Erkrankungen der Speiseröhre durch Sodbrennen sind häufig. Über 50 Prozent der Erwachsenen in Industrieländern berichten, dass sie unter gelegentlichem Sodbrennen leiden, doch diese Beschwerden nicht regelmäßig mit Medikamenten behandeln müssen.
Von einer Refluxerkrankung gehen Mediziner erst aus, wenn das Sodbrennen beim Patienten regelmäßig zu starken Beeinträchtigungen des Wohlbefindens und auch zu behandlungsbedürftigen Beschwerden führt.
Etwa 15 Prozent der Bevölkerung in westlichen Industrieländern leiden unter der Refluxkrankheit, aus der sich in schweren Fällen auch eine Speiseröhrenentzündung (Refluxösophagitis) entwickeln kann, die das Krebsrisiko erhöht. Eine Speiseröhrenentzündung entwickelt sich bei ungefähr 40 Prozent der Erkrankten.
Definition Refluxkrankheit
Der Rückfluss von Mageninhalt verursacht die Symptome. Eine gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD) entwickelt sich, wenn der Reflux (Rückfluss) von Mageninhalt störende Symptome und/oder Komplikationen verursacht. Die gastroöösophale Refluxkrankheit betrifft den Magen und die Speiseröhre.
Primäre und sekundäre Refluxkrankheit
Mediziner unterscheiden zwischen primärer und sekundärer Refluxkrankheit. Bei der primären gastroösophagealen Refluxkrankheit erschlafft der untere Speiseröhrenschließmuskel ohne erkennbare Ursachen länger und öfter als im Normalfall, während die sekundäre gastroösophageale Refluxkrankheit häufig erst durch operative Eingriffe oder Erkrankungen entsteht, die sich auf den Bereich der Speiseröhre und des Magens auswirken.
Von einem Reflux sprechen die Experten dann, wenn durch den nicht ausreichend schließenden Schließmechanismus der Speiseröhre am Mageneingang (Ösophagussphinkter) saurer Mageninhalt zurück in die Speiseröhre fließt.
Bei den Betroffenen, bei denen sich die Speiseröhre entzündet, entwickelt sich die sogenannte Speiseröhrenentzündung (Refluxösophagitis), die verschiedene Schweregrade erreichen kann.
Die Refluxkrankheit hat verschiedene Ausprägungen und Schweregrade
Mediziner unterscheiden außerdem zwischen einer erosiven und einer nicht erosiven Refluxkrankheit. Die erosive Refluxösophagitis (ERD) ist durch verschiedene Schweregrade gekennzeichnet und wird als Refluxkrankheit mit Speiseröhrenentzündung beschrieben. Bei der Nicht-erosiven Refluxkrankheit (NERD) handelt es sich dagegen um eine Refluxkrankheit ohne Speiseröhrenentzündung.
Eine andere Ausprägung wird als hypersensitiver Ösophagus bezeichnet. Formell liegt dabei eine normale Säurebelastung der Speiseröhre vor, so dass auch andere körperliche Ursachen verantwortlich sein können wie beispielsweise Diabetes Mellitus oder Motalitätsstörungen des Magens.
Auftreten können außerdem extraösophageale Manifestationen. Diese bezeichnen die Auswirkung der Refluxkrankheit auf die Atemwege in Form von Asthma, chronischem Husten oder Kehlkopfentzündung. Ohne das Auftreten der typischen Refluxbeschwerden sprechen Mediziner von einem stillen Reflux.
Funktionelle Refluxbeschwerden bilden eine weitere Ausprägung. Bei diesen liegen die typischen Beschwerden vor, ohne dass es den Nachweis eines krankhaft gesteigerten Refluxes oder anderweitige Ursachen gibt.
Es kann zudem zu einem Barrett-Ösophagus kommen, bei der die Schleimhaut der Speiseröhre durch eine chronische Speiseröhrenentzündung verändert wurde.
Darüber hinaus kann es zu verschiedenen Komplikationen kommen.
Entstehung und mögliche Symptome der Refluxkrankheit
Der Reflux entsteht durch eine Funktionsstörung der Speiseröhre. Im Normalfall kann der Mageninhalt nicht in die Speiseröhre zurückfließen, weil der Ruhedruck des unteren Schließmuskels der Speiseröhre dafür verantwortlich ist, dass der Mageneingang verschlossen bleibt. Nur während des Schluckens und um verschluckte Luft auszustoßen, erschlafft der Schließmuskel beim gesunden Menschen vorübergehend.
Eine Funktionsstörung der Speiseröhre kann für einen gesteigerten Rückfluss von Magensäften in die Speiseröhre verantwortlich sein, der bei längerem Kontakt die Schleimhäute der Speiseröhre angreifen und schädigen kann und das typische Begleitsymptom Sodbrennen auslöst.
Auftretende Symptome und Beschwerden der Refluxkrankheit
Von einer hohen Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Refluxkrankheit gehen Mediziner aus, wenn das Sodbrennen oder das saure Aufstoßen mindestens 1 bis 2 mal pro Woche auftritt und die Lebensqualität der Betroffenen durch die Refluxbeschwerden insgesamt beeinträchtigt ist.
Dabei können die Symptome bei den Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Zu den typischen Symptomen bei Reflux zählen auch verschiedene Begleitsymptomen.
Häufig kommt es bei der Refluxkrankheit zu saurem Aufstoßen oder nicht saurem Aufstoßen. Begleitet wird sie oft auch von einem Druckgefühl und einem brennenden Schmerz hinter dem Brustbein sowie von Sodbrennen, insbesondere im Liegen und nach den Mahlzeiten.
Betroffene berichten auch von Brennen im Rachenraum, Schluckbeschwerden, Reizhusten und Heiserkeit sowie Asthmaanfällen.
Es kann zur Verstärkung der Beschwerden beim Bücken und Pressen kommen.
Diagnose der Refluxkrankheit
Zur Diagnose der Refluxkrankheit kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz. Schon im Patientengespräch gibt das Leitsymptom Sodbrennen dem Arzt einen Hinweis auf das mögliche Vorliegen einer gastroösophagealen Refluxkrankheit.
Die Sicherung der Diagnose, beziehungsweise die Untersuchungen zur Ausbreitung der Krankheit können im Bedarfsfall durch mehrere Verfahren erfolgen.
Neben einer Endoskopie zählt die Magenspiegelung (Ösophago-Gastro-Duodenoskopie/ÖGD) sowie eine Langzeit pH-Metrie, bei der eine eingelegte Sonde in der unteren Speiseröhre den pH-Wert misst, zu den diagnostischen Verfahren.
Mögliche Ursachen für Sodbrennen und die primäre Refluxkrankheit
Die Entstehung der Refluxkrankheit kann unterschiedliche Ursachen haben. Bei besonders schmerzempfindlicher Speiseröhre kann sich eine Refluxkrankheit auch ohne krankhaft gesteigerten Rückfluss entwickeln. In einigen Fällen ist eine genaue Ursache der Erkrankung nicht zu ermitteln.
Zu den Ursachen für die primäre Refluxkrankheit und zu den auslösenden, verstärkenden oder begünstigenden Faktoren zählen hauptsächlich Kaffee, Nikotin Alkohol und Zucker und Nikotin, doch auch scharfe Gewürze und Pfefferminze können auslösend wirken.
Neben Übergewicht, Ärger und Stress können psychische Faktoren die primäre Refluxkrankheit auslösen. Entstehen kann sie aber auch durch einen Zwerchfellbruch (axiale Gleithernie), Verätzungen oder Bestrahlungsfolgen.
Weitere Ursachen bilden Medikamente wie Zytostatika, Glukokortikoide, Anticholinergika und Theophyllin, Calciumkanalblocker, Nitrate sowie Psychopharmaka (Benzodiazepine). Daneben kann auch ein Pilzbefall der Schleimhäute von Speiseröhre und Mundhöhle (Soor) die Erkrankung auslösen.
Ausgelöst wird sie in machen Fällen außerdem durch eine Schwangerschaft.
Ursachen für die sekundäre Refluxkrankheit
Operative Eingriffe im Bereich des Magens und der Speiseröhre oder Eingriffe mit Auswirkungen auf diesen Bereich sind häufige Ursachen der sekundären Refluxkrankheit. Auch Muskelschwäche, Sklerodermie (entzündliche rheumatische Erkrankung) sowie Erkrankungen mit Abwehrschwäche, darunter Krebs, AIDS und auch das Zollinger-Ellison-Syndrom, bei der eine krankhafte Überproduktion des Hormons Gastrin, das den stärksten Reiz für die Magensäureproduktion liefert, können diese Form der Refluxkrankheit verursachen.
Folgen der Refluxkrankheit
Fortbestehende Entzündungsreaktionen können im Verlauf der gastroösophagealen Refluxkrankheit zu ganz unterschiedlichen Folgen führen. Es kann auch zu Komplikationen kommen.
Zu den möglichen Folgen und Komplikationen zählen beispielweise neben Geschwürbildungen (Ulzera), Atemwegserkrankungen und Blutarmut (Anämie) auch das Auftreten chronischer Blutungen in geschädigten Bereichen und das Bluterbrechen (Hämatemesis).
Narbige Verengungen der Speiseröhre (Ösophagusstenose) können entstehen, wodurch die Nahrungsaufnahme erschwert werden kann. Die Verengungen können sich bis hin zur vollständigen Verengung entwickeln, so dass eine Nahrungsaufnahme unmöglich wird.
Eine Folge der Refluxkrankheit ist das Barrett-Syndrom, bei dem die Veränderung der Schleimhäute der Speiseröhre durch die chronische Entzündung ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom) verursacht.
Mögliche Maßnahmen und Behandlungen
Unbehandelt bleibt der Zustand meist unverändert. Ohne Behandlung bessert sich gastroösophageale Refluxkrankheit zwar nur in sehr wenigen Fällen dauerhaft, jedoch nehmen die Beschwerden in der Regel unbehandelt auch nicht zu.
Behandlung des Reflux
In den meisten Fällen ist eine vorübergehende Medikation der gastroösophagealen Refluxkrankheit in Verbindung mit einer dauerhaften gezielten Ernährungsumstellung bereits dazu geeignet, das Risiko für die Entwicklung einer dauerhaften Speiseröhrenentzündung (Ösophagitis) zu minimieren.
Die übliche medikamentöse Therapie kann beispielsweise Protonenpumpenhemmer, H2-Blocker oder neutralisierende Antazida enthalten. In leichten Fällen werden Medikamente zur Förderung der Magenentleerung verordnet.
Falls Grunderkrankungen oder begleitende Erkrankungen wie zum Beispiel Pilzbefall vorliegen, werden diese außerdem behandelt.
Allgemein günstige Maßnahmen
Mediziner und Ernährungsspezialisten empfehlen bei Sodbrennen und der Refluxkrankheit zahlreiche Maßnahmen. Es wird empfohlen, die Reizstoffe zu meiden. Dazu zählen insbesondere Alkohol, Kaffee, Kakao und Süßigkeiten sowie Nikotin. Besonders abendlicher Alkohol begünstigt den Reflux.
Geraten wird außerdem dazu, mehrere kleine fettarme, zuckerarme aber eiweißreiche Mahlzeiten einnehmen. Mahlzeiten, die etwa 3 bis 4 Stunden vor dem Schlafengehen eingenommen werden, sollten Betroffene meiden.
Das Schlafen mit leicht aufgerichtetem Oberkörper kann hilfreich sein, um den Rückfluss von Magensäure zu erschweren.
Zu den weiteren empfohlenen Maßnahmen zählt es, Stress zu vermeiden und Übergewicht zu reduzieren.
Chirurgischer Eingriff
In Fällen, in denen die Behandlung nicht anschlägt oder in denen Komplikationen auftreten, wie es etwa bei Geschwüren oder Blutungen vorkommen kann, besteht die Möglichkeit, den unteren Ösophagussphinkter operativ einzuengen, damit ein Rückfluss der Magensäure verhindert wird.
Bei dieser Operation wickeln Ärzte den Ausgang der Speiseröhre mit einem Teil des Magens oder mit einem Magnetband ein.
Eine dauerhaft anhaltende, mechanische Reparatur ist nicht unbedingt möglich, da die Wirkung im Verlauf nachlassen kann. Wenn der Patient einen Rückfall erleidet, kommen in der Regel erneut ein Protonenpumpenhemmer zum Einsatz.
Alternative Methode mittels Elektrostimulation
Der Chefarzt der chirurgischen Abteilung am Heilig-Geist-Krankenhaus in Köln, Prof. Dr. Ernst Eypasch und sein Team, befassen sich seit 2014 mit einer neuen minimal-invasiven Methode gegen den gastroösophagealen Reflux, zu der erste weltweite Multicenter-Studienergebnisse vorliegen.
Die experimentelle Methode zielt darauf ab, den Ösophagussphinkter durch elektrische Stimulation zu stärken, so dass sich der Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre verhindern lässt. Sodbrennen und saures Aufstoßen werden beseitigt und die Patienten sollen auf Protonenpumpenhemmer verzichten können.
Nach Angaben des Mediziners bietet die Methode eine sichere und effektive Reflux-Behandlung. Die ersten Ergebnisse an sechzig Patienten lassen sich mit denen einer herkömmlichen Anti-Reflux-Operation vergleichen und bieten eine Alternative für Patienten, die mit Protonenpumpenhemmern nicht zurechtkommen.
Bei dem einstündigen Eingriff werden mit Hilfe einer Kamera (Laparoskopie, Videochirurgie) zwei stimulierungsfähige Elektroden in den Ausgang der Speiseröhre eingebracht, die über Kabel mit einer Steuerungseinheit verbunden sind. Die Steuerungseinheit wird über eine Batterie von der Größe einer Streichholzschachtel versorgt. Sie wird unter die Haut im linken Oberbauch eingepflanzt. Der Generator beginnt etwa sechs bis zwölf Sunden nach dem Eingriff, den Ösophagussphinkter über die zwei Elektroden elektrisch zu stimulieren.
Nach Auskunft des österreichischen Diagnose- und Therapiezentrums Reflux Medical GmbH, werden in Wien täglich acht bis zwölf Behandlungen durchgeführt, die die Operierten nicht spüren. Die Wirkung wird beobachtet und die Stimulation nach Bedarf angepasst.
Bildquellen:
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Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 03/2017 | aktualisiert 20.01.2023
Quellen und weiterführende Informationen:
Koop H., Fuchs K.H., Labenz J. et al.: Leitlinie S2k. Gastroösophageale Refluxkrankheit unter Federführung Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) AWMF-Register Nr. 021/013 (Stand 05/2014)
Reflux ade? Elektrostimulation soll Ösophagusphinkter stärken. https://deutsch.medscape.com/artikel/4902274. Medscape. Ute Eppinger. 5. Juni 2014
Eiter Josefa, Eder Gerlinde, Mair Maria: Ernährungslehre und Diätetik. 8.Auflage. 2008. Trauner Verlag
Innere Medizin. 7. Auflage. Weisse Reihe Band 4. 2004. Elsevier GmbH. Urban & Fischer Verlag
Biesalski, H.K.: Ernährungsmedizin: Nach dem Curriculum der Bundesärztekammer und der DGE. 2010. Verlag Thieme
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