Gesundheitsgefahr durch Wasserleitungen aus Blei

Trotz des Verbots sind noch nicht alle Bleirohre in Deutschland schon ausgetauscht. Während Bleirohre in Teilen Bayerns und Baden-Württembergs schon seit mehr als 100 Jahren verboten sind, baute man sie in anderen Bundesländern noch bis 1973 ein. Wasserleitungen aus Blei und bleihaltigen Werkstoffen sind seit Dezember 2013 in ganz Deutschland nicht mehr zugelassen.

Doch längst nicht alle Eigentümer haben in älteren Wohngebäuden und Firmengebäuden die Bleirohre und Bleiverbindungen ausgetauscht, so dass erhöhte Bleigehalte im Trinkwasser dort nach wie vor ein nicht zu unterschätzendes Gesundheitsrisiko bergen.

Blei aus Wasserrohren gelangt sowohl über die Schleimhäute wie auch über die Haut in den Körper. Es reichert sich dort an und kann zu chronischer Bleivergiftung führen. Zwar kann ein einzelner Selbsttest zur Haarmineralanalyse einen ersten Hinweis auf mögliche Bleibelastungen im Körper geben, dieser sollte jedoch nach Angaben des Umweltbundesamtes bei einem positiven Ergebnis nicht als alleinige Basis für eine Therapieentscheidung dienen. Fällt ein Selbsttest positiv aus, raten die Experten zu einer entsprechenden ärztlichen Untersuchung.

Sogar kleine Teilabschnitte aus Blei im Rohrsystem können das Trinkwasser stark belasten, denn besonders in Kontakt mit anderen Metallen gelangt möglicherweise viel Blei ins Trinkwasser.

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Blei zählt zu den toxischen Schwermetallen. Neben anderen belastenden Schwermetallen wie Cadmium oder Quecksilber, gilt auch Blei als eine der riskanten Substanzen, bei denen das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) zur Vorsicht rät.

Die Grenzwerte für Blei im Trinkwasser wurden gesenkt

Alte Bleirohre mussten lange schon ausgetauscht werden, denn seit dem 01. Dezember 2013 beträgt der Grenzwert für Blei im Trinkwasser nur noch 10 µg/l.

Diesen Wert können alte Wasserleitungen aus Blei kaum einhalten und somit besteht seit 2013 für alte Leitungen in der Regel automatisch die Pflicht zum Austausch. Zuvor war ein Grenzwert für Blei von 0,25 µg/l erlaubt.

Ist der Grenzwert überschritten, muss der Vermieter neben dem Gesundheitsamt auch die Mieter informieren und die Bleirohre sind schnellstens auszutauschen. Bis dahin müssen Vermieter sich um alternative Trinkwasser-Lösungen für ihre Mieter kümmern.

Das Umweltbundesamt empfiehlt einen Wassertest

Neben Wasserrohren aus Blei und bleihaltigen Kupferlegierungen empfiehlt das Umweltbundesamt auch Wasserrohre aus anderen Metallen testen zu lassen. Möglich sind gesundheitsschädliche Belastungen auch durch Wasserleitungen aus gusseisernem Stahl, verzinktem Stahl, verchromtem und vernickeltem Metall sowie aus blankem Kupfer, das nicht die DIN 50930-6 erfüllt.

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Bleirohre sind silbergrau und beim Klopftest klingen sie eher leise und dumpf. Handelt es sich dagegen um Stahlrohre oder Kupferrohre ist ihr Klang eher hell.

Wenn Zweifel bestehen, ob es sich um eine Bleileitung handelt, sorgt eine kostenpflichtige Labormessung für Klarheit. Die reinen Laborkosten zur Feststellung des Bleigehalts belaufen sich bei der eigenen Probennahme auf ungefähr 15 Euro. Das zuständige Gesundheitsamt kann bei der Probenentnahme beraten. Bei Abnahme und Untersuchung einer Probe durch ein akkreditiertes Labor ist mit Kosten von ca. 50 bis 100 Euro zu rechnen.

Hauseigentümer und Vermieter stehen in der Verantwortung, bleifreie Trinkwasserqualität einzuhalten. Sie müssen das Trinkwasser auf solche Schadstoffe hin untersuchen lassen.

Hauskäufer sollten sich beim Hauskauf sicherheitshalber vom Verkäufer bescheinigen lassen, dass die Wasserleitungen kein Blei enthalten. Ansonsten sind sie mit dem Hauskauf als neue Eigentümer verpflichtet, die bleihaltigen Wasserleitungen auf ihre Kosten auszutauschen zu lassen.

Grenzwertüberschreitungen berechtigen den Mieter zur Mietminderung

Eine Grenzwertüberschreitung von Blei im Trinkwasser berechtigt einen betroffenen Mieter zur Mietminderung, denn es handelt sich dabei um einen Mangel an der Mietsache. Zwischen 5 bis 10 % Mietminderung sind bei Überschreitung des Bleigrenzwertes üblich. Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Miete teilweise einbehalten werden.

Symptome und Therapie bei chronischer Bleivergiftung

Eine chronische Bleivergiftung entwickelt sich schleichend. Blei ist ein Nervengift und ein Blutgift, das bei langfristiger Aufnahme aus dem Trinkwasser auch bereits in geringen Mengen schleichend zu einer chronischen Bleivergiftung führen kann. Das Schwermetall Blei wird in die Knochen eingebaut und ist schon in niedrigen Dosen giftig.

Eine Bleivergiftung kann nicht nur zu Schäden am Nervensystem, sondern auch an den Nieren, der Leber und dem Knochenmark führen. Außerdem können Schäden an den hormonproduzierenden Organen entstehen. Nach langjährigen Bleibelastungen treten oft irreversible Organschäden auf. Blei kann bei Ungeborenen, Säuglingen, Kleinkindern neben der Schädigung des Nervensystems auch die Blutbildung und Intelligenzentwicklung beeinträchtigen.

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Betroffene klagen anfangs über Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Verstopfung und Beschwerden im Verdauungstrakt. Durch die Blockierung verschiedener Enzyme kommt es zu einer Blutarmut mit hochgradiger Blässe.

Therapie bei Bleivergiftungen

Bei Bleivergiftungen kommt eine Chelattherapie zum Einsatz. Die Chelattherapie erfolgt mit ausleitenden Komplexbildnern und wird auch zur Therapie anderer Schwermetallbelastungen angewendet.

Bereits vorhandene Organschäden sind meist nicht vollständig wieder umkehrbar.

Labordiagnose bei Verdacht auf eine Bleivergiftung

Bei Verdacht auf chronische Bleibelastung erfolgt in der Regel ein Blutbild und die Bestimmung von δ-Aminolävulinsäure und Porphobilinogen im 24-Stunden-Sammelurin. Im EDTA-Blut werden die Erythrozytenporphyrine bestimmt. Normal beträgt der Bleigehalt im Blut 1,5 µmol/l.

Bei Personen, die Blei beruflich ausgesetzt sind, gilt ein Bleigehalt von bis zu 3,4 µmol/l als normal. Bleigehalte im Blut, die einen Wert von mehr als 3,4 µmol/l aufweisen, deuten auf eine Bleivergiftung hin.

Im Harn beträgt δ-Aminolävulinat 45 µmol/24h. Bei Personen, die beruflich mit Blei zu tun haben gilt ein Gehalt von bis zu 75 µmol/24h als normal. Gehalte im Harn, die einen Wert von mehr als 75 µmol/24h aufweisen, deuten auf eine Bleivergiftung hin.

Das Umweltbundesamt rät bei Bleirohren zu verschiedenen Maßnahmen

Die Empfehlungen des Umweltbundesamtes reichen bis hin zum Austausch der gesamten Installation. Wasser aus Bleirohren, das möglicherweise belastet ist, sollte nach Empfehlung des Umweltamtes nicht als Trinkwasser oder für die Zubereitung von Speisen verwendet werden.

Insbesondere für die Gruppe der Schwangeren, Säuglinge und Kleinkinder bis 6 Jahre empfiehlt das Umweltbundesamt stattdessen abgepacktes Wasser mit dem Aufdruck „Geeignet für die Zubereitung von Säuglingsnahrung“.

Nach längerer Standzeit sollte man aus Bleirohren das erste Leitungswasser (Stagnationswasser) nicht für die Ernährung verwenden. Dieses Wasser sollte man ablaufen lassen, bis es kühl aus der Leitung läuft. Im Stagnationswasser von Bleirohren ist der Bleigrenzwert häufig um ein Vielfaches überschritten.

Bis zum Entfernen der Leitungen kann das bleihaltige Leitungswasser noch zur Körperpflege genutzt werden.

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Meist ist der Vermieter und nicht der Versorger zum Austausch verpflichtet

Wer ist für bleifreie Leitungen zuständig? Für bleifreie Leitungen sind die Wasserwerke und der Hauseigentümer zuständig. Je nach dem, wem die Leitungsrohre gehören, die für den erhöhten Bleigehalt im Trinkwasser verantwortlich sind, den trifft die Pflicht diese auszutauschen.

Weil die Wasserversorger weitestgehend alle Bleirohre und bleihaltigen Verbindungen bis zu den Hausanschlüssen im Gebäude lange ausgetauscht haben, ist in den meisten Fällen der Vermieter bzw. der Hauseigentümer in der Pflicht. Er ist für alle Wasserrohre verantwortlich, die nach dem Hauswasseranschluss im Gebäude verlaufen. Neben den Versorgern muss auch der Vermieter die Einhaltung der Qualität des Trinkwassers nach der Trinkwasserverordnung sichern.

Vermietern droht ein Bußgeld, wenn sie die Bleirohre nicht austauschen lassen.

Die Sanierung der Bleirohre ist nur durch Fachbetriebe erlaubt

Wird der Grenzwert für Blei im Trinkwasser überschritten, müssen die Bleileitungen entfernt werden. Die Sanierung von Bleirohren darf nicht jede Sanitärfirma übernehmen und die Rohre dürfen auch nicht vom Hauseigentümer oder Nutzer selbst ausgetauscht werden. Sie müssen rückstandsfrei und vollständig entfernt werden. Das sieht die „Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser“ (AVBWasserV) vor. Aber nur bestimmte Fachbetriebe der Sanitär und Heizungstechnik haben dafür eine Zulassung. Seit 2014 dürfen defekte Bleirohre auch nicht mehr repariert werden.

Die Sanierungskosten für Bleirohre dürfen nicht auf den Mieter umgelegt werden

Kosten für den Austausch von Bleirohren kann der Vermieter nicht auf den Mieter umlegen, wenn sie wegen einer Grenzwertüberschreitung zu tauschen sind. In dem Fall handelt es sich um eine Mängelbeseitigung und für die Sanierungskosten muss allein der Vermieter aufkommen.

Beratungsstellen und Umweltmediziner helfen weiter

Wer ist der Ansprechpartner bei Wasserrohren aus Blei? Wenn in Ihrem Haus oder Ihrer Wohnung noch Bleirohre vermutet werden, können Sie sich neben dem Gesundheitsamt auch an Verbraucherzentralen und Mietervereine oder an den Verband der Haus- und Grundbesitzer wenden. Weitere Ansprechpartner sind Fachbetriebe der Heizungs- und Sanitärtechnik.

Besteht der Verdacht auf eine Bleivergiftung, können umweltmedizinische Ambulanzen und Umweltmediziner entsprechende Diagnosen stellen und neben Entgiftungstherapien auch Beratungen vornehmen.

Autor: Katja Schulte Redaktion
Datum: 02/2020 | aktualisiert 29.12.2022

Quellen und weiterführende Informationen:

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