, hacken, pürieren, erhitzen, kauen oder mörsern.
Nach Angaben der DGE entfalten sekundäre Pflanzenstoffe untereinander und im Zusammenspiel mit anderen pflanzlichen Lebensmitteln erst ihre besondere Wirksamkeit. Kommen sie dagegen in Nahrungsergänzungsmitteln in Form isolierter Verbindungen vor, besteht die Möglichkeit, dass sie sich als unwirksam erweisen oder sogar negative Wirkung zeigen. So rät die DGE von der Einnahme ab, wenn sekundäre Pflanzenstoffe aus ihrem natürlichen Verbund getrennt werden und isoliert in Nahrungsergänzungsmitteln angeboten werden.
Früher hielt man sekundäre Pflanzenstoffe für schädlich
Der Begriff „Sekundäre Pflanzenstoffe“ dient als Sammelbegriff für viele Substanzen unterschiedlichster Struktur, die in Pflanzen, bzw. in Pflanzenbestandteilen vorkommen. Vor etwa 100 Jahren verwendetet ihn zuerst der Pflanzenphysiologe Albrecht Kossel. Von den 100.000 heute bekannten bioaktiven Substanzen, finden wir etwa 5.000 in unserer Nahrung.
Weil einige sekundäre Pflanzenstoffe tödliche Gifte bilden, wurde die Gruppe früher ausnahmslos als gesundheitsschädlich eingestuft und wissenschaftliche Untersuchungen konzentrierten sich auch hierzulande deshalb ausschließlich auf die gesundheitsschädigenden Wirkungen. Erst in den letzten Jahrzehnten begann der Wandel und nach neueren wissenschaftlichen Untersuchungen verbindet man heute verschiedene sekundäre Pflanzenstoffe auch mit sehr vielen verschiedenen gesundheitsfördernden Eigenschaften.
Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 09/2016 | aktualisiert 19.01.2023
Bildquelle: ©Silvia@pixabay.com (CCO Creative Commons Lizenz)
Quellen und weiterführende Informationen:
- FH Erfurt- Bioaktive Substanzen im Gemüse. Forschung Bioaktive Substanzen im Gemüse
- DGE. Obst & Gemüse haben immer Saison
- DGE. Gemüse und Obst. Multitalente in Sachen Gesundheitsschutz (abgerufen 19.01.2023)
- DGE – Sekundäre Pflanzenstoffe und ihre Wirkung auf die Gesundheit.
- Uni Hannover. Gesund durch bioaktive Substanzen im Gemüse. Unimagazin 2004 (PDF) (abgerufen 19.01.2023)
- B. Watzel, C. Leitzmann. Bioaktive Substanzen in Lebensmitteln. Verlag Hippokrates. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage.
- BfR Bund. BGVV empfiehlt Höchstmengen für isoliertes Betacarotin (abgerufen 19.01.2023)
Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen
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