Unter dem Begriff Naturheilkunde vereinen Experten ein ganzes Spektrum sanfter und meist nebenwirkungsarmer Heilmethoden. Die Naturheilkunde ist im Wesentlichen die Lehre von Naturheilmitteln und Naturheilverfahren. Naturheilkundliche Verfahren sieht man traditionell in den verschiedensten Kulturkreisen verwurzelt.

Wenn es zu körperlichen Beschwerden oder Erkrankungen kommt, gehen naturheilkundlich orientierte Therapeuten regelmäßig davon aus, dass das harmonische Gleichgewicht im menschlichen Organismus ursächlich gestört ist. Deshalb besteht das Ziel vieler Verfahren der Naturheilkunde darin, dieses natürliche Gleichgewicht im Körper sanft, nebenwirkungsarm und auf natürliche Weise wiederherzustellen.

Manche alternative Heilverfahren kommen unterstützend und begleitend neben Therapien der klassischen Medizin zum Einsatz.

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Klimatherapie

Klimatherapie: Reizklima oder Schonklima?

Naturheilverfahren haben oft eine ganzheitliche Ausrichtung

Verschiedenste Verfahren im Bereich der Naturheilkunde zielen darauf ab, körpereigene Selbstheilungskräfte und Ordnungskräfte zu aktivieren, die helfen, bestehende Erkrankungen und Beschwerden von innen heraus zu bekämpfen. Natürliche Heilverfahren sind meist ganzheitlich ausgerichtet und sprechen auf dieser Basis Körper, Geist und Seele gleichermaßen an.

Übersicht zu Verfahren der Naturheilkunde

Weltweit praktizieren Kulturen spezielle Naturheilverfahren, die jedoch von Wissenschaftlern nicht alle in Deutschland als wirksam bewertet werden, weil Beweise für deren Wirksamkeit nicht erbracht oder von Schulmedizinern anerkannt wurden.

Insbesondere wird deshalb bei alternativen Heilmethoden zwischen solchen unterschieden, für die aus wissenschaftlicher Sicht ein anerkannter Wirksamkeitsnachweis besteht und denen, die hierzulande schulmedizinisch nicht anerkannt werden oder bislang nicht wissenschaftlich anerkannt worden sind.

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Kneippkur und Kneippkurorte

Rundum die Kneipp-Kur

Naturheilmittel in der therapeutischen Anwendung

In einigen Naturheilverfahren stehen natürliche Heilmittel im Zentrum der Behandlung. Unter den Begriff Naturheilmittel fallen neben therapeutisch eingesetzten Substanzen auch ortsgebundene Mittel. Aber auch physikalische Bedingungen wie beispielsweise heiße Quellen, zählen zu den Naturheilmitteln. Verschiedene Naturheilverfahren setzen gezielt Naturheilmittel ein oder kombinieren sie, um die Gesundheit zu fördern oder wiederherzustellen.

Anwendbare Naturheilmittel

Zu den Naturheilmitteln zählen neben Heilpflanzen auch Bestandteile der Nahrung und Heilwässer sowie natürliche Mineralien. Aber auch andere ortsgebundene Mittel wie etwa Moorpackungen können therapeutisch zur Anwendung kommen.

Daneben besitzen Faktoren wie die Temperatur, das Klima oder mechanische Kraftwirkungen therapeutische Wirkung. Hinzu kommen weitere anwendbare Heilmittel wie etwa die Bewegung.

Anerkannte Naturheilverfahren

Die klassische Naturheilkunde geht auf die römisch-griechische Antike zurück und umfasst Verfahren mit unterschiedlichen wissenschaftlich anerkannten Wirkungsweisen. Klassische naturheilkundliche Behandlungen erhalten Patienten auf ärztliche Verordnung hin. Sie zählen in der Regel zum festen Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen.

Diese klassischen Verfahren sind in der sogenannten Kneipp-Kur vereint. Im ganzheitlichen 5-Säulen-Konzept der Kneipp Therapie kommen die einzelnen Elemente der Phytotherapie, Hydrotherapie, Thermotherapie, Ordnungstherapie und Ernährungstherapie zur Anwendung. Diese Heilverfahren können komplex in einer Kur oder auch einzeln bei entsprechenden Beschwerden oder Erkrankungen angewendet werden.

Neben der klassischen Kneipp Kur gibt es zahlreiche weitere wissenschaftlich anerkannte Naturheilverfahren, die je nach Verfahren therapeutisch, zur gesundheitlichen Vorsorge oder zur Rehabilitation nach Operationen oder Erkrankungen zur Anwendung kommen können.

Klassische Therapien der Naturheilkunde

Die klassischen Verfahren der Naturheilkunde bilden einen festen Bestandteil der konventionellen Medizin. Häufig kommen sie einzeln oder in Kombination bei der Rehabilitation zum Einsatz.

Phytotherapie

Die Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) bietet eine breite Palette von Arzneipflanzen, die vorbeugend oder therapeutisch bei verschiedenen Erkrankungen und Beschwerden zur Anwendung kommen können.

Hydrotherapie

Bei der Hydrotherapie (Wassertherapie) wird das Element Wasser eingesetzt, um verschiedene akute und chronische Beschwerden zu lindern oder zu heilen oder ihnen vorzubeugen.

Thermotherapie

In der Thermotherapie (Wärmetherapie/ Kältetherapie) nutzt man die positiven Eigenschaften von Wärme und Kälte zur Vorsorge und Behandlung von zahlreichen Erkrankungen und Beschwerden.

Balneotherapie

Im Rahmen der Balneotherapie (Bädertherapie) werden in Bädern neben den physikalischen Eigenschaften des Wassers auch Wirkstoffe angewendet, die gegen zahlreiche Beschwerden und Erkrankungen vorbeugende, lindernde oder heilende Wirkung zeigen.

Bewegungstherapie

Als Hauptelement der Physiotherapie wird die Bewegungstherapie vorbeugend oder therapeutisch genutzt, um spezielle Körperfunktionen anzusprechen und zu stärken.

Manuelle Medizin

In der Manuelle Medizin und in der Chirotherapie setzen die Therapeuten bei Funktionsstörungen nach der Diagnose gezielte Handgriffe ein, damit die Beweglichkeit des Bewegungsapparates wiederhergestellt werden kann.

Ordnungstherapie

Die Ordnungstherapie und Mind-Body-Medizin bietet ein Konzept zur gesunden Lebensführung, wobei nicht nur die innere, sondern auch die äußere Lebensordnung eine Rolle spielt. Die Mind-Body-Medizin hat einige Gemeinsamkeiten mit der Ordungstherapie.

Klimatherapie

Bei der Klimatherapie natürliche klimatisch bedingte Umweltreize eine Beschleunigung bei der Heilung verschiedener Erkrankungen. Die Klimatherapie kann zur Stärkung des Immunsystems auch vorbeugend angewendet werden.

Thalasso-Therapie

Eine Thalasso-Therapie (Meerestherapie) wird in Meeresnähe durchgeführt und neben in Meeresnähe klimatisch gegebenen Effekten auch Bestandteile aus dem Meer wie zum Beispiel Meersand, Meersalz oder Algen. Sie eignet sich vorbeugend oder zur Behandlung verschiedener Erkrankungen.

Elektrotherapie und Ultraschalltherapie

Unterschiedliche Stromformen werden in der Elektrotherapie und Ultraschalltherapie dazu genutzt, das Körpergewebe und Nerven zu reizen, um Beschwerden oder Erkrankungen des Bewegungsapparates zu behandeln.

Heliotherapie

In der Heliotherapie werden Sonnenstrahlen zur Behandlung verschiedener Krankheiten und Beschwerden medizinisch angewendet.

Ernährungstherapie

Zahlreiche Krankheiten und Beschwerden lassen sich im Rahmen einer Ernährungstherapie lindern oder heilen, auch die künstliche Ernährung ist eine der vielen Behandlungsoptionen. Im Gegensatz zur Ernährungsberatung, die vorbeugend genutzt werden kann, liegen bei der Ernährungstherapie behandlungsbedürftige Beschwerden oder Erkrankungen vor.

Therapeutisches Fasten

Bei einer Vielzahl von Erkrankungen hat sich das therapeutische Fasten bewährt. In der Regel wird es in spezialisierten Kliniken mit ärztlicher Begleitung durchgeführt.

Erweiterte naturheilkundliche Verfahren

Erweiterte Naturheilverfahren bestehen neben den Heilverfahren der klassischen Medizin.

Akupunktur

Akupunktur ist ein Heilverfahren, das schon vor Christus aus Fernost stammt. Spezielle Nadeln kommen an definierten Punkten im Körper zum Einsatz, um entstandene Blockaden in Leitbahnen zu lösen. Blockaden werden mit der Entstehung von Krankheiten und Beschwerden in Verbindung gebracht.

Atemtherapie

Eine der am häufigsten angewandten Therapien in dem Bereich ist die Atemtherapie nach Middendorf. Die Therapie kommt zum Einsatz, wenn Körperfunktionen durch falsches Atmen beeinträchtigt sind. Sie wirkt auch Befindlichkeitsstörungen entgegen.

Neuraltherapie

Zum Einsatz kann eine Neuraltherapie kommen, wenn Entzündungen oder Schmerzen bestehen. Bei chronischen oder akute Leiden finden lokale Betäubungsmittel Anwendung.

Ausleitende Verfahren

Unter dem Oberbegriff Ausleitende Verfahren vereinen Mediziner und Therapeuten unterschiedliche Methoden zur Entgiftung der Körpersäfte. Neben dem Schröpfen und dem Aderlass gibt es weitere Verfahren.

Eigenbluttherapie

Durch die Eigenbluttherapie soll eine Stärkung der körperlichen Abwehrkräfte ausgelöst werden, die einigen Entzündungen und Verletzungen entgegenwirkt und auch Durchblutungsstörungen positiv beeinflusst.

Sauerstoff- und Ozontherapie

Verabreicht wird bei der Sauerstoff- und Ozontherapie täglich mindestens 16 Stunden lang Sauerstoff. Sie kommt zum Einsatz, wenn im Blut ein chronischer Sauerstoffmangel besteht.

Mikrobiologische Therapie

Bei der Mikrobiologischen Therapie wird ein gestörtes Darmmikrobiom gezielt mit Präparaten behandelt, die spezielle Mikroorganismen enthalten, um die Darmflora zu regenerieren. Oft wird sie nach einer Antibiotikatherapie angewendet, durch die die Darmflora beeinträchtigt worden sein kann. Auch durch falsche Ernährung kann ein Darmmikrobiom beeinflusst werden.

Reflexzonentherapie

Bei einer Segment und Reflexzonentherapie übt der Therapeut gezielten Druck auf spezielle Körperzonen aus.  Die Behandlung beschränkt sich auf Druckpunkte an den Füßen, den Handflächen und dem Ohr. Die Druckpunkte sind der Theorie nach mit bestimmten Körperorganen verbunden.

Hyperthermie

Die Hyperthermie ist eine etablierte Therapieform, bei der Teile des Körpers oder der ganze Körper über einen gewissen Zeitraum erhitzt wird, um Krebstumoren entgegenzuwirken.

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Kostenübernahme bei Reha und Naturheilverfahren

Kostenübernahme bei Reha & Naturheilverfahren

Komplementärmedizinische Verfahren

Neben den klassischen und erweiterten Verfahren der Naturheilkunde gibt es eine Vielzahl von komplementärmedizinischen Verfahren. Einige davon wenden Ärzte mit einer entsprechenden Zusatzausbildung ergänzend zur schulmedizinischen Behandlungsform an. Verschiedene komplementärmedizinische Verfahren werden auch von Heilpraktikern und Therapeuten mit einer Zusatzausbildung angeboten.

Insgesamt fallen alle Behandlungen und Verfahren unter den Begriff Komplementärmedizin, die sich als naturheilkundlich bezeichnen.

Komplementärmedizinische Verfahren

Weitere komplementärmedizinische Verfahren der Naturheilkunde

Abgrenzung der Naturheilverfahren

Experten der Schulmedizin nehmen eine strikte Unterscheidung verschiedener Naturheilverfahren vor. Unter der Bezeichnung Naturheilverfahren werden zahlreiche Behandlungsmethoden angeboten. Doch nicht alle Verfahren werden von der konventionellen Medizin anerkannt. Anerkannt sind solche Naturheilverfahren, die den wissenschaftlichen Nachweis der Wirksamkeit erbracht haben.

Bei angewandten Naturheilverfahren wird von den gesetzlichen Krankenkassen grundsätzlich zwischen ärztlichen Verfahren und nicht-ärztlichen Verfahren auf Grundlage des Heilpraktiker-Gesetzes unterschieden. Behandlungsmethoden der Schulmedizin werden von Ärzten mit spezieller Zusatzausbildung im Bereich der Naturheilverfahren oft mit klassischen Therapien bei Notwendigkeit kombiniert.

Zunehmend zählen sich aber auch solche Angebote zum Bereich der Naturheilkunde, die eher esoterisch orientiert sind oder denen persönliche Interessen, Ideen oder theoretische Konzepte zugrunde liegen. Für diese Leistungen übernehmen die meisten gesetzlichen und privaten Krankenkassen keine Leistungen, so dass die Kosten bei Inanspruchnahme grundsätzlich selbst getragen werden müssen.

Wann übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten für Naturheilverfahren?

Die Kostenübernahme für anerkannte Naturheilverfahren erfolgt nach Maßgabe. Die Behandlungskosten von anerkannten Naturheilverfahren übernehmen oder bezuschussen gesetzliche Krankenkassen nach ärztlicher Verordnung in der Regel ohne Probleme. Bei der Behandlung durch einen Heilpraktiker übernehmen allerdings nur wenige gesetzliche Krankenkassen die Kosten einer Naturheilbehandlung. Wenn die eigene Krankenkasse nicht zahlt, muss der Versicherte die Behandlungskosten selbst tragen.

Private Krankenversicherungen erstatten bei medizinischer Notwendigkeit meist auch die Kosten für Behandlungen mit Naturheilverfahren durch Heilpraktiker in der Höhe, die tariflich mit dem Versicherten vereinbart ist. Aber auch Private Krankenversicherer erstatten nicht die Behandlungskosten für jedes Naturheilverfahren. Welche Naturheilverfahren Private Krankenversicherungen übernehmen, wird im Hufelandverzeichnis geregelt. Darin sind alle naturheilkundlichen Verfahren, die von Privatversicherern anerkannt sind, aufgelistet. Private Krankenversicherungen erkennen im Vergleich zu gesetzlichen Krankenversichern einige Naturheilverfahren mehr als erstattungsfähig an.

Gesetzlich und privat Versicherte können für naturheilkundliche Leistungen auch entsprechende Zusatzversicherungen abschließen. Neben den Privaten Krankenversicherungen bieten auch einige gesetzliche Kassen Versicherten eine Zusatzversicherung für Naturheilkunde an.

Im Zweifelsfall empfiehlt sich deshalb vor einer naturheilkundlichen Behandlung die Rücksprache mit der Krankenkasse.

Text: Katja Schulte Redaktion
Datum: 11/2016 | aktualisiert 26.03.2024
Bildquelle:

Titelbild © Kerstin Riemer auf Pixabay.com | Bildquellen der Vorschaubilder unter Lesetipp sind im jeweiligen Bericht angegeben

Quellen und weiterführende Informationen:

G-BA Gemeinsamer Bundesausschuss

Karin Kraft, Rainer Stange. Lehrbuch Naturheilverfahren. Hippokrates Verlag. 2010

BMG-Bund. Zuzahlung Krankenversicherung

GKV Leitfaden Prävention

BMG-Bund. Evidenzbasierte Medizin.

Wichtige Hinweise zu Gesundheitsthemen

Dieser Artikel behandelt ein Gesundheitsthema. Er dient nicht der Selbstdiagnose und ersetzt keine Arztdiagnose. Bitte beachten Sie hierzu die weiteren Hinweise zu Gesundheitsthemen

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