Solidarische Landwirtschaften (SoLaWis) bilden einen eigenen Wirtschaftskreislauf, bei dem die landwirtschaftlich produzierten Lebensmittel nicht auf dem üblichen Weg in den Handel gelangen und über Supermärkte vertrieben werden. Stattdessen werden die Produkte über regionale Partnerschaften zwischen landwirtschaftlichen Erzeugern und privaten Endverbrauchern vertrieben. Schon im Jahr 2019 waren es 244 Betriebe in Deutschland, die ihre Produkte über solidarische Landwirtschaften vermarkteten und ihre Zahl steigt stetig weiter.

Das Modell der solidarischen Landwirtschaft erlebt seit einigen Jahren einen neuen Ausschwung und bringt nicht nur Erzeugern eine Menge Vorteile. Auch Verbraucher, die in diesem Geschäftsmodell oft als Ernteteiler bezeichnet werden, profitieren von der Partnerschaft mit einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Region. Solidarische Landwirtschaften sind eigentlich nichts Neues, denn schon in den deutschen mittelalterlichen Dorfgemeinschaften gab es gemeinsam bewirtschaftete Nutzflächen, die sogenannten Allmenden.

Moderne Solawis befinden sich häufig in der Nähe großer Ballungszentren und produzieren insgesamt eine große Vielfalt an Lebens- und Genussmitteln. Bisweilen bestehen über die reine solidarische Produktion von Lebensmitteln hinaus beispielsweise auch Therapieangebote oder andere Angebote wie etwa Bauernhofkindergärten.

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Ökolandbau in Deutschland

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Welche Lebensmittel bieten solidarische Landwirtschaften?

Solawis gibt es hierzulande in ganz unterschiedlichen Größen und Formen.

Zum Beispiel als bäuerliche Gemischtbetriebe, Gemüsegärtnereien, Käsereien, Imkerbetriebe oder auch als Obsthöfe.

SoLaWis vermarkten neben Obst, Gemüse, Kohl, Kartoffeln, Salaten, Getreide und Kräutern, ebenfalls Milch und Milchprodukte, Eier, Honig oder Fleisch und Wurst sowie Brot- und Backwaren an die partnerschaftlich verbundenen Verbraucher.

Auch Genussmittel und Getränke wie Wein, Spirituosen, Bier oder Säfte stehen im Zentrum einiger solidarischer Landwirtschaften.

Die meisten Solawis beschränken sich allerdings auf den Gemüseanbau. In der Regel handelt es sich bei nahezu allen Lebensmitteln um ökologisch erzeugte äußerst hochwertige Produkte.

Bei Wurst- und Fleischproduzenten sind es nicht selten alte, in der Tradition gehaltene Rinder-, Schweine- oder Geflügelrassen, die Erzeuger züchten und vermarkten. Geschlachtet wird meist mehrmals im Jahr und der Fleischanteil wird entsprechend aufgeteilt. In der Regel sind es hofeigene oder nahegelegene kleine Metzgereien, in denen die Tiere unter möglichst stressfreien Bedingungen und mit kurzen Transportwegen geschlachtet und verarbeitet werden. Das Fleisch wird von vielen Erzeugern vakuumiert geliefert und ist leicht einzufrieren und dadurch lange haltbar.

Vorteile für solidarische Landwirtschaften

Heutige Erzeuger profitieren vom SoLaWi-Modell besonders, weil sie sich dadurch von den üblichen wirtschaftlichen Zwängen, die eine Supermarkt-Belieferung mit sich bringt, befreien können.

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Vollkost und Vollwertkost

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Neben der aufgebauten Existenzsicherheit können sie außerdem Planungssicherheit für ihren Betrieb schaffen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass sie durch kontinuierliche Beitragseinnahmen nicht in Vorleistung gehen müssen. Viele Betriebe können bei Bedarf zudem eine kostenlose aktive Mithilfe der Mitglieder einplanen.

Die Betriebe profitieren außerdem von einem positiven Umfeld, denn ihre Arbeit wird von den Ernteteilern allgemein sehr wertgeschätzt.

Vorteile für Verbraucher

Verbraucher genießen dagegen in der Versorgungsgemeinschaft besondere Vorteile, weil sie sicher sein können, gesundes Essen aus der Region zu erhalten. Als Mitglied bei einer der solidarischen Landwirtschaften, tragen sie außerdem dazu bei, Verpackungsmüll zu vermeiden und nachhaltig einzukaufen. Neben diesen Vorteilen profitieren die Ernteteiler aber auch davon, genau über die Produktion und Herkunft informiert zu sein. Oft können sie sogar auf direkte Tuchfühlung mit dem Erzeugerbetrieb gehen. Solidarische Landwirtschaften sind besonders beliebt bei Familien mit Kindern und Bio-Kunden, unter anderem aber auch bei besonders naturverbundenen und aktiven Menschen.

Wirtschaftliche, soziale und umweltmäßige Vorteile

Neben den Vorteilen, die Unternehmer und Verbraucher direkt genießen, wirkt sich das Modell gleichzeitig auf weitere wirtschaftliche, soziale und umweltmäßige Bereiche äußerst positiv aus.

Durch solidarische Landwirtschaften wird nicht nur die ökologische Bewirtschaftung von Flächen gefördert, sondern auch die zwischenmenschliche Solidarität.

Daneben fördert sie den Erhalt und Aufbau fruchtbarer Ackerböden und die biologische Vielfalt. Es kommt zu einer gerechten Bezahlung der landwirtschaftlichen Arbeiter und dadurch zu einem bessere Leben auf dem Land. Eine stabile regionale Wertschöpfung kann sich durch solidarische Landwirtschaften entwickeln.

Das Modell bietet außerdem Optionen für zukunftsorientierte Vernetzungen. Häufig ist auch ein CO2 neutraler Transport zum Depot berücksichtigt, so dass auch die Umwelt davon profitieren kann.

Wie funktioniert das Modell Solidarische Landwirtschaften?

In der Regel organisieren sich solidarische Landwirtschaften über einen Verein, in dem die Ernteteiler Mitglied werden können. Solawi-Vereine bestehen je nach Angebot und Größe etwa zwischen zehn und mehreren hundert Mitgliedern.

Vor Beginn einer Erntesaison erstellt der regionale Erzeuger meist einen Anbau- und Budgetplan, in den je nach Betrieb auch Kosten für z.B. Tierfutter, Saatgut, Düngemittel, Lohn usw. eingepreist werden. In gewissem Rahmen bieten einige Landwirte den partnerschaftlich verbundenen Verbrauchern ein Mitbestimmungsrecht bei der Planung, wenn es um den Anbau geht.

Je nach Kapazität des Betriebes und der geplanten Produktionsmenge, legt eine Vielzahl der Betriebe eine Mindestanzahl, bzw. eine maximale Anzahl an Mitgliedern fest, die für die Umsetzung des Plans erforderlich sind.

Ein Großteil der solidarischen Landwirtschaften lädt dann zu einem persönlichen Treffen mit allen Ernteteilern ein. Diese Versammlungen finden alljährlich oft um die Jahreswende statt. Die geladenen Ernteteiler können dabei, soweit die jeweilige Vereinssatzung keinen festgesetzten Beitrag vorsieht, ein Gebot für ihren Ernteanteil abgeben. Wird der Budgetplan bei Bieterverfahren in der ersten Bieterrunde nicht erreicht, kann es auch mehrere Bieterrunden geben, solange bis die finanzielle Absicherung des Projekts erreicht ist.

Andere Landwirte geben Verbrauchern aus der Region über ihre Website die Möglichkeit, noch freie Plätze zu besetzen und dem Verein beizutreten. In der Regel unterstützen die Ernteteiler den Betrieb vertraglich für mindestens ein Jahr.

Sind für die kommende Saison mehr Verbraucher interessiert, als es freie Plätze gibt, führen viele solidarische Landwirtschaften eine Warteliste für die Interessenten.

Was kostet eine Mitgliedschaft in solidarischen Landwirtschaften?

Bei vielen solidarischen Landwirtschaften ist ein vegetarischer Ernteteil und die Vereinsmitgliedschaft rund um die 90 Euro pro Monat zu haben. Einige Solawis vereinbaren aber auch halbe Anteile. Bei Solawis, die Fleisch anbieten, können Ernteteiler einen Fleischanteil zubuchen, wenn er nicht bereits im Anteil enthalten ist. Es kommt auch vor, dass eine Solawi einen einkommensabhängigen Zuschlag erhebt, so dass gut Verdienende etwas mehr für die gleiche Leistung zahlen.

Was geliefert wird, bestimmt die individuelle Satzung der Solawi. Während es bei manchem Verein ein nach Kilogramm oder nach Anteilen festgelegter Wert ist, liefern andere mehr, wenn sie mehr ernten. Kommt es aber zu Ernteausfällen, muss man sich als solidarischer Ernteteiler auch mit weniger zufriedengeben. Denn es wird bei diesem Modell nicht nur der Ertrag, sondern auch das Risiko für mögliche Ernteausfälle oder Vermarktungsrisiken geteilt und Liefergarantien sind ausgeschlossen.

Gezahlt wird von den Mitgliedern meist in monatlichen oder vierteljährlichen Raten. Einige Erzeuger bieten oder erwarten daneben auch eine persönliche Beteiligung. Die Form und der Umfang ist unterschiedlich. Es kann um festgelegte Mitarbeitstage, stundenweise Beteiligung oder Unterstützung bei der Organisation gehen. Andere bieten ihren Mitgliedern dagegen Aktionen auf freiwilliger Basis an. Die Einzelheiten gehen aus der jeweiligen Vereinssatzung hervor. Der zu leistende Beitrag besteht in der Regel aus einem Anteil für die Lebensmittel und einem geringen Anteil für die Mitgliedschaft im Verein, das sind in der Regel monatlich oft kaum mehr als fünf Euro.

Viele Betriebe kalkulieren den Ernteanteil für einen Zwei-Personenhaushalt. Je nach Anbauplan und Saison weicht der Ernteanteil bei Gemüseproduzenten oft ab. So weisen einige Betriebe extra daraufhin, dass im Sommer mit einem größeren Anteil zu rechnen ist als im Winter.

Neben der Mitgliedschaft mit Ernteanteil bieten die meisten Vereine aber auch Mitgliedschaften ohne Ernteanteil an sowie Fördermitgliedschaften, bei denen das Mitglied jährlich einen beliebigen Betrag zahlt.

Wie kommt die Ernte zum Ernteteiler?

Ein Großteil der Obst- und Gemüseerzeuger stellt die Lebensmittel in der Erntesaison an ein oder mehreren Tagen in der Woche bei Depots in der Region für die Ernteteiler zur Abholung bereit.

Entweder wiegen die Ernteteiler im Depot das Gemüse selbst ab und bringen entsprechende Behältnisse für den Transport mit oder die Anteile werden in umweltfreundlichen, meist wieder verwertbaren Verpackungen portionsgerecht bereit gestellt.

Organisation solidarischer Landwirtschaften in Deutschland

In Deutschland hat das 2010 gegründete Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V. seither einen großen Anteil an der Entwicklung, Organisation und Verbreitung dieser Vertriebsform. Der Verein bildet einen Zusammenschluss von Erzeugern und Verbrauchern. Zeitraum von 2010 bis 2022 entstanden unter dem Dach nahezu 500 Solawi Betriebe.

Neben der Beratung bietet der bundesweit tätige Verein auch einiges im Bereich der Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit sowie im Bereich der Bildung, Ausbildung und Forschung.

Erzeuger finden neben praktischem Gründungswissen und betriebswirtschaftlichem Know How auch Angebote zur Aus- und Weiterbildung und können sich außerdem an Forschungsprojekten beteiligen.

Innerhalb des Vereins haben sich zahlreiche Solawi-Genossenschaften zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen gefunden.

Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 16.08.2022 | aktualisiert 12.01.2024
Bildquelle Titelbild: © Bild von RitaE auf Pixabay.com

Quellen und weiterführende Informationen:

A. Janitzki. Eigentum, Besitz und Nutzung in der Landwirtschaft. Versuche eines neuen Umgangs mit Grund und Boden. In: Gengenbach, H. und Limbacher, M.: Kooperation oder Konkurs? Die Landwirtschaft braucht neue Sozialformen. Modelle und Praxis im biologisch-dynamischen Landbau. Verlag Freies Geistesleben GmbH, Stuttgart.1989

Netzwerk solidarische Landwirtschaft e.V.

Hartmut Netz. NABU. Mitbauern gesucht

Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen

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